Ann-Arbor-Modell
Das Ann-Arbor-Modell (auch Michigan-Modell) ist ein Modell der empirischen Wahlforschung. Es wurde in den 1950er Jahren von den Sozialwissenschaftlern Angus Campbell, Gerald Gurin und Warren E. Miller an der University of Michigan in Ann Arbor entwickelt.
Dem Ann-Arbor-Modell zufolge lässt sich das Wahlverhalten durch das Zusammenwirken politisch-institutioneller, sozialökonomischer und psychischer Bedingungsfaktoren erklären. Dabei wird davon ausgegangen, dass die Masse der Wähler nicht vor jeder Wahl vor einer völlig neuen und damit offenen Entscheidungssituation steht. Vielmehr bringen sie längerfristig gültige Vorlieben bzw. Abneigungen gegenüber den konkurrierenden Parteien mit. Die direkten Einflussfaktoren, die Einstellungen der Wähler also gegenüber den Kandidaten und den von den Parteien eingenommenen Position bei aktuellen, umstrittenen Themen, werden mit psychischen und sozialen Faktoren, in erster Linie der Parteiidentifikation, verbunden. Diese „psychologische Mitgliedschaft“ in einer Partei steht dem Wähler bei jeder Entscheidung als sogenannte „standing decision“ zur Verfügung, die gewählt wird, solange keine bedeutenden anderen Faktoren dagegen sprechen. Eine durch die Parteiidentifikation bestimmte Wahl wird daher auch als „Normalwahl“ bezeichnet. Zudem beeinflusst die Parteiidentifikation indirekt auch die Wahrnehmung und Verarbeitung politischer Informationen. Die Wahlentscheidung ergibt sich somit aus dem Zusammenspiel vorangegangener Erfahrungen und subjektiver Situationsdeutungen.
Der Entscheidungsprozess der Wähler lässt sich im Rahmen des Ann-Arbor-Modells mit einem Trichter vergleichen, an dessen Ausgangspunkt die Wahlentscheidung steht. Die Parteibindung als langfristiger Faktor sowie die Themen und Personen als kurzfristige Einflussfaktoren sind dem vorgelagert.