Die Wilhelm-von-Oranien-Schule im mittelhessischen Dillenburg ist ein Gymnasium des Lahn-Dill-Kreises mit Sekundarstufe I und II, dessen Geschichte mit der Gründung als Lateinschule bis ins Jahr 1537 zurückreicht.

Geschichte der Schule

Das genaue Gründungsdatum der Wilhelm-von-Oranien-Schule ist nicht bekannt, jedoch sicher zwischen 1535 und 1538 anzusetzen – im Allgemeinen geht man von 1537 aus. Zu dieser Zeit wurde die Schule als Lateinschule geführt, in der lediglich Latein, Religion und Musik unterrichtet wurden. Das Geld für die Errichtung einer solchen „öffentlichen“ Schule stammte von Graf Wilhelm dem Reichen von Nassau. Die Schule erlebte im 16. Jahrhundert eine gewisse Blüte, musste sich aber im 17. Jahrhundert mühsam behaupten. Negative Auswirkungen hatten zu dieser Zeit, als die Schule zu einer „Stadtschule“ wurde, vor allem die verheerende Pest und der Dreißigjährige Krieg. Einen Aufschwung erfuhr sie im 18. Jahrhundert, als sie vom Fürsten Wilhelm V. zu einem Akademischen Pädagogium (drei Klassen) erhoben wurde. Mit der Zeit kamen immer mehr Fächer hinzu, jedoch dominierten nach wie vor die alten Sprachen.

Zur napoleonischen Zeit gab es finanzielle Engpässe, und die Schule wurde 1817 zu einer „niederen Gelehrtenschule“ herabgestuft. Die erste Schulbibliothek wurde 1821 eröffnet. Nachdem Nassau 1866 Teil der preußischen Provinz Hessen-Nassau geworden war, fand 1867 die Erweiterung der Schule zu einem Progymnasium und 1874 schließlich zu einem Gymnasium statt, so dass 1876 zum ersten Mal Schüler das Abitur an der Schule ablegen konnten.

Auch der Erste Weltkrieg und seine Folgen hatten Auswirkungen auf den Unterricht. 1922 wurden erstmals Mädchen in die Schule aufgenommen. Mit der Schulreform von 1937 wurde die Schule in eine „Staatliche Oberschule für Jungen“ umgewandelt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde sie im Dezember 1945 als „Staatliches Realgymnasium“ wiedereröffnet. Im November 1957 erfolgte schließlich aufgrund der herrschenden Raumnot der Umzug in das heutige Schulgebäude in der Jahnstraße. Die offizielle Bezeichnung war „Gymnasium und Altsprachliches Gymnasium“. 1958 erhielt das Gymnasium den Namen Wilhelm-von-Oranien-Schule, benannt nach Wilhelm I. von Oranien, der 1533 in Dillenburg geboren und später zum Befreier der Niederlande wurde.

Die Schule heute

Die Schule wird derzeit von ca. 1300 Schülern besucht und hat ca. 120 Lehrkräfte. Unter dem Schulmotto „Lernen in Vielfalt – Leben in Verantwortung“ positioniert sich die Schule in einem großen, eher ländlich geprägten Einzugsgebiet als fachlich breit aufgestelltes Gymnasium, das in neun Schuljahren (G9) zum Abitur führt. Seit 2014 hat die Wilhelm-von-Oranien-Schule den Status einer selbstständigen allgemeinbildenden Schule (SES). Schulleiter ist seit 2012 Oberstudiendirektor Martin Hinterlang.

Kooperationen

Die Wilhelm-von-Oranien-Schule kooperiert sowohl im Regelunterricht wie auch im Ganztagsangebot mit verschiedenen externen Partnern:

Internationaler Schüleraustausch

Förderverein

Schon in den 1930er Jahren gab es eine „Vereinigung ehem. Angehöriger des Gymnasiums zu Dillenburg“, neu gegründet wurde der Förderverein jedoch am 14. Mai 1991 vom damaligen Schulleiter Dieter Scholz zusammen mit Vertretern des Kollegiums, der Elternschaft und Ehemaligen unter dem Namen „Verein der Ehemaligen und Freunde der Wilhelm-von-Oranien-Schule e.V.“. 2015 benannte sich der Verein um in „Wilhelms Freunde – Förderverein der Wilhelm-von-Oranien-Schule e.V.“. Der Verein unterstützt die schulische Arbeit, ist Träger des Ganztagsangebots sowie Herausgeber des Jahrbuchs der Schule und organisiert die Kontaktpflege ehemaliger Schüler und Lehrer.

Persönlichkeiten

Bekannte ehemalige Lehrer

  • Jost Hoen (um 1500–1569), 1537–1538 Oberschulmeister
  • Johannes Bidencap (um 1512–1596), 1540–1551 Unterschulmeister, 1551–1576 Oberschulmeister
  • Anton Stöver (um 1513–1556), 1538–1551 Oberschulmeister
  • Wilhelm Hoen (1539–1602), 1562–1566 Unterschulmeister
  • Jodocus Naum (um 1551–1597); 1582–1584 Oberschulmeister
  • Johann Bernhard Gottsleben (um 1595–1635), 1619–1626 Oberschulmeister
  • Johannes Thomae (um 1604–1672), 1632–1633 Oberschulmeister
  • Konrad Post (1613–1669), 1633–1634 Oberschulmeister
  • Georg Wilhelm Lorsbach (1752–1816), Orientalist und Theologe; 1786–1791 Rektor
  • Johann Jakob Wisseler (1753–1821), Theologe; 1776–1779 Konrektor, 1779–1785 Rektor
  • Johann Jakob Roemer (1759–1825), Botaniker; 1791–1817 Rektor
  • Justus Heinrich Dresler (1775–1839), Mathematiker; 1827–1839 Rektor
  • Johann Philipp Sandberger (1782–1844), Theologe und Naturwissenschaftler; 1820–1827 Rektor
  • Johann Hermann Steubing (1750–1827), Theologe und Historiker; 1775–1780 Rektor
  • Joseph Muth (1788–1866), Historiker und Dichter; 1813–1817 Konrektor
  • Friedrich Jakob Schmitthenner (1796–1850), Staatsrechtler und Germanist; 1819–1827 Prorektor
  • Adolph Schenck (1803–1878), Entomologe; 1835–1841 Konrektor, 1841–1845 Prorektor
  • Johann Bellinger (1809–1882), Politiker; 1835–1839 Konrektor, 1858–1862 Rektor
  • Johann Heinrich Karl Rossel (1815–1872), Historiker und Politiker; 1846–1848 Konrektor, 1848–1850 Prorektor
  • August Christian Friedrich Spieß (1815–1893), Heimatforscher; 1841–1848 Konrektor, 1862–1886 Schulleiter
  • Heinrich Wilhelm Stoll (1819–1890), Altphilologe und Pädagoge; 1842–1846 Lehrer
  • Peter Presber (1824–1909), Zeichenlehrer und Heimatforscher, 1858–1900 Lehrer
  • Paul Moses Schott (1882–1936), ab 1914 Oberlehrer, als Studienrat 1933 auf Betreiben der Nationalsozialisten „entlassen“
  • Emil Becker (1884–1967), Heimatforscher; 1921–1937 Gymnasialdirektor
  • Walter Bauer (1907–1978); Kunsthistoriker, Archäologe und Heimatforscher, 1945–1968 Lehrer
  • Wolfgang Fricke (1932–2016), ab 1960 Lehrer, später bis 1994 Studiendirektor
  • Wolfgang Schult (* 1942), Musiker; 1971–1981 Lehrer
  • Peter Kuhlmann (* 1965), Altphilologe; 1993–1995 Referendar
  • Harry Kullmann (* 1973), Pädagoge; 2001–2003 Referendar
  • Heinrich Geiß (1906–1992) Pädagoge, Oberstudiendirektor (1954–1972)

Bekannte ehemalige Schüler

Einzelnachweise

  1. 1 2 3 4 5 6 7 8 E. Becker: Die Dillenburger Lateinschule in der nassauischen Zeit. Band 1. Weidenbach, Dillenburg 1939.
  2. E. Becker: Schloss und Stadt Dillenburg. 2. Auflage. Weidenbach, Dillenburg 1983, S. 62 f.
  3. Staatliches Gymnasium zu Dillenburg (Hrsg.): Festschrift zur 50jährigen Gedenkfeier seines Bestehens als Vollanstalt am 8. und 9. September 1924. Weidenbach, Dillenburg 1924.
  4. W. Bauer, H. Menzel: Festschrift des Gymnasiums Dillenburg zur Einweihung des Neubaus am 21. November 1957. Hrsg.: Schulleitung des Gymnasiums Dillenburg. Weidenbach, Dillenburg 1957.
  5. Horst Sauer: 50 Jahre WvO in der Jahnstraße. Kurze Baugeschichte der Schule. Hrsg.: Schulleitung der Wilhelm-von-Oranien-Schule. Eigenverlag, Dillenburg 2007.
  6. Schulleitung der Wilhelm-von-Oranien-Schule (Hrsg.): Festschrift anlässlich des 450jährigen Bestehens der Wilhelm-von-Oranien-Schule Dillenburg. Weidenbach, Dillenburg 1987, S. 103 ff.
  7. Anton van der Lem: Opstand! Der Aufstand in den Niederlanden. Egmonts und Oraniens Opposition, die Gründung der Republik und der Weg zum Westfälischen Frieden. Aus dem Niederländischen von Klaus Jöken. Wagenbach, Berlin 1996, ISBN 3-8031-2259-7.
  8. Schulleitung der Wilhelm-von-Oranien-Schule (Hrsg.): Festschrift anlässlich des 475-jährigen Bestehens der Wilhelm-von-Oranien-Schule. Weidenbach, Dillenburg 2012, S. 6.
  9. WvO ist selbstständig. Dill-Post vom 8. Februar 2014, S. 20.
  10. Selbstständige Allgemeinbildende Schule (SES) | Hessisches Kultusministerium. Abgerufen am 15. August 2019.
  11. Die richtige Wahl getroffen - Rückkehrer Martin Hinterlang folgt an der Gymnasiumsspitze auf Martin Henrich. Dill-Post vom 11. August 2012, S. 21.
  12. Die Schulförderer heißen nun „Wilhelms Freunde“. In: Dill-Zeitung. 24. März 2015, S. 20.
  13. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 Renkhoff, Otto: Nassauische Biographie. Kurzbiographien aus 13 Jahrhunderten. Hrsg.: Hist. Kommission für Nassau. Selbstverlag, Wiesbaden 1985, ISBN 3-922244-68-8.
  14. Paul Moses Schott wurde am 22. Juni 1882 als Sohn des Bankmanagers und Literaturkritikers Sigmund Schott in Frankfurt a. M. geboren. Dort absolvierte er 1900 die Abiturprüfung am Goethegymnasium und studierte in Bonn, München und Berlin klassische Philologie, Deutsch und Geschichte mit Abschluss der Staatsprüfung im Jahr 1906. 1908 promovierte er in Berlin mit seiner wissenschaftlichen Arbeit "Posidippi epigrammata collecta et illustrata". Schon 1907 leistete er das Seminarjahr am Gymnasium Wiesbaden und das Probejahr 1908 am Wöhlerrealgymnasium in Frankfurt a. M. ab. Im Jahr 1912 erschien seine Publikation "Wirtschaftliches im altsprachlichen Unterricht". Als wissenschaftlicher Hilfslehrer kam Paul Schott in kurzen Abständen in Kassel, Frankfurt, Limburg und Hanau zum Einsatz und wurde dann 1914 Oberlehrer am Dillenburger Gymnasium. Während des Ersten Weltkrieges war er im Sanitäts- und später im Heeresdienst eingesetzt (vgl. Jahres-Bericht über das Schuljahr 1914/15 des Königlichen Gymnasiums Dillenburg 1915, S. 10. Vgl. Festschrift des Staatlichen Gymnasiums zu Dillenburg zur 50-jährigen Gedenkfeier seines Bestehens als Vollanstalt am 8. und 9. September 1924, S. 47.) Im Jahr 1933 wurde Paul Moses Schott aufgrund seiner jüdischen Herkunft aus dem Schuldienst entlassen. Wie und wo genau er 1936 ums Leben kam bzw. der NS-Judenverfolgung zum Opfer fiel, konnte schulischerseits noch nicht in Erfahrung gebracht werden. Das Kapitel "Das Dillenburger Gymnasium in der Zeit des Nationalsozialismus" von Helmut Menzel in der 1987 erschienenen Festschrift anlässlich des 450jährigen Bestehens der Schule erwähnt die Entfernung des Studienrats Paul Moses Schott aus dem Schuldienst nicht. Aber eine Gedenktafel in der Dillenburger Altstadt erinnert an den Pädagogen.
  15. Fricke floh – ebenso wie fast seine gesamte Klasse – 1956 aus der DDR. Dietrich Garstka setzte dieser Geschichte mit Das schweigende Klassenzimmer ein literarisches Denkmal, das 2018 verfilmt wurde. Lehrer Fricke, der mit in den Westen floh. Film „Das schweigende Klassenzimmer“ berichtet aus dem Leben des späteren Dillenburgers. In: Dill-Zeitung vom 16. März 2018, S. 12.
  16. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 E. Becker: Die Dillenburger Lateinschule in der nassauischen Zeit. Band 2: Die Schülermatrikel. Weidenbach, Dillenburg 1939.
  17. Heinz Aubel - Seher zwischen Maler und Betrachter Eine Initiative von Albrecht Thielmann im Ortsbeirat: Eine Gedenktafel am Kirchberg soll an den 1916 in Dillenburg geborenen Künstler erinnern. 3. August 2020, abgerufen am 3. August 2020.
  18. Alte Karteikarten erinnern an die eigene Schulzeit. WvO-Abiturienten treffen sich nach 70 Jahren wieder. In: Dill-Zeitung vom 16. Juni 2018. S. 21.
  19. Abgerissene Typen und Hipster. Andreas Nentwich berichtet von seinen Beobachtungen im Osten Londons. In: Dill-Zeitung vom 6. September 2019. S. 12.
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