Weierstraß-Funktion
In der Mathematik bezeichnet man als Weierstraß-Funktion ein pathologisches Beispiel einer reellwertigen Funktion einer reellen Variablen. Diese Funktion hat die Eigenschaft, dass sie überall stetig, aber nirgends differenzierbar ist. Sie ist nach ihrem Entdecker Karl Weierstraß benannt. Historisch gesehen liegt ihre Bedeutung darin, dass sie das erste befriedigende Beispiel für eine nirgends differenzierbare Funktion ist. Weierstraß war allerdings nicht der erste, der eine solche Funktion konstruierte. Bereits mehr als 30 Jahre zuvor hat Bernard Bolzano eine Funktion angegeben, die Bolzanofunktion, die nirgends differenzierbar, aber überall stetig ist. Allerdings ist sein Beweis unvollständig und die Konstruktion wurde einer breiteren Fachöffentlichkeit nicht bekannt. Die überraschende Konstruierbarkeit einer solchen Funktion änderte die übliche Meinung, dass jede stetige Funktion, bis auf eine Menge isolierter Punkte, differenzierbar sei. Die Überraschung der damaligen Fachgemeinde drückt sich unter anderem darin aus, dass zu Beginn der Rezension der weierstraßschen Arbeit fast ausschließlich vom „Weierstraßschen Monster“ die Rede ist (siehe zur Geschichte dieser Funktion auch).
Seinerzeit wurde intuitiv angenommen, dass eine stetige Funktion eine Ableitung besitzt oder dass die Menge der Punkte, in denen sie nicht differenzierbar ist, „klein“ in irgendeinem Sinne ist. Frühere Mathematiker, einschließlich Carl Friedrich Gauß, haben oft angenommen, dass das wahr ist, wie Weierstraß in seiner Arbeit ausführt. Das rührt aus der Schwierigkeit, eine stetige Funktion zu zeichnen oder darzustellen, deren Menge nicht differenzierbarer Punkte etwas anderes ist als eine endliche Menge von Punkten. Die Weierstraß-Funktion widerlegt diese intuitive Annahme für jede denkbare Bedeutung von „klein“.
Es gibt jedoch Klassen stetiger Funktionen, die sich „besser“ verhalten, zum Beispiel die Lipschitz-stetigen Funktionen, bei denen die Menge der nicht-differenzierbaren Punkte eine Lebesgue-Nullmenge sein muss. Wenn man eine stetige Funktion zeichnet, dann entsteht üblicherweise der Graph einer Funktion, die Lipschitz-stetig ist und andere gutartige Eigenschaften besitzt, die nicht auf allgemeine stetige Funktionen zutreffen.
Auch die weierstraßsche elliptische Funktion und die weierstraßsche sigma-, zeta- oder eta-Funktion werden manchmal als Weierstraß-Funktion bezeichnet.