Glomeruläre Filtrationsrate
Die glomeruläre Filtrationsrate (kurz GFR) von Lebewesen ist diejenige Menge an flüssigen Blutbestandteilen, die pro Zeitspanne in den Nierenkörperchen aller vorhandenen Nieren filtriert wird. Die GFR stellt damit die Bildungsrate des Primärharns dar. Bei einem gesunden erwachsenen Menschen beträgt die GFR zirka 120 Milliliter pro Minute oder etwa 170 Liter pro Tag. Die GFR steigt bei Säuglingen und Kindern mit zunehmender Größe an und sinkt dann bei Erwachsenen mit zunehmendem Alter wieder ab, parallel zum Rückgang des Herzzeitvolumens und der damit zurückgehenden Nierendurchblutung (renaler Blutfluss). Ein nicht altersbedingter pathologischer Abfall der GFR tritt bei Nierenerkrankungen verschiedener Art auf.
Die GFR ist für die Einschätzung der Nierenfunktion die wichtigste Größe. Sie wird im klinischen Alltag per Näherungsformel aus der Plasmakreatininkonzentration berechnet. Insofern ist die GFR ein Spezialfall der Klärwertbestimmung. Der renale Klärwert gibt das Plasmavolumen an, das durch Funktion der Niere innerhalb einer bestimmten Zeitspanne von einem bestimmten Stoff befreit wird. Unter der Nierenfunktion ist dabei das Zusammenspiel von Glomeruli (Nierenkörperchen) und Tubuli (Nierenkanälchen) zu verstehen. Doch soll mit der GFR allein die Funktion der Glomeruli unabhängig von der Tubulusfunktion gemessen werden. Da Kreatinin tubulär nicht rückresorbiert wird, kann die Kreatinin-Clearance als Maß für die Funktion der Glomeruli dienen und wird in der Praxis mit der GFR gleichgesetzt.
Der GFR gleichgestellt werden neben der Kreatinin-Clearance und der Clearance von Cystatin C auch die Begriffe von Primärharnbildung, Glomerulumfiltrat, Tubulusflüssigkeit und Vorharnfluss. Die GFR hat die Dimension Volumen pro Zeit und die Maßeinheit ml/min. Die Gleichsetzung von GFR und Kreatinin-Clearance gilt nicht bei Zuständen der Oligurie und Anurie (siehe unten Kapitel Einschränkungen).
Die glomeruläre Filtrationsrate einer Niere ist die Summe aller Filtrationsraten der einzelnen Nephrone (single nephron glomerular filtration rate, abgekürzt sngfr oder SNGFR) und damit aller Podozyten in einer Niere. Analog ist die glomeruläre Filtrationsrate des Patienten gleich der Summe (und nicht etwa der Mittelwert) der glomerulären Filtrationsraten der beiden Einzelnieren.
Das Gegenstück zur glomerulären Filtrationsrate GFR wäre die tubuläre Resorptionsrate TRR. Die Differenz GFR-TRR ist der Harnfluss. Zahlenbeispiel: Bei einer GFR = 100 ml/min und einer tubulären Rückresorptionsquote von 99 % errechnen sich eine TRR = 99 ml/min und ein Harnfluss von 1 ml/min = 1,44 l/d. Das ist der Sekundärharn von etwa anderthalb Litern am Tag. Ein Diuretikum könnte jetzt die tubuläre Rückresorptionsquote um einen Prozentpunkt verkleinern und damit das Urinvolumen (bei unveränderter GFR) verdoppeln.