Weibliche Genitalverstümmelung

Weibliche Genitalverstümmelung (englisch female genital mutilation, kurz FGM), weibliche Genitalbeschneidung (englisch female genital cutting, kurz FGC) oder Verstümmelung weiblicher Genitalien bezeichnet die teilweise oder vollständige Amputation beziehungsweise Beschädigung der äußeren weiblichen Geschlechtsorgane ohne medizinische Indikation. Diese Praktiken werden von den Ausübenden überwiegend aus der Tradition heraus begründet. Durch Studien dokumentierte Hauptverbreitungsgebiete sind das westliche und nordöstliche Afrika sowie der Jemen, der Irak, Indonesien und Malaysia. Weil das Thema gesellschaftlich tabuisiert ist, ist aber von einer erheblich größeren Verbreitung auszugehen. Es wird geschätzt, dass weltweit etwa 200 Millionen beschnittene Mädchen und Frauen leben und jährlich etwa drei Millionen Mädchen, meist unter 15 Jahren, eine Genitalverstümmelung erleiden. Im Jahr 2021 erklärten UNICEF-Exekutivdirektorin Henrietta Fore und UNFPA-Exekutivdirektorin Dr. Natalia Kanem anlässlich des Internationalen Tages gegen weibliche Genitalverstümmelung, dass aufgrund der Covid-19-Pandemie in den nächsten zehn Jahren rund zwei Millionen Mädchen und Frauen zusätzlich von Genitalverstümmelung betroffen sein könnten, weil während der Pandemie Schulen geschlossen und Präventionsprogramme unterbrochen worden seien.

FGM/FGC wird an Mädchen ab dem Säuglingsalter vorgenommen, in den meisten Fällen vor Beginn oder während der Pubertät. Sie wird ohne medizinische Begründung und zum Großteil unter unhygienischen Bedingungen, ohne Betäubung und von medizinisch nicht geschultem Personal oft mit Rasierklingen, Glasscherben u. ä. durchgeführt. So ist sie meist mit starken Schmerzen verbunden, kann schwere gesundheitliche körperliche und psychische Schäden verursachen und führt nicht selten zum Tod. Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sterben 25 Prozent der Mädchen und Frauen während des Eingriffs oder an seinen Folgen.

FGM/FGC steht seit Langem in der Kritik von Frauen-, Kinder- und Menschenrechtsorganisationen vieler Länder. Sowohl internationale staatliche Organisationen wie die Vereinten Nationen, UNICEF, UNIFEM und die Weltgesundheitsorganisation (WHO) als auch nichtstaatliche Organisationen wie Amnesty International, Terre des Femmes, TARGET oder Plan International wenden sich gegen die Genitalbeschneidung und stufen sie als Verletzung des Menschenrechts auf körperliche Unversehrtheit ein, auf die mit dem Internationalen Tag gegen weibliche Genitalverstümmelung, der seit 2003 jährlich am 6. Februar stattfindet, aufmerksam gemacht werden soll.

Auf dem afrikanischen Kontinent arbeiten seit Beginn der 1980er Jahre in allen betroffenen Ländern nichtstaatliche Initiativen für eine Beendigung der Verstümmelungspraxis mit dem Verständnis von Genitalverstümmelung als Verletzung von Kinderrechten und Gewalt gegen Kinder und Frauen. Das größte Netzwerk ist das Inter-African Committee on Traditional Practices mit 34 nationalen Komitees in 30 afrikanischen Ländern und 17 internationalen Partnerkomitees in Europa, Kanada, Japan, den USA und Neuseeland.

Die Praxis ist weltweit in den meisten Staaten – unter anderem in allen Staaten der Europäischen Union strafbar. Dennoch sind in vielen dieser Staaten Mädchen, so auch in Deutschland, in Folge verstärkter Zuwanderung zunehmend bedroht. Terre des Femmes ging im Juli 2017 von mehr als 13.000 Mädchen in Deutschland aus, das sind 4000 mehr als ein Jahr zuvor, denen eine Genitalverstümmelung droht. In Österreich sind schätzungsweise bis zu 8000 Frauen betroffen, und europaweit gibt es etwa eine halbe Million Opfer; die meisten davon in Frankreich.

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