Film
Deutscher Titel Zwei junge Herzen
Originaltitel Lonesome
Produktionsland USA
Originalsprache Englisch
Erscheinungsjahr 1928
Länge 6.785 Fuß (2.068,068 m) (Tonfassung)
6.193 Fuß (1.887,6264 m) (stumme Fassung), ca. 70 Minuten
Stab
Regie Paul Fejos
Drehbuch Edward T. Lowe Jr.
Tom Reed (Zwischentitel)
Produktion Carl Laemmle
Musik Joseph Cherniavsky
Kamera Gilbert Warrenton
Schnitt Frank Atkinson
Besetzung
  • Barbara Kent: Mary, das Mädchen
  • Glenn Tryon: Jim, der Junge
  • Gusztáv Pártos: Herr in Achterbahn
  • Fay Holderness: Dame in Achterbahn
  • Eddie Philipps: Nerviger Buspassagier
  • Andy Devine: Jims Arbeitskollege
  • Fred Esmelton: Wahrsager
  • Jack Raymond: Marktschreier
  • Edgar Dearing: Polizist

Zwei junge Herzen (Originaltitel: Lonesome) ist ein US-amerikanischer Spielfilm des ungarischen Regisseurs Paul Fejos aus dem Jahr 1927. Er realisierte den Film an der Schwelle zwischen Stummfilmära und Tonfilmzeit für Carl Laemmles Universal Picture Co. Vorlage für das Drehbuch von Edward T. Lowe Jr. und Tom Reed, der auch die Zwischentitel textete, war eine Erzählung von Mann Page.

Handlung

Die Alltagsgewohnheiten zweier gewöhnlicher Menschen in New York City werden parallel gezeigt. Die beiden, das Telefonfräulein Mary und der Metallarbeiter Jim, kennen einander nicht, obwohl sie im selben Lokal ihr Frühstück einnehmen und in derselben Fabrik arbeiten: sie in der Telefonvermittlung, er an der Stanze. Am 3. Juli, einen Tag vor dem Unabhängigkeitstag, lehnen sie noch verlegen Einladungen befreundeter Paare ab, sich ihnen anzuschließen, und gehen, jeder für sich, alleine nach Hause. Doch als ein Wagen mit einer Jazzband am Fenster vorüberfährt, der für den Besuch des Vergnügungsparks von Coney Island wirbt, lassen sie sich überzeugen und besteigen einen Bus, der sie dorthin bringt. Sie begegnen sich und beginnen bald, aneinander Gefallen zu finden und träumen von einer gemeinsamen Zukunft.

Nachdem sie den Rest des Tages zusammen verbracht haben, werden sie bei einer Achterbahnfahrt getrennt und verlieren sich aus den Augen, als ein Rad des Achterbahnwagens in Brand gerät und eine Panik auslöst. Mary verliert das Bewusstsein und Jim, der sich durch die Menge zu ihr vorarbeiten will, gerät mit einem Polizisten aneinander und wird festgenommen. Doch der Schnellrichter zeigt Verständnis und lässt Jim wieder laufen. Nun sucht ein jeder den anderen und geht am Ende enttäuscht und unglücklich nach Hause, jeder in sein Zimmer. Als Jim voller Sehnsucht die Platte mit dem langsamen Walzer Always auf sein Grammophon legt, das Stück, zu dem er mit Mary auf Coney Island getanzt hat, hört dies Mary in ihrem Zimmer und klopft in ihrem Schmerz verzweifelt gegen die Wand: So finden sich die beiden wieder und entdecken zu ihrer Verwunderung, dass sie in unmittelbarer Nachbarschaft gelebt hatten, ohne es zu merken.

Hintergrund

Die Außenaufnahmen zu Lonesome fanden im Vergnügungspark Coney Island, Brooklyn, New York City, USA statt. Die Szenenbilder schuf Gilbert Warrenton, der als Kameramann in den Staaten einen ähnlichen Ruf genoss wie in Europa etwa Karl Freund.

Lonesome wurde sowohl in einer Stummfilmkopie als auch in einer mit einer Lichttonspur, auf der Geräusche und Orchestermusik aufgezeichnet waren, in den Verleih gebracht. Als Besonderheit aber in der Fassung mit der Lichttonspur drei Szenen mit kurzem Dialog in den Film eingebaut, um das aufkeimende Verlangen des Publikums nach „Sprechfilmen“ zu befriedigen – zwei Szenen zwischen Jim und Mary, eine Szene zwischen Jim und dem Schnellrichter. Die Tonfilmsequenzen wirken heute nach Ansicht vieler Kritiker aufgesetzt und unorganisch.

Die stumme Fassung wurde in Amerika (New York City) am 20. Juni 1928 uraufgeführt, die tönende Fassung erst zwei Monate später, am 30. September 1928. Nach Frankreich kam der Film am 9. Dezember 1932. In den deutschen Kinos wurde der Film nach seiner Uraufführung am 31. März 1929 ab April 1929 unter dem Titel Zwei junge Herzen. Eine kleine Episode aus einer grossen Stadt gezeigt. Die deutsche Fassung hatte Oskar Schubert-Stevens besorgt. In Österreich hieß der Film Ringelspiel. Feierabend zweier Menschen.

Der Waltzer Always von Irving Berlin, der Bestandteil der von Joseph Czerniawsky zusammengestellten und dirigierten Begleitmusik ist und als dessen Sänger man auf dem Etikett der im Film sichtbaren Schallplatte den summenden Jazzsänger Nick Lucas ausmachen kann, wurde in Deutschland unter anderem von Richard Tauber aufgenommen. Den deutschen Text Heimweh schrieb für ihn Fritz Löhner-Beda.

Restaurierung und Veröffentlichung

Lonesome wurde 2012 vom George Eastman House restauriert; auch die drei Sprechszenen wurden überarbeitet. Getönt und in den „Coney-Island-Szenen“ teilweise handkoloriert, kommt diese Fassung der ursprünglichen Theaterpräsentation nahe. Von der Criterion Collection wurde Lonesome am 27. August 2012 in einer 69 Minuten langen Fassung auf DVD und als Blu-ray-Disc veröffentlicht (Nr. 623); das Begleitheft enthält Texte von Kritiker Phillip Lopate und Filmhistoriker Graham Petrie; die Ausgabe wurde von Jaime N. Christley am 30. August 2012 in Slant Magazine rezensiert.

Rezeption

Das KunstKulturQuartier schrieb zum Film: „Zwei junge Herzen beginnt wie ein Dokumentarfilm und endet als Märchen. Ein Rummel wird zum Zauberwald, die Achterbahn zum bösen Drachen, ein möbliertes Zimmer zum Märchenschloss. Paul Fejos schenkt dem Kino mit Zwei junge Herzen einen der schönsten Filme, die entstanden sind.“

Der renommierte US-Filmkritiker Jonathan Rosenbaum urteilte: „Paul Fejos’ Film ist eine beinahe vollkommene Mixtur aus Amerikas Technologie und Energie in Verbindung mit einem reichen Erbe europäischer Einflüsse, vom französischen Impressionismus über den deutschen Expressionismus bis zur Montagetechnik, wie sie die Russen entwickelt haben. Verwandt sind ihm poetische Großstadt-Filme aus den späten 1920ern wie Fritz Langs Metropolis, Walter Ruttmanns Berlin, Symphonie der Großstadt, F. W. Murnaus Sonnenaufgang (alle von 1927) und King Vidors The Crowd von 1928; sie alle sind Teil seines historischen Hintergrundes. Lonesome bezeugt eine internationale, hoch entwickelte Bildsprache, mit der wenige zeitgenössische Filme mithalten können.“ Gleichzeitig zeige der Film aber auch die Probleme auf, die der Wechsel vom stummen zum sprechenden Film aufwarf, da die kurzen Tonfilmsequenzen deutlich schlechter als der Rest des Filmes seien.

Michael Gloversmith stellte die These auf, dass Fejos durch diesen Film vielleicht der am meisten vernachlässigte große Filmemacher sei, der je in Hollywood gearbeitet hätte.

Lonesome gilt heute als einer der letzten großen Stummfilme und wurde am 28. Dezember 2010 zusammen mit 24 weiteren Filmen in das National Film Registry – das Verzeichnis US-amerikanischer Filme, die als besonders erhaltenswert angesehen werden – aufgenommen worden.

Neuverfilmung und Bearbeitungen

1935 entstand in der Regie von Kurt Neumann eine Neuverfilmung des Stoffes unter dem Titel The Affair of Susan mit ZaSu Pitts und Hugh O’Connell als Paar mittleren Alters in den Hauptrollen. Franz Waxman schrieb dafür den Tonfilmschlager Something in My Heart, dessen Text E. Y. Harburg dichtete.

Eine zeitgenössische Bearbeitung des Motivs liegt in Gustavo Tarettos Film Medianeras vor, der 2011 in Argentinien, Spanien und Deutschland entstand und als Reverenz vor Paul Fejos’ Lonesome angesehen wird.

Quellen

  • John de Bartolo: Lonesome (1928, aka Solitude), 2003 bei silentsaregolden
  • Brandon's movie memory: Lonesome (1929, Paul Fejos), bei deeperintomovies
  • Kevin Brownlow: Movement in moving pictures. An interview with Gilbert Warrenton ASC. in: Film History Ausgabe 24, Nr. 3, 2012
  • Zoltan Fejos, Paul Fejôs: An Innovator in Vernacular Modernism. In: The Hungarian Quarterly, LII. 2011. Nr. 202–203. S. 169–190 (englisch)
  • Catarina Gómez de Almeida: Nachruf auf Stummfilmstar Barbara Kent. In: Negativ, 25. Oktober 2011
  • James zu Hüningen: part talkie. In: Lexikon der Filmbegriffe
  • Dave Kehr: Hitting the Boardwalk and the Boards. - Rezension der Criterion-DVD-Ausgabe, New York Times, 31. August 2012
  • Graham Petrie: The Travels of Paul Fejos. 31. August 2012
  • Jim Rutherford: Lonesome (1928), bei Cinéma Misfits am 25. Dezember 2010

Einzelnachweise

  1. Rosenbaum: „The use of music actually becomes central to the plot in the final scene. When the despondent Jim plays his record of Always on his phonograph – the tune to which he and his beloved Mary danced in the Coney Island dance hall – it leads him and Mary to discover that they live in adjacent flats and provides the clinching irony to this fable about urban alienation.“
  2. Brownlow, Interview 2012: „Until Carl Freund himself arrived in California he was thought of in the same terms as that outstanding German cinematographer.“
  3. Rosenbaum: „The […] sound version […] has three brief added dialogue scenes – all of them awkwardly staged and played and unnecessary to the plot; they were clearly tacked on because of the burgeoning commercial fad for talkies.“
  4. IMDb Verleihtitel bei IMDb
  5. bei deeperintomovies.net ist eine Nahaufnahme des Brunswick-Labels zu sehen
  6. Nick Lucas (IMDb). Abgerufen am 17. Januar 2018.
  7. whitecitycinema (No. 8): „This new version restores it to its original theatrical glory as a part-talkie (there are three brief dialogue scenes) with a color-stenciled-by-hand Coney Island climax.“ Bei whitecitycinema.com
  8. The Criterion Collection
  9. slantmagazine.com; Jonathan Rosenbaum: weitere Besprechung der Ausgabe (Memento vom 24. April 2014 im Internet Archive)
  10. Ankündigung bei KunstKulturQuartier, Filmhaus Nürnberg, 1. Dezember 2013, zit. nach: Zitty, Band 31, Ausgaben 23–26, Zitty Verlag GmbH, 2007
  11. Lonesome | Jonathan Rosenbaum. Abgerufen am 17. Januar 2018 (amerikanisches Englisch).
  12. bei whitecitycinema.com
  13. cinematheque leipzig
  14. Die Stadt, in der wir uns nie trafen. (Memento vom 24. April 2014 im Internet Archive) Kultur.Kino.Köln, siehe auch berlinale.de
  15. Cinémathèque Leipzig
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