Carola (Frau des Dogen Obelierius)
Carola ist der später erfundene Name einer fränkischen Hofdame, die den venezianischen Dogen Obelierius um 805 heiratete. Ihr Name ist nicht überliefert, doch wird sie ab dem 14. Jahrhundert in Chroniken, dann vielfach bis heute in Listen der Dogaresse, als „Carola“ geführt.
Letztere Behauptung ist bis heute mit der Aussage verbunden, sie sei die erste Dogaressa gewesen. Bei der Bezeichnung als Dogaressa handelt es sich jedoch um eine Rückprojektion spätmittelalterlicher und neuzeitlicher Verhältnisse in die Vergangenheit, denn im Frühmittelalter kam den Ehefrauen der Dogen noch keine besondere staatssymbolische Rolle zu, und auch die entsprechende Bezeichnung, die Rolle in öffentlichen Ritualen existierte noch nicht. Die erste Erwähnung einer solchen Ehefrau erfolgte um 1000, als der Chronist Johannes Diaconus eine Ehefrau eines Dogen als ductrix bezeichnete, also mit der femininen Form des Amtstitels dux.
Die Ehe zwischen der Hofdame und dem Dogen sollte wohl den politischen Wechsel Venedigs, bzw. Malamoccos, das zu dieser Zeit noch die Hauptstadt der Lagune von Venedig war, auf die fränkische Seite besiegeln. Dies brachte Malamocco gegen die oströmisch-byzantinischen Kräfte innerhalb der Lagune auf und rief die byzantinische Flotte auf den Plan.
Da die Lagune 804 für wenige Jahre zu einem Teil der fränkischen Sphäre wurde, tauchten Obelerius und sein Bruder Beatus Ende 805, ebenso wie der spätere Patriarch von Grado Fortunatus, aber auch der Bischof von Zara (als Repräsentant der Dalmatier), am Hof Karls des Großen in Diedenhofen auf, um die Städte der Lagune und ganz Dalmatien zu vertreten. Die Beziehungen zwischen Venedig und den Karolingern wurden nunmehr durch eine ordinatio de ducibus et populis tam Venetiae quam Dalmatiae geregelt, wie es in den Annales regni Francorum heißt. Die Einzelheiten sind allerdings nicht überliefert. Etwas verkürzend heißt es bei Stefan Weinfurter „Karl der Große besetzte die Gebiete [i. e. Dalmatien und Venetien] 805/806 … 808 war Byzanz wieder Herr der Lage.“ Fortunatus wurde 806 Bischof von Pola auf Istrien.
Als die byzantinische Flotte am Laguneneingang erschien, floh Fortunatus, während sich Obelerius und sein Bruder und Mitdoge Beatus unterwarfen. Obelerius erhielt den Titel eines Spatharius (Schwertträger), womit er äußerlich dem byzantinischen Herrschaftsbereich unterstand. Dem Flottenführer Niketas gelang es, ein Abkommen mit Pippin, dem König von Italien und Sohn Karls des Großen zu schließen. Die byzantinische Flotte kehrte im Sommer 807 nach Konstantinopel zurück. Dabei wurden einige der pro-fränkischen Männer mitgeführt. Beatus, der gleichfalls nach Konstantinopel mitsegelte, erhielt in der Hauptstadt den Titel eines Hypathus (Ipato), um dann nach Venedig zurückzukehren. Am Ende wurde Obelierius, der einem Friedensschluss im Weg stand, an Byzanz ausgeliefert, sein Bruder Beatus starb 811. Obelierius versuchte um 829 die Herrschaft zurückzugewinnen, doch wurde er dabei getötet.
Was aus „Carola“ wurde, ist nicht überliefert, wenn auch gelegentlich behauptet wurde, sie sei beim endgültigen Sturz ihres Mannes gelyncht worden. Ihren Tod nennt bereits Pietro Marcello im Jahr 1558 Ihm folgt hierin Heinrich Kellner in seiner Chronica das ist Warhaffte eigentliche vnd kurtze Beschreibung, aller Hertzogen zu Venedig Leben, der, nachdem er den Tod des Dogen geschildert hat, meint: „und sagt man darzu / daß sein Weib / welche auß Franckreich bürtig gewesen / mit im ummbracht worden sey“.