Österreichische Schule

Als Österreichische Schule, Wiener Schule oder Österreichische Grenznutzenschule wird eine Gruppe von Theoretikern bezeichnet, die eine bestimmte heterodoxe Lehrmeinung in der Volkswirtschaftslehre vertreten. Zentral ist die Idee der evolutorischen Schöpfung von Wissen durch den Unternehmer und die Betrachtung der dynamischen Unsicherheit wirtschaftlicher Abläufe. Die Schule betont die Bedeutung der einzelnen Menschen und deren individueller Vorlieben für die wirtschaftlichen Prozesse (Subjektivismus, Methodologischer Individualismus). Hinzu kommt eine Abneigung gegenüber der mathematischen Darstellungsform volkswirtschaftlicher Zusammenhänge – mit einigen Ausnahmen, wie z. B. Oskar Morgenstern (vierte Generation) und Roger W. Garrison (New Austrians). Dem Mathematik-skeptischen Ansatz gegenüber stehen die etwa gleichzeitig entstandene Lausanner Schule und weitere Theorien mit ihren mathematisch formulierten Gleichgewichtsmodellen (Neoklassische Theorie). Die Anhänger und Vertreter der Österreichischen Schule sind bis heute der Ansicht, dass Theorien letztlich nicht durch Geschichte oder Empirie widerlegbar seien.

Als Gründer der Österreichischen Schule wird gemeinhin Carl Menger angesehen, der mit der Grenznutzenlehre zur Entwicklung der Grenznutzenschule beitrug: Er vertrat die Auffassung, dass das klassische Wertparadoxon, also die Frage nach dem Verhältnis von Wert und Nutzen, dadurch gelöst werden kann, dass der Wert eines Gutes durch den Beitrag einer weiteren Einheit eines Gutes zur Befriedigung eines menschlichen Bedürfnisses bestimmt wird. Bekannt wurde dieser Ansatz im Methodenstreit der Nationalökonomie mit der Historischen Schule, in dem Menger die These vertrat, die Wirtschaftstheorie sei gegenüber der Wirtschaftsgeschichte unabhängig. Eugen von Böhm-Bawerk ergänzte Mengers Lehre um eine subjektivistische Kapitaltheorie, wonach der Kapitalzins in einem Marktprozess zwischen Individuen mit unterschiedlichen Zeitpräferenzen entsteht. Der Eigentümer von Kapital verzichte auf Konsum in der Gegenwart, um als Gegenleistung für seinen Verzicht den Zins zu erhalten. Ludwig von Mises baute auf dieser Basis eine Geld- und Konjunkturtheorie auf. Er erklärte Konjunkturzyklen mit der Verzerrung des Produktionsprozesses durch die Geldschöpfung der Zentralbanken, die durch zu niedrige Zinsen überhöhte Investitionen anregen. Friedrich von Hayek präzisierte diese Theorie und stellte sich damit in scharfen Gegensatz zur Theorie John Maynard Keynes’ und zum Monetarismus (Chicagoer Schule).

Seit Mitte des 20. Jahrhunderts stehen die meisten Ökonomen der modernen Österreichischen Schule kritisch gegenüber und betrachten ihre Ablehnung von mathematischer Modellierung, Ökonometrie und makroökonomischer Analyse als heterodoxe Ökonomie, d. h. außerhalb des ökonomischen Mainstreams.

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