Wappen der Slowakei | |
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Details | |
Wappenschild | Patriarchenkreuz, Dreiberg |
Das Wappen der Slowakei zeigt in Rot ein silbernes Patriarchenkreuz, aus einem blauen Dreiberg ragend (Blasonierung). Das von Ladislav Cisarik entworfene Staatswappen wurde am 1. März 1990 zunächst als Wappen der slowakischen Teilrepublik der Tschechoslowakei eingeführt, später per Gesetz vom 18. Februar 1993 als Wappen der unabhängigen Slowakei bestätigt.
Bestandteile
Doppelkreuz
Das Doppelkreuz im slowakischen Staatswappen hat seinen Ursprung im byzantinischen (oströmischen) Reich. Dort tauchte dieses Symbol im 9. Jahrhundert vielfach auf. Während die Symbolik des einfachen christlichen Kreuzes recht eindeutig ist, gibt es für die Bedeutung des Doppelkreuzes sehr viele Erklärungen. Eine davon besagt, dass der eine horizontale Arm für die weltliche Macht und der zweite für die kirchliche Macht der byzantinischen Kaiser steht.
Laut einer anderen Erklärung besteht das Doppelkreuz eigentlich aus zwei Kreuzen. Das erste Kreuz symbolisiert den Tod und das zweite die Auferstehung Christi. Im byzantinischen Reich handelte es sich aber damals nicht nur um ein religiöses, sondern auch um ein politisches Symbol, das von byzantinischen Beamten und Missionaren verwendet wurde.
Spätestens durch die Mission von Kyrill und Method gelangte dieses Symbol noch im 9. Jahrhundert auf das Gebiet der heutigen Slowakei. Obwohl es in Großmähren häufig verwendet wurde, war es noch kein Staatssymbol, da es damals in Europa noch keine Staatssymbole im heutigen Sinne gab. Es ist aber möglich, dass es als Symbol des Königs (ähnlich wie der Adler bei den fränkischen Königen) eingesetzt wurde. Durch Zuentibolch (Herrscher von Lothringen, Sohn des deutschen Königs Arnulf von Kärnten und Patenkind des großmährischen Herrschers Sventopluk) gelangte dieses Symbol auch nach Lothringen und trägt dort den Namen Lothringer Kreuz.
Das Symbol des Doppelkreuzes erscheint wieder ansatzweise auf den ersten Münzen, die Stephan, der erste König von Ungarn, an einem unbekannten Ort prägen ließ. Bevor er König wurde, war Stephan Fürst des Neutraer Fürstentums in der heutigen Slowakei und lebte mit seiner bayerischen Frau Gisela im alten christlichen Zentrum Neutra. Am Anfang seiner Regierungszeit lebten sie wiederum in Posonium Posony (Pressburg), wo auch Münzen Stephans nachweislich geprägt wurden.
Der direkte Vorgänger des heutigen Wappens ist dann das Doppelkreuz, das von Béla, dem Fürsten des Neutraer Grenzherzogtums (1046–1060), der später ungarischer König (1061–1063) wurde, verwendet wurde. Béla I. war Mitglied des ungarischen Herrscherhauses der Árpáden und wurde nach dem Prager Bischof Adalbert benannt, der seinerzeit König Stephan taufte, den Cousin des Vaters von Béla. Béla führte in seinem Grenzherzogtum eine eigene Innen- und Außenpolitik. Der byzantinische Kaiser, im Streit mit dem ungarischen König, schickte Béla sogar eine fürstliche Krone nach Neutra. Béla ließ auch um 1050 in Neutra, der Hauptstadt seines Grenzherzogtums, eigene Münzen prägen, die von jenen des ungarischen Königs absichtlich abwichen und das Symbol des Doppelkreuzes trugen.
Erst hundert Jahre später, um 1189, wurde das Doppelkreuz im Zuge eines Kreuzzuges vom ungarischen König Béla III. verwendet. Diesmal bereits als Wappen, da ab dieser Zeit Wappen in Gebrauch kamen. Er wählte das Symbol, weil es zum einen christlich und zum anderen das älteste Symbol seines Königreichs war. Die Nachfolger Bélas verwendeten jedoch nicht mehr das mit dem 1108 aufgelösten, im Norden gelegenen Neutraer Grenzherzogtum verbundene Doppelkreuz als ihr Wappen, sondern das mit dem neueren, Ende des 11. Jahrhunderts gebildeten Grenzherzogtum in Kroatien und Dalmatien verbundene Streifensymbol (siehe zum Beispiel das heutige ungarische Wappen).
König Béla IV. kehrte aus unbekannten Gründen wieder zum Symbol des Doppelkreuzes zurück. Zu seiner Zeit wurde es auch – etwas abgewandelt – zum Symbol des Komitats Pressburg/Posonium. Als 1262 das Königreich Ungarn vorübergehend in zwei Teile aufgeteilt wurde, wurde das Doppelkreuz als Symbol für den nordwestlichen Teil verwendet, dessen Kern sich in der heutigen Slowakei befand, und die Streifen für den anderen Teil des Königreichs.
Nach dem Mongoleneinfall von 1241/42 erhielten viele neu gegründete Städte im Königreich das Recht, das königliche Doppelkreuz als Wappen zu verwenden. Die größten und meisten Städte des Königreichs befanden sich in dem von deutschen Siedlern und Bergbau geprägten und daher wirtschaftlich wohlhabendsten Teil des Königreichs – in der heutigen Slowakei. Wahrscheinlich auch durch diese Verwendung in den Stadtwappen wurde das Doppelkreuz ab dem 15. Jahrhundert zum Symbol des nördlichsten Teils des Königreichs, jenes Teils, dessen Bezeichnung seit dem 15. Jahrhundert auch als Slowakei belegt ist und der im 18. und 19. Jahrhundert auch als Oberungarn bezeichnet wurde.
Dreiberg
Der Dreiberg symbolisiert die drei Berge des nördlichen Königreichs Ungarn, nämlich Tatra, Fatra und Mátra. Diese Deutung ist nachweislich die älteste und häufigste. Sie stammt wohl aus dem 15. Jahrhundert, kann aber erst für das 16. Jahrhundert nachgewiesen werden.
Die drei Berge unterhalb des Doppelkreuzes wurden zum ersten Mal vom König Ladislaus V. von Ungarn (1301–1305) aus dem Geschlecht der Přemysliden verwendet. Sie symbolisieren die drei Berge der Slowakei.
Geschichte
Slowakische Nationalbewegung seit 1848
Spätestens seit dem 16. Jahrhundert betrachteten die Slowaken das Doppelkreuz mit dem Dreiberg auch als Symbol ihrer Nation.
Zum offiziellen Nationalsymbol der Slowaken wurde das Doppelkreuz mit dem Dreiberg während der ungarischen Revolution von 1848/49, als slowakische Freiwilligenverbände auf seiten der österreichischen Monarchie gegen Ungarn kämpften. Slowakische Nationalisten gründeten in Wien den ersten Slowakischen Nationalrat, der das Doppelkreuz mit dem Dreiberg für sein Siegel nutzte. Dabei wurden auch die slowakischen Nationalfarben im panslawischen Sinne als weiß-blau-rot definiert, und das „ungarische“ Grün des Dreibergs durch das „slawische“ Blau ersetzt. Im Jahr 1861 legte die slowakische Nationalbewegung dem österreichischen Kaiser Franz Joseph I. in Wien ihre Forderungen nach Selbstverwaltung im Rahmen des ungarischen Königreiches vor. Dem Antrag zur Bildung eines neuen Herzogtums, des „Oberungarischen slowakischen Umlands“ (Hornouhorské slovenské Okolie), wurde auch ein Vorschlag für ein Wappen des geplanten Gebildes beigelegt. Das weiße Doppelkreuz mit blauem Dreiberg wurde dabei um einen kaiserlichen Adler ergänzt.
Ab 1863 erhob die führenden Kulturorganisation der Slowaken, die Matica slovenská, das Doppelkreuz mit Dreiberg zu ihrem Symbol. Im Zuge des österreichisch-ungarischen Ausgleich von 1867, dem eine massive Magyarisierungspolitik der ungarischen Regierung folgte, wurde die slowakische Symbolik jedoch im Königreich Ungarn verboten.
Tschechoslowakische Republik (1918–1938)
1918 (offiziell 1920) wurde das slowakische Staatswappen Bestandteil des Staatswappens der Tschechoslowakei.
Autonomes Land Slowakei und Slowakischer Staat (1938–1945)
Unmittelbar nach der Verkündung der slowakischen Autonomie am 19. November 1938 wurde das im tschechoslowakischen Staatswappen dargestellte Wappen der Slowakei auch separat verwendet, was im Widerspruch zu den 1920 beschlossenen Gesetzen stand. Am 5. Dezember 1938 erhob schließlich das slowakische Innenministerium den im kleinen tschecho-slowakischen Staatswappen abgebildeten slowakischen Schild zum Landeswappen der autonomen Slowakei.
Nach der Ausrufung des unabhängigen Slowakischen Staates 1939 wurde innerhalb des Ludaken-Regimes intensiv über ein neues Staatswappen diskutiert. Die eingebrachten Vorschläge orientierten sich stilistisch überwiegend an der Form von 1920, teilweise gab es jedoch auch Bestrebungen, das traditionelle slowakische Doppelkreuz „in Gleichklang“ mit dem neuen Parteisymbol der Ludaken bzw. dem Symbol der paramilitärischen Hlinka-Garde zu bringen: einem roten gleichschenkligen Doppelkreuz mit gleich langen Querbalken. Schließlich setzte sich eine am bisherigen Wappen orientierte Form durch, die jedoch in jeder Hinsicht gegen die heraldische Tradition verändert wurde: Das nun silberne Doppelkreuz erhielt an seinen Endungen Ausbuchtungen, die sich stilistisch am Abzeichen der faschistischen Rodobrana (einer elitären Teilorganisation der Hlinka-Garde) orientierten. Die ursprünglich runden blauen Hügel wurden abgespitzt, und der Wappenschild in ungewöhnlicher Weise verlängert. Die Blasonierung des angenommenen Staatswappens lautete: „In rotem Schild ein silbernes konvexes Doppelkreuz, das aus einem blauen gebogenen Dreiberg aufsteigt. Das Schild eines Docks gebogen und ausgestreckt.“
Während des Slowakischen Nationalaufstands von 1944 erklärte die Aufstandsregierung auf dem befreiten Gebiet die erneuerte Tschechoslowakische Republik, zu deren Symbolik sich die Aufständischen bekannten. Neben den tschechoslowakischen Staatssymbolen wurde im Aufstandsgebiet jedoch auch weiterhin separat das slowakische Wappen bzw. die slowakische Flagge benutzt.
Verbot und neue Symbolik in der ČSSR (1960–1990)
Nach der Machtübernahme der Kommunistischen Partei der Tschechoslowakei im Februar 1948 wurde die slowakische Symbolik zunehmend unerwünscht. Mit der Verfassungsänderung von 1960, mit welcher sich die Tschechoslowakei in Tschechoslowakische Sozialistischen Republik (ČSSR) umbenannte, wurde das slowakische Doppelkreuz auf blauem Dreiberg als „Symbol des faschistischen Slowakischen Staates“ verboten.
Slowakische Republik seit 1990
Beim Wappen der Slowakischen Republik nahm das slowakische Parlament am 1. März 1990 eine Form an, die sich an den ältesten heraldischen Darstellungen des Doppelkreuzes aus dem 14. Jahrhundert orientierte. Am 20. April 1990 folgte durch das tschechoslowakische Parlament in Prag die Verabschiedung des neuen Staatswappens der Tschechoslowakei, welches viergeteilt war: im ersten und vierten Feld wurde der böhmische (tschechische) Löwe abgebildet, im zweiten und dritten Feld das einem Dreiberg stehende slowakische Doppelkreuz. Nach der Teilung der tschechoslowakischen Föderation wurde das slowakische Wappen am 1. Januar 1993 zum Staatswappen der unabhängigen Slowakischen Republik. Das Staatswappen wurde außerdem auch in die Staatsflagge der unabhängigen Slowakei integriert. Das Wappen ist außerdem als Bildmotiv auf den slowakischen 1- und 2-Euro-Münzen zu sehen.
Bestandteil anderer Symbole
Zum Patriarchenkreuz siehe oben.
Das Doppelkreuz aus dem heutigen slowakischen Staatswappen wurde im 13. Jahrhundert vom König Béla III. nachträglich zum Symbol des Heiligen Ladislaus (König Ladislaus I.) gemacht, und im 14. Jahrhundert wurde es Bestandteil des Wappens des Geschlechts der Jagiellonen, da der König Władysław II. Jagiełło bei seiner Taufe 1386 das (angebliche) Wappen des Heiligen Ladislaus annahm. Über die Jagiellonen gelangte es auch in das Wappen Litauens.
Literatur
- Ladislav Vrtel: Osem storočí slovenskej heraldiky / Eight Centuries of Slovak Heraldry. Vydavateľstvo Matice Slovenskej, Martin 2017, ISBN 978-80-8115-247-4 (slowakisch und englisch).
- Ladislav Vrtel: Štátné symboly v rokoch 1938–1945. Česko-Slovensko, Slovensko, Protektorát Čechy a Morava, Podkarpatská Rus (= Die Staatssymbole der Jahre 1938–1945. Tschecho-Slowakei, Slowakei, Protektorat Böhmen und Mähren, Karpatenruthenien). VEDA, Bratislava 2020, ISBN 978-80-224-1835-5 (slowakisch).
Einzelnachweise
- ↑ Karl-Heinz Hesmer: Flaggen und Wappen der Welt. Chronik Verlag, Gütersloh u. a. 2008, ISBN 978-3-577-14537-4, S. 236.
- ↑ Ladislav Vrtel: Osem storočí slovenskej heraldiky / Eight Centuries of Slovak Heraldry. Martin 2017, S. 212 f., 219.
- ↑ Ladislav Vrtel: Osem storočí slovenskej heraldiky / Eight Centuries of Slovak Heraldry. Martin 2017, S. 219.
- ↑ Ladislav Vrtel: Osem storočí slovenskej heraldiky / Eight Centuries of Slovak Heraldry. Martin 2017, S. 230.
- ↑ Ladislav Vrtel: Štátné symboly v rokoch 1938–1945. Česko-Slovensko, Slovensko, Protektorát Čechy a Morava, Podkarpatská Rus (= Die Staatssymbole der Jahre 1938–1945. Tschecho-Slowakei, Slowakei, Protektorat Böhmen und Mähren, Karpatenruthenien). Bratislava 2020, S. 59 f. (slowakisch); Ladislav Vrtel: Osem storočí slovenskej heraldiky / Eight Centuries of Slovak Heraldry. Martin 2017, S. 231.
- ↑ Vgl. Gesetzestext bei Ladislav Vrtel: Štátné symboly v rokoch 1938–1945. Česko-Slovensko, Slovensko, Protektorát Čechy a Morava, Podkarpatská Rus (= Die Staatssymbole der Jahre 1938–1945. Tschecho-Slowakei, Slowakei, Protektorat Böhmen und Mähren, Karpatenruthenien). Bratislava 2020, S. 168 (slowakisch).
- ↑ Ladislav Vrtel: Osem storočí slovenskej heraldiky / Eight Centuries of Slovak Heraldry. Martin 2017, S. 231.
- ↑ Ladislav Vrtel: Osem storočí slovenskej heraldiky / Eight Centuries of Slovak Heraldry. Martin 2017, S. 232, 246 f.
- ↑ Ladislav Vrtel: Osem storočí slovenskej heraldiky / Eight Centuries of Slovak Heraldry. Martin 2017, S. 250 f.