Baulärmmaschine

Die Baulärmmaschine (BLM) ist neben dem Presslufthammer, dem Bagger und der Planierraupe ein tragendes Element innerstädtischer Baumaßnahmen. Von Außen betrachtet sieht sie aus wie eine zu groß geratene Schubkarre mit vier Rädern, doch der aufmerksame Beobachter mag sich schon länger gewundert haben, dass damit nie etwas transportiert wird.

Aufbau und Funktion

Im Kern besteht die BLM aus einem aufgemotzten Harley-Davidson Vierzylindermotor, welcher von einem Schubkarrenähnlichen Metalltrichter umschlossen ist, der nach oben offen ist, wobei sich der Motor am Spitzen Ende befindet. Der Trichter fungiert aber nicht als Stauraum für Bierkästen, sondern als natürlicher Verstärker für den dröhnenden Sound des Motors. Komplettiert wird diese Vorrichtung durch einen handlichen Griff nebst vier Rädern, welche es einem einzigen Arbeiter ein leichtes machen, die Maschine von einem zum anderen Café zu schieben.

Einsatz und Einsatzort

Eingesetzt wird die BLM hauptsächlich im innerstädtischen Bereich, vor Cafés, Boutiquen, in Fußgängerzonen und auf sonst belebten Plätzen, seltener in Wohngegenden. Bei Großbaustellen wie zum Beispiel beim Sanieren einer ganzen Fußgängerzone können auch mehrere BLMs zum Einsatz kommen, da man sichergehen will, dass auch der Einzelhandel "am anderen Ende der Baustelle" seinen Teil bekommt und so keine unnötigen Wettbewerbsverzerrungen entstehen.

Sinn & Zweck

Wo mag sich nun der Zweck einer solchen Maschine verbergen, die durch ihre Vibrations denkmalgeschützte Häuser zum Einsturz bringen kann, bei dessen Sound der Putz von der Wand springt wie ein aufgescheuchtes Karnickel, die Ladenbesitzer wie Kunden durch unerträglichen Lärm in den Wahnsinn treibt, und flanierende alte Männer mit Herzschrittmacher entweder schlichtweg umbringt oder weit hinaus aufs Land treibt?

Es ist ganz einfach:
Sobald die erste, kurze Phase der Bauarbeiten, das Aufreißen der Straße/ des Platzes/ der Fußgängerzone mittels Presslufthämmern und Baggern abgeschlossen ist, tritt die zweite, längere Phase ein, in der die Arbeiter lediglich morgens (und gelegentlich auch nachts) an die Baustelle kommen um die BLM anzuschalten. Diese Phase kann von mehreren Wochen bis zu vielen Monaten, ja sogar Jahre andauern. Durch den konstanten Lärm und die Vibration, die Restauranttische wandern und Meißner Porzellan zerbröseln lässt wie Knäckebrot, entsteht der Eindruck einer geschäftigen Betriebsamkeit auf der Baustelle, welcher Stadtvätern und Investoren gleichermaßen ein feistes Lächeln auf die Visage zaubert. Den Investor freut's, weil die Kosten für das Bier der Bauarbeiter, die Opernkarten für die Politiker und den Betrieb der BLM in keinem Verhältnis zum millionenschweren Auftrag der Sanierung einer Fußgängerzone stehen; den Politiker freut's, weil er vollmundig behaupten kann "dass sich etwas tut" und "dass es vorangeht", und nachdem er noch etwas zur "Lebensqualität" gefaselt hat, kann er beruhigt in die Oper verschwinden.

Nutznießer dieses Teufelskreises sind wie immer die Pharmaindustrie (der Verkauf von Kopfschmerztabletten, Beruhigungszäpfchen und Industriewatte schnellt raketengleich nach oben) und die Einkaufspassagenlobby, denn da wo alte (nutzlose) Häuser fast wie von selbst zusammen fallen, kann man in aller Stille und recht zügig (sprich: ohne BLM) eine neue Passage oder ein weiteres Einkaufszentrum aus dem Boden stampfen, und das Stadtbild somit weiter zu homogensieren...

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