Yahya Sinwar (arabisch يحيى إبراهيم حسن السنوار, DMG Yahyā Ibrahīm Hasan as-Sinwār; * 1962 in Chan Yunis, Gaza) ist ein palästinensischer Politiker der Hamas und seit 2017 der Leiter der Hamas im Gazastreifen. Er ist der De-facto-Machthaber des Gazastreifens und das zweitmächtigste Mitglied der Hamas nach Ismail Haniyya.

Leben

Herkunft und Ausbildung

Yahya Sinwar wurde 1962 im Flüchtlingslager Chan Yunis in Gaza geboren. Seine Familie hat ihren Ursprung in Aschkelon. Er besuchte die Khan Yunis Secondary School for Boys und ging weiter im Lager Chan Yunis zur Schule. Er besuchte die Islamische Universität Gaza, wo er einen Bachelor in Arabistik erwarb.

Frühe Aktivitäten bei der Hamas und israelische Haft

Sinwar wurde mehrfach verhaftet und viermal zu lebenslänglichen Haftstrafen verurteilt. Insgesamt befand er sich 24 Jahre in israelischer Haft. Zuerst wurde er 1982 während seines Studiums verhaftet und befand sich mehrere Monate in Haft. Im Gefängnis schloss er Freundschaften mit palästinensischen Aktivisten und beschloss, sich ganz der Sache Palästinas zu widmen. In den 1980er Jahren beteiligte er sich am Aufbau der internen Sicherheitskräfte der Hamas (al-Madschd). Al-Madschd war darauf abgezielt, „Sittlichkeitsverbrecher“ zu bestrafen und Palästinenser zu töten, die der Kollaboration mit Israel verdächtigt wurden. Aus diesem Grund wurde er von israelischen Vernehmungsbeamten auch „der Schlächter von Chan Yunis“ genannt. Aufgrund seiner Aktivitäten in al-Madschd wurde er 1985 erneut für acht Monate inhaftiert. Auch im Jahr 1988 wurde er verhaftet und wegen versuchten Mordes und schwerer Körperverletzung zu viermal lebenslänglicher Haft in einem israelischen Gefängnis verurteilt. Während seiner Haft wurde aus seinem Gehirn operativ ein Tumor entfernt. Er blieb in Haft, bis er 2011 zusammen mit 1026 anderen palästinensischen Gefangen als Austausch gegen den israelischen Soldaten Gilad Schalit freigelassen wurde. Sinwar meinte, er habe die Zeit im Gefängnis damit verbracht, den Feind zu studieren.

Zeit nach der Haft als Hamas-Führer

Nach seiner Freilassung kehrte er als hochrangiger Hamas-Führer an seinen Platz zurück. 2014 spielte er bei einem Konflikt zwischen Israel und der Hamas eine wichtige Rolle und entließ nach dem Konflikt einige wichtige Führungspersonen der Hamas. Im September 2015 wurde er zusammen mit Mohammed Deif und Rūhī Muschtahā von den Vereinigten Staaten als Specially Designated Global Terrorist (SDGT; deutsch: Speziell bezeichneter globaler Terrorist) eingestuft.

2017 wurde er zum Leiter der Hamas im Gazastreifen gewählt und folgte schließlich Ismail Haniyya (jedoch unter der Führung von Haniyya) in diesem Amt und wurde Mitglied des Politbüros, des wichtigsten politischen Gremiums der Hamas. Chalīl al-Hayya wurde zu seinem Stellvertreter gewählt. Er hatte die Aufgabe, die Koordination zwischen der Führung der Kassam-Brigaden (IQB) und dem Politbüro der Hamas zu übernehmen. Offiziell ist zwar Haniyya Leiter des Politbüros, praktisch hat jedoch Sinwar die Kontrolle des Gremiums übernommen. Im März 2021 wurde er zu einer zweiten vierjährigen Amtszeit wiedergewählt.

2023 wurde Israel von der Hamas angegriffen. Infolgedessen wurde sein Haus in Gaza von israelischen Raketen getroffen. Der IDF-Sprecher Hagari drohte ihm: „Yahya Sinwar […] ist ein toter Mann“.

Außenpolitik

Er verbesserte die Außenbeziehungen der Hamas insbesondere zu Ägypten. Israelischen Quellen zufolge sei er jedoch ein „erbitterter Feind“ der Ägypter und würde die Zusammenarbeit mit Mitgliedern des Islamischen Staates befürworten, die in der Wüste Sinai gegen die ägyptische Armee kämpfen. Stattdessen würde er eher engere Beziehungen zum Iran befürworten. Er setzte sich auch für eine Versöhnungspolitik mit der Fatah ein. So kündigte er an, jeden zu bestrafen, der den Versöhnungsprozess mit der Fatah behindere. Auch schickte er Abgesandte zu dem Fatah-Präsidenten Mahmud Abbas und schlug vor, die IQB in die palästinensische Sicherheitstruppe unter der Kontrolle der Palästinensischen Autonomiebehörde zu integrieren.

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Einzelnachweise

  1. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 Yahya Sinwar. In: Jewish Virtual Library. American-Israeli Cooperative Enterprise, abgerufen am 11. Oktober 2023 (englisch).
  2. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Yahya Sinwar. In: Mapping Palestinian Politics. European Council on Foreign Relations, 29. März 2018, abgerufen am 10. Oktober 2023 (englisch).
  3. Tilman Schröter, Anja Wehler-Schöck: Die Terrororganisation Hamas: Wer sind die Köpfe hinter dem Angriff auf Israel? In: Tagesspiegel. 10. Oktober 2023, abgerufen am 10. Oktober 2023.
  4. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 تعرف على يحيى السنوار قائد حماس الجديد بغزة. In: Al Jazeera. 13. Februar 2017, abgerufen am 10. Oktober 2023 (arabisch).
  5. Ulrich Schmid: Die Hamas radikalisiert sich. In: Neue Zürcher Zeitung. 13. Februar 2017, abgerufen am 13. Oktober 2023.
  6. Politburo. In: Mapping Palestinian Politics. European Council on Foreign Relations, 21. März 2018, abgerufen am 11. Oktober 2023 (englisch).
  7. Middle East Eye: Israeli rockets target house of Hamas leader Yahya Sinwar in Gaza auf YouTube, 8. Oktober 2023, abgerufen am 11. Oktober 2023.
  8. IDF reportedly bombs house of Hamas Gaza chief. In: Israel HaYom. 7. Oktober 2023, abgerufen am 11. Oktober 2023 (englisch).
  9. Emanuel Fabian: Hamas leader Sinwar ‘is a dead man,’ IDF spokesman threatens. In: The Times of Israel. 9. Oktober 2023, abgerufen am 11. Oktober 2023 (englisch).
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