Als Vox Christi (lat. ‚Stimme Christi‘) werden in einer Kirchenkantate, einem Oratorium oder einer Passion Solopassagen bezeichnet, in denen Jesus Christus in der Ich-Form zu Wort kommt. Gemäß bereits mittelalterlicher Tradition werden diese Passagen einem Bass anvertraut. Bei der Wiedergabe in der Messe war dies ursprünglich die Aufgabe des Priesters. Älteste Form ist der rezitativische Vortrag des Bibeltextes im Wortlaut, wobei der Part des Evangelisten (Erzählers) vom Tenor übernommen wird. In der Musikpraxis des Barock, vor allem im Werk Johann Sebastian Bachs, finden sich darüber hinaus Ariosi und Arien, denen als Text ein Christuswort zu Grunde liegt, sowie freie madrigalische Dichtungen, die Christus in den Mund gelegt werden, oft im Rahmen von Dialogen mit der Seele, deren Part vom Sopran gesungen wird.

Vox Christi in Bachkantaten

Die Vox Christi kommt in einer Reihe von Bachkantaten vor:

1714
  • In Nun komm, der Heiden Heiland, BWV 61 (2. Dezember 1714) singt der Bass die Worte Christi aus Offb 3,20 : „Siehe, ich stehe vor der Tür und klopfe an. So jemand meine Stimme hören wird und die Tür auftun, zu dem werde ich eingehen und das Abendmahl mit ihm halten und er mit mir.“
1715
  • In Barmherziges Herze der ewigen Liebe (BWV 185, 14. Juli 1715) fasst der Bass Ermahnungen aus der Bergpredigt zusammen, jedes Mal eingeleitet durch „Das ist der Christen Kunst“.
1723
  • In O Ewigkeit, du Donnerwort, BWV 60 (7. November 1723) wird in Satz 4 das Rezitativ der Furcht vom Bass als der Vox Christi beantwortet mit „Selig sind die Toten“.
1724
  • In Mein liebster Jesus ist verloren (9. Januar 1724) singt der Bass in einem Arioso die Antwort des zwölfjährigen Jesus auf die Frage seiner verzweifelten Eltern: „Wisset ihr nicht, daß ich sein muß in dem, das meines Vaters ist?“, (Lk 2,49 ).
  • Die Kantate Wo gehest du hin? (BWV 166, 7. Mai 1724) wird eröffnet vom Bass mit einem Zitat aus der dritten Abschiedsrede, die auch als eine Frage nach der grundsätzlichen Richtung des Lebensweges zu verstehen ist.
1725
1726
  • In Siehe, ich will viel Fischer aussenden (BWV 88, 23. Juni 1726) ist Satz 4, ein Vers aus dem Evangelium, das Zentrum der Komposition. Der Tenor kündigt als Evangelist an: „Jesus sprach zu Simon“. Die wörtliche Rede Jesu, der Petrus als Jünger beruft, wird vom Bass gesungen: „Fürchte dich nicht; denn von nun an wirst du Menschen fangen“.
1731
1732?

In der Choralkantate Es ist das Heil uns kommen her, BWV 9 können drei Bass-Rezitative, Umdichtungen von vielen Strophen des gleichnamigen Chorals, als lutherische Predigt über Themen aus der Bergpredigt aufgefasst werden.

Sänger

Einige Bässe und Baritone sind besonders für ihre Gestaltung der Jesus-Worte in den Passionen bekannt, darunter:

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. John Eliot Gardiner: Cantatas for the Twenty-second Sunday after Trinity All Saints, Tooting. solideogloria.co.uk, 2010, S. 5ff, archiviert vom Original am 5. Oktober 2011; abgerufen am 5. November 2010 (englisch).
  2. 1 2 Alfred Dürr: Die Kantaten von Johann Sebastian Bach. Bärenreiter 1999, ISBN 3-7618-1476-3.
  3. Es ist das Heil uns kommen her / Text and Translation of Chorale. bach-cantatas.com, 2005, abgerufen am 25. Juli 2011.
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