Sangam-Literatur

Als Sangam-Literatur (von Tamil சங்கம் caṅkam [ˈsaŋɡʌm]) wird das Korpus der frühesten tamilischen Dichtung bezeichnet. Sie entstand vermutlich zwischen dem 1. und 6. Jahrhundert n. Chr. im äußersten Süden Indiens (Tamil Nadu). Zusammen mit dem Grammatikwerk Tolkappiyam bildet sie die älteste Schicht der tamilischen Literatur. Die Sangam-Literatur umfasst ein Korpus von 18 lyrischen Werken, das sich in acht Anthologien von meist kürzeren Einzelgedichten (Ettuttogai) und zehn längere Gedichte (Pattuppattu) aufteilt.

Sangam-Literatur
Ettuttogai
(„acht Anthologien“)
Pattuppattu
(„zehn Gesänge“)

Die Werke der Sangam-Literatur teilen sich in zwei Genres, Liebes- und Heldendichtung (agam und puram). Die Texte sind in einer altertümlichen Form der tamilischen Sprache, dem Alttamil, verfasst und folgen einer Vielzahl komplizierter Konventionen. Diese werden von einer reichen poetologischen Tradition beschrieben, die die Literatur begleitet. Zu den hervorstechendsten Konventionen gehört das Konzept der „fünf Landschaften“, dem zufolge eine bestimmte Liebessituation stets mit einer von fünf Landschaftstypen (Berge, Weideland, Ackerland, Küste und Wüste) assoziiert ist.

Die Sangam-Literatur spiegelt einen Zustand wider, in dem der Einfluss der nordindischen Sanskrit-Kultur im Süden Indiens noch verhältnismäßig gering war. Anders als die Literaturen der anderen indischen Sprachen baut sie nicht auf dem Vorbild der Sanskrit-Literatur auf, sondern hat ihre eigenen Ursprünge. Für die frühe Geschichte Südindiens gehört die Sangam-Literatur zu den wichtigsten Quellen. Sie beschreibt eine Zeit, in der in Tamil Nadu die drei Königsdynastien der Chera, Chola und Pandya sowie eine Vielzahl minderer Fürsten herrschten. Nachdem die Sangam-Literatur zwischenzeitlich weitgehend in Vergessenheit geraten war, wurde sie im ausgehenden 19. Jahrhundert wiederentdeckt und spielt seitdem eine wichtige Rolle für das kulturelle Bewusstsein der Tamilen.

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