Beim Zwischenfall von Dinschawai, einem Dorf (arabisch دنشواي Dinschawāy) im ägyptischen Nildelta, im Jahr 1906 handelt es sich um einen Disput zwischen britischen Streitkräften und der Lokalbevölkerung. Der Zwischenfall selbst sowie die Reaktion der britischen Kolonialherren darauf wurden zu einem Symbol kolonialer Willkürjustiz.

Am 13. Juni 1906, also zur Zeit der britischen Herrschaft über Ägypten, verwundeten britische Offiziere während der Taubenjagd in der Nähe Dinschawais eine Bewohnerin dieses Dorfes. Es kam zu einer Auseinandersetzung zwischen empörten Bewohnern und den Offizieren, bei der ein Offizier getötet wurde.

Der britische Generalkonsul Evelyn Baring, 1. Earl of Cromer berief ein Militärgericht ein. Er hatte die erklärte Absicht, ein Exempel zu statuieren und ließ keinen Zweifel daran, dass er Todesurteile erwarte. 59 Bewohner Dinschawais wurden verhaftet, vier zum Tode verurteilt und acht Personen öffentlich vor den Augen ihrer Familien ausgepeitscht. Daneben wurden langjährige Haftstrafen in Zwangsarbeitslagern verhängt.

Das Ereignis löste in Ägypten unmittelbar große Empörung aus, war Anlass für die Gründung der ersten nationalistischen Partei Ägyptens und änderte zudem die Einstellung der städtischen Nationalbewegung zum Widerstand der Fellachen. Die Bauern von Dinschawai wurden zu „Märtyrern“ der neuen nationalen Bewegung stilisiert. Der Dichter Ahmed Schauki verfasste Verse über das Ereignis und die Presse machte es in ganz Ägypten bekannt.

Dem Earl of Cromer wurde unterdessen in Großbritannien ein Verdienstorden verliehen. Als sich die britische Presse kritisch mit dem Dinschawai-Zwischenfall auseinanderzusetzen begann und George Bernard Shaw gegen die Willkürurteile protestierte, wendete sich das Blatt. Im Dezember 1907 ordnete die Regierung die Freilassung sämtlicher Gefangenen an und Lord Cromer musste zurücktreten.

Die Ereignisse um Dinschawai bewirkten einen deutlichen Aufschwung der nationalistischen Bewegung Ägyptens und erschütterten das Selbstverständnis des britischen Empires nachhaltig.

Literatur

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