Komplexes regionales Schmerzsyndrom
Das komplexe regionale Schmerzsyndrom (Complex regional pain syndrome, CRPS) gehört zu den neurologisch-orthopädisch-traumatologischen Erkrankungen. Der international einheitliche Begriff ersetzt zunehmend die früher gebräuchlichen und synonym verwendeten Bezeichnungen Reflexdystrophie, Morbus Sudeck, Sudeck-Dystrophie, Algodystrophie und sympathische Reflexdystrophie.
Klassifikation nach ICD-10 | |
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G90.5- | komplexes regionales Schmerzsyndrom, Typ I (seit 2019) (bis 2018: M89.0) |
G90.6- | komplexes regionales Schmerzsyndrom, Typ II (seit 2019) (bis 2018: G56.4 für CRPS II der oberen Extremität, G57.8 für CRPS II der unteren Extremität) |
ICD-10 online (WHO-Version 2019) |
Die Krankheit ist dadurch gekennzeichnet, dass es nach äußerer Einwirkung (z. B. Traumen, Operationen und Entzündungen) über längere Sicht zu einer Dystrophie und Atrophie von Gliedmaßenabschnitten kommt. Als Symptome treten Schwellungen, Schmerzen, Durchblutungsstörungen, Überempfindlichkeit gegenüber Berührungen und Hautveränderungen auf, im weiteren Verlauf auch Funktionseinschränkungen in Form von Schwäche und eingeschränkter Beweglichkeit. Die Erkrankung tritt bei Erwachsenen öfter an den oberen Gliedmaßen als an den unteren auf; besonders oft nach distalen Radiusfrakturen. Frauen sind häufiger betroffen.
Bei noch nicht zufriedenstellend geklärtem Entstehungsmechanismus wird eine neuronale Entzündungsreaktion, sowohl peripher als auch zentral, in Kombination mit einer kortikalen Reorganisation als Ursache diskutiert. Die Therapie erfordert eine Zusammenarbeit mehrerer Fachdisziplinen.
Das CRPS wurde lange Zeit vorwiegend mit Schmerzmitteln und Nervenblockaden behandelt. 2013 ergab eine umfangreiche Datenanalyse der Cochrane Collaboration eine unzureichende Wirksamkeit der häufig eingesetzten Sympathikusblockade. Seitdem wurden die Therapieempfehlungen erheblich umgestellt. Das warme CRPS, das mit klassischen Entzündungserscheinungen einhergeht, wird vorwiegend antientzündlich behandelt mittels einer Kortison-Stoßtherapie. Das kalte CRPS, welches mehr durch Sensibilitätsstörungen gekennzeichnet ist, wird bevorzugt mit Antineuropathika wie Gabapentin oder Pregabalin behandelt. Zusätzlich ist in allen Fällen von CRPS frühzeitig intensive Physiotherapie und Ergotherapie einzusetzen, um die Schwellungen abzubauen, pathologische Bewegungsmuster und Fehlhaltungen zu kompensieren, schmerzhafte Bewegungsmuster zu reduzieren und die normale Sensibilität wiederherzustellen.
Die Prognose ist stark abhängig vom Zeitpunkt des Behandlungsbeginns. Eine vollständige Heilung ist meist nur bei frühzeitigem Behandlungsbeginn möglich. Häufig werden die Symptome allerdings erst mehrere Monate nach Ausbruch der Erkrankung, in einem späten Stadium, dem richtigen Krankheitsbild zugeordnet, was in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle zu lebenslangen Beeinträchtigungen durch Schmerzen und Funktionseinschränkungen führt.