24 Wandbilder in Hamburger Staatsbauten war ein Programm der Kommission zur Unterstützung bildender Künstler von 1925 bis 1928 und nachfolgend der Senatskommission für Kunstpflege von 1928 bis 1933 in Hamburg. Es ist unter der Federführung des Oberbaudirektors Fritz Schumacher im Rahmen der gezielten Förderung von Künstlern, insbesondere aus der Hamburgischen Sezession, entstanden und sah vor, öffentliche Bauwerke mit zeitgenössischer Kunst ausstatten zu lassen. Insbesondere für die damals neu entstandenen Massenwohnquartiere formulierte Schumacher das Ziel, „eine Betätigung zu erwecken, die das Kunstwerk in fester Weise mit dem tätigen Leben verbindet.“ Dabei sollte die Tradition der Wand- und Freskenmalerei wiederbelebt werden und zugleich in Verbindung mit der sachlichen Architektur der 1920er Jahre „die Freiheit wagen, die das Einfügen eines Wandbildes in die Ökonomie dieser koloristischen Systeme bedeutet.“

Die Kommissionen

Die Kommission zur Unterstützung bildender Künstler von 1925 bestand aus dem Bürgermeister Carl Wilhelm Petersen, den Senatoren Emil Krause und Paul de Chapeaurouge, dem Präsidenten der Bürgerschaft Rudolf Roß, dem Direktor der Kunsthalle Gustav Pauli und dem Direktor des Museums für Kunst und Gewerbe Max Sauerlandt sowie Fritz Schumacher für die Baubehörde. 1928 wurde sie aufgelöst und ihre Aufgaben, so auch das Programm der Wandbilder, auf die dem Senat unterstellte Kommission für Kunstpflege übertragen. Personell blieb sie nahezu gleich besetzt, den Museumsdirektoren kam jedoch nur noch die Funktion von sachverständigen Beratern zu und das Gremium wurde um den Senator Walter Matthaei sowie die Staatsräte Leo Lippmann als Vertreter der Finanzbehörde und Alexander Zinn als Geschäftsführer ergänzt.

Die Wandbilder

Zwischen 1925 und 1931 beauftragte die Kommission insgesamt 16 Künstler mit der Schaffung von 24 Wandbildern in öffentlichen Bauten, vor allem neu errichteten Schulgebäude. Es handelte sich dabei fast gänzlich um Bauwerke von Fritz Schumacher. Das Programm sah vor, Maler mit der Aufgabe zu betreuen, die wenig oder keine Erfahrung in der Wandmalerei hatten, und dabei zunächst die unterstützungswürdigen Künstler zu suchen und anschließend erst die Aufgabe, die man ihnen übertragen wollte. Die ausgewählten Neubauten für dieses Projekt sollten in der Regel im Rohbau so weit fertiggestellt sein, dass Maler in ihnen arbeiten, die Nebenarbeiten wie Putzfläche und Farbgestaltung aber noch selbst bestimmen konnten. Auch die geeigneten Wandflächen suchten sich die Künstler selber aus. In einer 1932 über das Projekt veröffentlichten Schrift berichtet Schumacher über die Erfahrung, dass nicht ein einziges Mal eine Relation zwischen der Höhe der zur Verfügung stehenden Mittel und der Größe der unternommenen Aufgabe gesucht wurde. Die Maler wollten auch bei geringem Budget große Wände gestalten.

Viele der Wandgemälde stießen bereits nach Fertigstellung bei den Nutzern der Räume auf Unverständnis und Kritik. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurden im Jahr 1933 die ersten Wandbilder als „jüdisch-bolschewistische“ Anmaßung oder als „entartet“ angeprangert. In den folgenden Jahren zerstörte oder übermalte man die meisten Bilder, fünf von ihnen konnten wieder freigelegt und restauriert werden.

Kurt Löwengard: Arbeiter im Hamburger Hafen
Triptychon in der Handelsschule Schlankreye, 1929

Liste der Wandbilder

Künstler, Titel Gebäude, Adresse Datum Anmerkung
Eduard Bargheer (1901–1979)
Wasserturm Finkenwerder 1928 zwölf Wandbilder, durch Abriss des Turmes vor dem Zweiten Weltkrieg zerstört
Eduard Bargheer (1901–1979)
Gorch-Fock-Halle, Finkenwerder 1929/1930 zwei Wandbilder; während des NS übermalt, um 1980 restauriert
Wilhelm Danneboom
(1894–1963)
Aula des Mädchenheims der Alsterdorfer Anstalten, Feuerbergstraße 43, Alsterdorf 1921–1931 vier Bilder mit religiösen Motiven im Versammlungsraum; Danneboom hatte bereits 1921 mit den Arbeiten begonnen und konnte sie durch die Unterstützung der Kommission fertigstellen; 1938 übermalt mit dem Gemälde Ernte von Fritz Bley
Willem Grimm (1904–1986)
Volksschule Amalie-Dietrichs-Weg,
heute Schule Lämmersieth, Barmbek-Nord
1930 Wandbild über der Tür der Turnhalle, Motiv: Turngerätschaften; in der Zeit des Nationalsozialismus zerstört
Willem Grimm (1904–1986)
Schule beim Pachthof, Horn 1931 Wandbild mit Strandmotiv in der Gymnastikhalle; bei der Schulrenovierung zwischen 1950 und 1957 übermalt

Erich Hartmann (1886–1974)
Volksschule Fuhlsbüttel,
heute Grundschule Ratsmühlendamm, Fuhlsbüttel
1926 Wandbild mit dem Motiv einer Figurengruppe in der Turnhalle; dieses war der erste Auftrag des Programs; 1933 zerstört
Erich Hartmann (1886–1974)
Studentenhaus Neue Rabenstraße 13,
heute Musikwissenschaftliches Institut der Universität Hamburg, Rotherbaum
1928 drei Wandbilder im Saal des Hauses: Lehre, Sport, Studium; 1933 übermalt
Erich Hartmann (1886–1974)
Schule beim Pachthof, Horn 1931 Darstellung von Ballspielern in der Turnhalle, bei der Hallenrenovierung 1965 übermalt

Eduard Hopf (1901–1973)
Akte in der Natur
Berufsschule Uferstraße
heute Berufliche Schule Uferstraße, Uferstraße 9 in Barmbek-Süd
1929 Wandbild im Jugendheim der Schule; in der Zeit des Nationalsozialismus zerstört
Eduard Hopf (1901–1973)
Akte im Freien
Volksschule Veddel,
heute Schule auf der Veddel, Veddel
1931/1932 Wandbild im Flur; in der Zeit des Nationalsozialismus zerstört
Jean Paul Kayser (1869–1942)
Elbe bei Cuxhaven
Volksschule Veddel,
heute Schule auf der Veddel, Veddel
um 1930 Wandbild im Treppenhaus der Schule
Karl Kluth (1898–1972)
Jugendliche beim Sport
Schule Alstertal,
heute Gymnasium Alstertal in Fuhlsbüttel
1930 vierteiliges Bild im Treppenhaus. 2017 restauriert
Karl Kluth (1898–1972)
Lebensfreude
Volksschule Graudenzer Weg,
heute Gesamtschule Alter Teichweg in Dulsberg
1931 an der Stirnseite des Flurs der Schule, in der Zeit des Nationalsozialismus zerstört
Fritz Kronenberg (1901–1960)
Flußmündung mit Boot
Volksschule Osterbeckstraße,
heute Arbeitsgericht, Barmbek-Süd
1931 Wandbild in der Aula, während der Zeit des Nationalsozialismus zerstört
Kurt Löwengard (1895–1940)
Arbeiter im Hamburger Hafen
Handelsschule Schlankreye, Jugendheim, Eimsbüttel 1930 Triptychon auf Leinwand, ursprünglich im „Jugendheim“ der Schule, später in der Eingangshalle, zeitweilig eingelagert, 1985 wiederentdeckt und restauriert, heute im Flur vor dem Büro der Schulleitung
Rolf Nesch (1893–1975)
Schichtwechsel
Volksschule Wendenstraße,
heute Handelsschule Wendenstraße, Hammerbrook
1929 Triptychon in der Aula der Schule
Anita Rée (1885–1933)
Die klugen und die törichten Jungfrauen
Berufsschule für weibliche Angestellte,
heute Berufliche Schule Uferstraße, Uferstraße 10 in Barmbek-Süd
1929 Wandbild in einem Aufenthaltsraum der Schule; 1933 verhängt, 1942 im Krieg mit dem Haus zerstört
Anita Rée (1885–1933)
Orpheus mit den Tieren
Oberrealschule für Mädchen,

heute Ballettschule des Hamburg Balletts, Caspar-Voght-Straße 54 in Hamm

1930 Wandbild im Gymnastiksaal; 1937 übermalt, 1954 freigelegt, 1987–1989 restauriert; das Bild steht seit 1954 unter Denkmalschutz
Heinrich Stegemann (1888–1945)
Frauen- und Männerakte
Volksschule an der Bogenstraße,
heute Ida-Ehre-Schule in Eimsbüttel
1931 Fresko, in der Zeit des Nationalsozialismus zunächst verhängt, dann übermalt, um 1960 freigelegt und restauriert
Walter Tanck (1894–1954)
Altes Rathaus (Waisenhaus), Admiralitätstraße 56, Neustadt 1929–1931 fünf Wandbilder mit Hamburg Motiven im Sitzungssaal, im Krieg mit dem Haus zerstört
Otto Thämer (1892–1975)
ohne Titel (Mann und Pferd)
Schule Langenhorn-Nord,
heute Fritz-Schumacher-Schule in Langenhorn
1931 Wandbild im Gymnastiksaal der Schule
Otto Thämer (1892–1975)
ohne Titel (Personengruppen)
Volksschule Schaudinnsweg, heute Stadtteilschule Barmbek, in Barmbek-Nord 1931 zweiteiliges Wandbild
Otto Thämer (1892–1975)
ohne Titel (Sportler)
Volksschule Veddel,
heute Schule auf der Veddel, Veddel
1931 Wandbild im Gymnastiksaal
Otto Thämer (1892–1975)
Platon
Christianeum 1936 Wandbild in der Aula des zweiten Anstaltsgebäudes; zerstört durch Gebäudeabriss 1971
Gretchen Wohlwill (1878–1962)
Emilie Wüstenfeld Schule,
heute Emilie-Wüstenfeld-Gymnasium, Eimsbüttel
1931 zwei Wandbilder im Treppenhaus, 1938 übermalt, 1993 wieder freigelegt und restauriert

Literatur

  • Ivan Baresic-Nikic: Kunst im öffentlichen Raum – Politik in der Hansestadt Hamburg: Entstehung und Entwicklung des „Kunst im öffentlichen Raum“-Programms im Spannungsfeld von künstlerischer Freiheit und politischer Inanspruchnahme, Conference Point-Verlag, Hamburg 2008, ISBN 3-936406-21-9
  • Maike Bruhns: Kunst in der Krise. Band 1: Hamburger Kunst im „Dritten Reich“, Dölling und Galitz Verlag, München 2001, ISBN 3-933374-94-4
  • Fritz Schumacher: Hamburger staatliche Kunstpflege: 24 Wandbilder in Hamburger Staatsbauten, Broschek Verlag, Hamburg 1932
Commons: Wandbilder in Hamburger Staatsbauten – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Fritz Schumacher: Hamburger staatliche Kunstpflege: 24 Wandbilder in Hamburger Staatsbauten, Broschek Verlag, Hamburg 1932, S. 4
  2. Fritz Schumacher: Hamburger staatliche Kunstpflege: 24 Wandbilder in Hamburger Staatsbauten, Broschek Verlag, Hamburg 1932, S. 5
  3. Friederike Schuler: Im Dienste der Gemeinschaft – Figurative Wandmalerei in der Weimarer Republik. Baden-Baden: Tectum 2017, ISBN 978-3-8288-6657-7, Katalog Nr. 70, S. 520
  4. Adolf Diersen, ehem. Schulleiter: Aus der Horner Schulgeschichte 1659 - 1958. Hamburg: September 1958, S. 52/53
  5. Stefanie Kristina Werner: Erich Hartmann (1886-1974). Leben und Werk eines Hamburger Malers, Dissertation 2011, S. 93-99, S. 130 (PDF; 1,7 MB)
  6. Stefanie Kristina Werner: Erich Hartmann (1886-1974). Leben und Werk eines Hamburger Malers, Dissertation 2011, S. 113-115, S. 130 (PDF; 1,7 MB)
  7. Gerd Rasquin: Festschrift 100 Jahre Hamburg Horner Turnverein von 1905 e.V. Hamburg: Eigenverlag Horner TV 2005, Chronik, Seite 1965/66
  8. www.mural.ch: Wandbilder
  9. Preis für Denkmalpflege 2018 der Patriotischen Gesellschaft, Hamburg 2018, S. 24f
  10. Fotos der Schule Alstertal von Carl Dransfeld, 1930
  11. Jörg Schilling: Handelsschule Schlankreye (hamburger bauheft 35), Hamburg 2021, ISBN 978-3-944405-54-4, S. 44.
  12. www.mural.ch Wandbilder
  13. Fotoarchiv des Christianeums Nr. 103/2 und 103/4
  14. Gedenkstätten in Hamburg: Gedenkplatte für die jüdischen Lehrerinnen Martha Behrend und Gretchen Wohlwill
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. Additional terms may apply for the media files.