Olympische Zwischenspiele 1906
nicht vom IOC anerkannt
Austragungsort: Athen (Griechenland)
Stadion: Panathinaiko-Stadion
Eröffnungsfeier: 22. April 1906
Schlussfeier: 2. Mai 1906
Eröffnet durch: Kronprinz Konstantin
von Griechenland
Olympischer Eid: -
Disziplinen: 14 (12 Sportarten)
Wettkämpfe: 74
Länder: 21
Athleten: 840 (834 , 6 )
St. Louis 1904
London 1908
Medaillenspiegel
Platz Land GSBGes.
01 Dritte Französische Republik Frankreich 15 9 16 40
02 Vereinigte Staaten 45 Vereinigte Staaten 12 6 6 24
03 Königreich Griechenland Griechenland 8 13 12 33
04 Vereinigtes Konigreich 1801 Großbritannien 8 11 5 24
05 Italien 1861 Königreich Italien 7 6 3 16
06 Deutsches Reich Deutsches Reich 4 6 5 15
07 Schweiz Schweiz 4 3 1 8
08 Osterreich Cisleithanien Österreich 3 3 3 9
09 Danemark Dänemark 3 2 1 6
10 Schweden Schweden 2 5 7 14
Vollständiger Medaillenspiegel

Die Olympischen Zwischenspiele 1906 fanden vom 22. April bis zum 2. Mai 1906 in Athen statt. Sie werden vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC) nicht zu den Olympischen Spielen gerechnet, die in die Zuständigkeit des IOC fallen, und deshalb weder als solche offiziell anerkannt, noch bei der numerischen Auflistung berücksichtigt. Auch ein späterer Versuch im Jahr 1949, die Spiele als Olympiade IIIB vom IOC anerkennen zu lassen, scheiterte.

Entstehung

Die Zwischenspiele 1906 sind ein Resultat der Uneinigkeit über den Austragungsrhythmus. Baron Pierre de Coubertin, Begründer der Olympischen Spiele und zu jener Zeit Präsident des IOC, hatte stets das Ziel verfolgt, eine weltumspannende olympische Bewegung zu schaffen, weshalb er die Spiele alle vier Jahre an einem anderen Ort der damaligen „Kulturstaaten“ austragen wollte. Griechenland hingegen sah sich durch den Erfolg der Olympischen Spiele 1896 und den Misserfolg der Spiele 1900 in Paris darin bestärkt, die Spiele, auch nicht zuletzt wegen des historischen Hintergrunds, auf Dauer bei sich zu etablieren. Damit hätte das IOC jedoch seine Daseinsberechtigung verloren und Coubertin sah seine Idee gefährdet. Als Kompromiss schlugen einige IOC-Mitglieder vor, die Olympischen Spiele im Wechsel zwischen Athen und anderen Städten alle zwei Jahre auszutragen. 1901 wurde diese Regelung trotz ablehnender Haltung von Coubertin während einer IOC-Sitzung beschlossen. Coubertin war der Auffassung, dass regelmäßige Spiele in Athen nur nationalen Charakter haben könnten und als Panhellenische Spiele zu bezeichnen wären.

Der griechische König Georg I. erließ noch im Jahr 1901 ein Dekret, das die Planung und Ausrichtung von Olympischen Spielen in Athen vorsah, die aber frühestens 1903 hätten stattfinden können. Finanzielle Probleme und die Vergabe der Olympischen Spiele 1904 an Chicago (tatsächlich fanden diese Spiele dann in St. Louis statt) ließen das Vorhaben zunächst scheitern. Coubertin sah nun seine Chance, den für ihn unerwünschten Beschluss über regelmäßige Spiele in Athen bei der IOC-Sitzung 1905 in Brüssel zu kippen. Noch vor dieser IOC-Sitzung hatte das griechische Komitee zur Durchführung Olympischer Spiele in Athen aber bereits Einladungen zur Teilnahme an solchen Spielen für das Jahr 1906 verschickt. Zudem sah sich Coubertin bei der IOC-Sitzung mit Vorwürfen konfrontiert, welche die schlechte Organisation der Spiele 1900 in Paris und 1904 in St. Louis zum Inhalt hatten. Seine Position war damit so geschwächt, dass er die Spiele in Athen notgedrungen akzeptierte. Es wurde im IOC beschlossen, die Spiele zu unterstützen, und die Organisation dem griechischen Komitee zu überlassen. Coubertin blieb den Spielen fern. Die für 1910 und 1914 vorgesehenen Spiele in Athen fielen einer Reihe ungünstiger politischer Entwicklungen und kriegerischer Auseinandersetzungen auf dem Balkan zum Opfer.

Bedeutung

Für die olympische Idee waren die Zwischenspiele von Athen äußerst förderlich. Nachdem zuvor in Paris und St. Louis die Wettbewerbe in die jeweilige Weltausstellung eingebettet und über mehrere Monate verteilt waren, gelang den Griechen (wie auch schon 1896) wiederum die Ausrichtung eines rein sportlichen Festes, bei dem der ursprüngliche olympische Gedanke im Mittelpunkt stand. Sporthistoriker werten die Spiele sogar als Retter der olympischen Bewegung. Einige noch heute gebräuchliche Zeremonien, wie etwa der Einmarsch der Nationen, gehen auf diese Spiele zurück.

Wettkampfprogramm

Es wurden 74 Wettbewerbe (davon 72 für Männer, einer für Frauen und ein Mixed-Wettbewerb) in 12 Sportarten ausgetragen. Unterschiede zu dem Programm der vorherigen Olympischen Spiele in St. Louis 1904 im Detail:

  • Bogenschießen, Boxen, Golf, Lacrosse und Roque fehlten im Programm der Olympischen Zwischenspiele.
  • Beim Fechten wurden Degen-, Säbelmannschaft, Degen für Fechtmeister und Säbel für Fechtmeister hinzugefügt – dagegen wurden Florettmannschaft und Singlestick entfernt.
  • In der Leichtathletik erweiterten die 5 Meilen, 1500 m Gehen, 3000 m Gehen, Diskuswurf (antiker Stil), Steinstoßen, Speerwurf (Freistil) und der Fünfkampf das Programm – dagegen fehlten die 60 m, 200 m, 200 m Hürden, 400 m Hürden, 2590 m Hindernis, 4 Meilen Mannschaftslauf, Dreisprung aus dem Stand, Hammerwurf, Gewichtweitwurf, Dreikampf und der Mehrkampf.
  • Im Radsport wurde das Programm komplett neu strukturiert – die sieben Wettkämpfe von St. Louis wurden durch 5 km, 20 km, Tandem und zwei Zeitfahrwettkämpfe ersetzt – darüber hinaus gab es wieder ein Straßenrennen.
  • Beim Ringen wurde das Freistilringen von St. Louis durch den griechisch-römischen Stil komplett ersetzt. Es gab die Gewichtsklassen Leicht-, Mittel- und Schwergewicht. Dazu kam noch eine offene Gewichtsklasse.
  • Im Rudern erweiterten der Sechser- und Sechzehner mit Steuermann das Programm – der Zweier- und Vierer mit Steuermann ersetzten den Zweier- und Vierer ohne Steuermann – des Weiteren fehlten der Doppelzweier und der Achter.
  • Nachdem Schießen bei den vorherigen Olympischen Spielen fehlte, war es bei den Olympischen Zwischenspielen von 1906 dabei. Neu im Programm waren Doppeltrap, Freies Gewehr beliebige Position 300 m, Freies Gewehr Dreistellungskampf 300 m Mannschaft, Duellpistole 20 m und Duellpistole 25 m – darüber hinaus waren Armeegewehr 200 m, Armeegewehr beliebige Position 300 m, Armeepistole 25 m und Freie Pistole 50 m wieder im Programm.
  • Beim Schwimmen blieb nur ein Wettkampf von St. Louis im Programm – die anderen acht wurden durch 100 m Freistil, 400 m Freistil und eine 4 × 250-m-Freistilstaffel ersetzt.
  • Im Wasserspringen wurde der Kopfweitsprung gestrichen.
  • Im Tennis wurden das Damen-Einzel und das Mixed-Doppel wieder ausgetragen.
  • Das Programm im Turnen wurde massiv gekürzt. Die einzelnen Gerätewettkämpfe entfielen – es gab nur einen zweifachen Einzelmehrkampf und Riegenturnen.

Olympische Sportarten/Disziplinen 1906

Anzahl der Wettkämpfe in Klammern

Zeitplan

Zeitplan
DisziplinSo.
22.
Mo.
23.
Di.
24.
Mi.
25.
Do.
26.
Fr.
27.
Sa.
28.
So.
29.
Mo.
30.
Di.
1.
Mi.
2.
Ent-
schei-
dungen
AprilMai
Eröffnungsfeier
Fechten212218
Fußball11
Gewichtheben112
Leichtathletik414146121
Radsport Bahn1225
Straße11
Ringen11114
Rudern336
Schießen4312212
Schwimmsport Schwimmen11114
Wasserspringen11
Tauziehen11
Tennis134
Turnen134
Schlussfeier
Entscheidungen6912121286874
So.
22.
Mo.
23.
Di.
24.
Mi.
25.
Do.
26.
Fr.
27.
Sa.
28.
So.
29.
Mo.
30.
Di.
1.
Mi.
2.
Ent-
schei-
dungen
AprilMai

Farblegende

  • Eröffnungsfeier
  • Wettkampftag (keine Entscheidungen)
  • Wettkampftag (x Entscheidungen)
  • Schlussfeier
  • Teilnehmer

    Europa (793 Athleten aus 17 Nationen)
    Amerika (41 Athleten aus 2 Nationen)
    Ozeanien (4 Athleten aus 1 Nation)
    Afrika (2 Athleten aus 1 Nation)
    Sonstige (3 Athleten)
    (Anzahl der Athleten) * erstmalige Teilnahme

    Herausragende Sportler

    Die erfolgreichsten Teilnehmer
    Platz Athlet Land Sportart Gold Silber Bronze Gesamt
    1Martin Sheridan USALeichtathletik235
    2Léon Moreaux FRASchießen2125
    3Louis-Marcel Richardet SUISchießen314
    4Gustav Casmir GERFechten224
    5Eric Lemming SWELeichtathletik
    Tauziehen
    134
    6Max Décugis FRATennis33
    Francesco Verri ITARadsport33
    Enrico Bruna ITARudern33
    Giorgio Cesana ITARudern33
    Emilio Fontanella ITARudern33

    Jüngster Teilnehmer war der dreizehnjährige Leichtathlet Vahram Papazyan aus dem Osmanischen Reich. Der älteste war der französische Schütze Léon Moreaux mit 54 Jahren, der mit insgesamt fünf Medaillen zu den erfolgreichsten Athleten dieser Zwischenspiele gehörte.

    Erwähnenswertes

    • Erstmals fand die heute übliche Eröffnungszeremonie statt, bei der die Sportler hinter ihren Fahnen ins Stadion einmarschierten. Die Deutschen liefen als erste ein, wobei der Grund dafür unbekannt ist. Zum Schluss liefen die Griechen als Gastgeber ein.
    • Die US-Mannschaft trat erstmals in einheitlicher Mannschaftskleidung an.
    • Durch die gemeinsame Unterbringung der Athleten im Zappeion wurde die Idee des olympischen Dorfs geboren.
    • Erst zu diesen Spielen war das Kallimarmaro-Stadion fertig mit Marmor verkleidet.
    • Die Abschlusszeremonie wurde von 6.000 Schulkindern gestaltet.
    • Die Wettbewerbe wurden von etwa 900.000 Zuschauern besucht.
    • Als für den für das Team aus dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Irland startenden Gewinner des Weitsprunges, den Iren Con Leahy, der Union Jack am Fahnenmast hochgezogen wurde, kletterte sein Mannschaftskamerad Peter O’Connor (Silbermedaille, ebenfalls Ire in der britischen Mannschaft) den Fahnenmast empor und wedelte mit der irischen Fahne, ehe er von wütenden Funktionären wieder heruntergeholt wurde. Nur innerhalb der britischen Mannschaft war ihnen die Beteiligung an den Olympischen Spielen möglich gewesen. Laut Volker Kluge (Seite 204 der Chronik I), der sich auf Mallon beruft, hisste O’Connor erst nach der Siegerehrung die Flagge Irlands.
    Commons: Olympische Zwischenspiele 1906 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

    Einzelnachweise

    1. nach heutiger Einteilung, vgl. olympische Sportarten
    2. 1906 Athen Summer Games. (Nicht mehr online verfügbar.) Archiviert vom Original am 19. August 2012; abgerufen am 21. August 2012 (englisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
    3. Arnd Krüger: Olympische Spiele als Mittel der Politik. In: Eike Emrich, Martin-Peter Büch, Werner Pitsch (Hrsg.): Olympische Spiele – noch zeitgemäß? Werte, Ziele, Wirklichkeit in multidisziplinärer Betrachtung. Universitätsverlag des Saarlandes, Saarbrücken 2013, ISBN 978-3-86223-108-9, S. 35–54, bes. S. 40; vgl. Guiney, D. (1996). The Olympic Council of Ireland. Citius, Altius Fortius 4 (3), 31–33.
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