Europäische Staatsanwaltschaft
Die Europäische Staatsanwaltschaft (EuStA, englisch European Public Prosecutor’s Office (EPPO), französisch Parquet européen) ist eine unabhängige Einrichtung (dezentrale Staatsanwaltschaft mit Zentrierungsfunktion in Luxemburg) der Europäischen Union zur Bekämpfung von Straftaten zum Nachteil der finanziellen Interessen der Union. Sie wurde EU-primärrechtlich nach Art. 86 AEUV gegründet und fußt seitdem sekundärrechtlich auf der Verordnung (EU) 2017/1939 des Rates vom 12. Oktober 2017 zur Durchführung einer Verstärkten Zusammenarbeit zur Errichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft (EUStA). Die Europäische Staatsanwaltschaft ist auf dem Kirchberg-Plateau in Luxemburg angesiedelt. Von den Medien wird sie als Novum in der Geschichte der Union eingestuft. Der Vertrag von Lissabon hat die Europäische Staatsanwaltschaft noch nicht eingerichtet, sondern den Rat lediglich ermächtigt, einstimmig eine Verordnung in diesem Sinne anzunehmen. Da diese Einstimmigkeit im Rahmen der damals 28 Mitgliedstaaten nicht erreicht werden konnte, wurde die EuStA im Verfahren einer Verstärkten Zusammenarbeit durch die Verordnung (EU) 2017/1939 gegründet. Bei einem Treffen der EU-Justizminister am 8. Juni 2017 einigten sich 20 EU-Mitgliedstaaten über die Gründung der Europäischen Staatsanwaltschaft. Mit einer Aufnahme der Arbeit wurde lange Zeit Ende 2020 bzw. Mitte 2021 gerechnet, da sich vor allem die Nominierung der delegierten europäischen Staatsanwälte verzögerte. Das Startdatum wurde schließlich verbindlich auf den 1. Juni 2021 gesetzt. Zu Beginn der Arbeitsaufnahme ist die EUStA „stark unterfinanziert“, weshalb an ihrer Effektivität noch vor Arbeitsaufnahme gezweifelt wurde. Aktuelle Neuigkeiten zur Umsetzung der EUStA werden beispielsweise über die Ländervertretungen in Brüssel in die deutschen Landesregierungen getragen. Ein Jahr nach Arbeitsaufnahme fand am 1. Juni 2022 eine Konferenz zum „added value“, also dem Zugewinn der Betrugsbekämpfung im PIF-Sektor in Luxemburg statt, die ein überwiegend positives Fazit zog und auf die Verbesserung und Zukunft der EUStA blickte.
Europäische Staatsanwaltschaft EuStA | |
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Emblem der Europäischen Staatsanwaltschaft | |
Mitgliedsstaaten der Europäischen Staatsanwaltschaft | |
Englische Bezeichnung | European Public Prosecutor’s Office |
Französische Bezeichnung | Parquet européen |
Organisationsart | Einrichtung |
Status | aktiv |
Sitz der Organe | 11 Avenue John F. Kennedy Kirchberg-Plateau, Luxemburg, Luxemburg |
Vorsitz | Laura Codruța Kövesi |
Mitgliedstaaten | 23: |
Amts- und Arbeitssprachen | |
Gründung | 20. November 2017 Arbeitsaufnahme: 1. Juni 2021 |
eppo.europa.eu |
Mireille Delmas-Marty, eine emeritierte, französische (EU-)Strafrechtsprofessorin, die wesentlich an der Konstruktion des Corpus Juris und der Verordnung der EUStA (siehe unten) beteiligt war – gar als ihre (Mit-)Schöpferin gelten kann –, sieht die EUStA als Beginn einer neuen Ära der europäischen-justiziellen Zusammenarbeit (so auch andere) und darüber hinaus als Modell für eine zukünftige „Weltrechtsordnung“ (« Le parquet européen pourrait préfigurer un futur ordre juridique mondial »), da die Einrichtung den Vorteil habe, weit davon entfernt zu sein, die nationalstaatliche Souveränität der teilnehmenden Staaten ernsthaft zu tangieren. Auch in Deutschland wurde um das Jahr 2000 bereits über die „Europa-Staatsanwaltschaft“ in der Öffentlichkeit diskutiert.