Diverses:Geruchsfalle
Ein altes Sprichwort sagt: „Därme sind noch lange keine Würste!“ - ich behaupte das Gegenteil.
Im örtlichen Informationsblatt des verschlafenen Wintersportortes ist derzeit die stolze Einweihung einer ultramodernen “Biogas-Vergärungsanlage“ publiziert. Die Stadtväter hätten sich diese Investition sparen können, da im Januar des neuen Jahrtausends ein mobiles Biogaskraftwerk mit erheblich höherer Leistung den verschlafenen Ort aufsuchen wird.
Dieser selbstfahrende Castor mit hochexplosiv-toxischem Gefahrgut hätte die Versorgung der gesamten Tiroler Bevölkerung bis ins hohe 22. Jahrhundert gesichert.
Die degenerierten Insassen dieses Fahrzeugs hatten vor Abreise ausschließlich sportliche Absichten und waren bei genauer Betrachtung zumindest biologisch als menschlich einzustufen. Dies änderte sich allerdings bei Betreten des Sondertransportes auf dem Weg von Essen nach Ischgl rapide.
Die harmlos erscheinenden Individuen mutierten in Rekordzeit, insbesondere durch den überhöhten Konsum von Gärungsflüssigkeiten, zu Furz- und Rülpsfabriken mit überproportionalen Emissionsschüben. Der chemisch-biologische Vorgang ist dabei auch für den Laien schnell erklärt:
Durch gleichzeitige Vermengung von Sauerstoff, Weizenbier und anderer diverser Alkoholika kommt es innerhalb des Magen-Darm-Traktes der Mutanten zu gastro-peristaltischen Gas-Flüssigkeitsgemischen. Die gleichzeitige Aufnahme von extrem fettreichen Nahrungsmitteln wie Schweinshaxe etc. begünstigt und beschleunigt diese chemische Reaktion und wirkt schließlich als Katalysator. Heraus kommt ein feuchtes Gasgemisch, dessen abscheulicher Geruch nicht artikulierbar ist.
Die Synthese aus Verwesungsgeruch und Buttersäure besäße dagegen das Fluidum einer wohlriechenden Sonnenblume.
Erste orale Reaktionen sind zunächst feintröpfige Heißdampfausscheidungen, die mit röhrigen Grunzlauten verbunden sind. Aus nächster Nähe ist das Gegenüber zudem mit ausgeworfenem Speichel und Essensresten konfrontiert.
Dies alles ist verglichen mit den gleichzeitig ablaufenden Rektalprozessen harmlos und fast schon hinnehmbar. Hier entsteht der blanke Horror:
Die hohe Explosivität verwandelt den Castor in eine fahrende Atombombe, wobei der unangemessene Vergleich mit kernspaltendem Material völlig untertrieben zur Farce wird. Der kleinste Funke würde das Leihfahrzeug in die Stratosphäre katapultieren.
Die Energie eines vergleichbaren Treibstoffes hätte die Schubkraft, um die Ariane zum Mond und zurück zu bringen. Nach vorsichtigen Schätzungen endete unser Erdtrabant hierbei allerdings als Meteoritenstaub.
Innerhalb des Fahrgastraumes atmen die Mutanten das ausgeschiedene Gasgemisch erneut ein, so dass sich dessen verheerende Wirkung bei voranschreitender Fahrtstrecke quasi im Umwälzverfahren potenziert. Während die Mutanten ohne den Hauch von Unrechtsbewußtsein ihre körpereigenen Exkremente gasförmig in die Erdatmosphäre pumpen, wird dies insbesondere für unbescholtene Fahrer und Beifahrer zur Folter:
In der Regel kündigt sich eine Enddarmeruption durch fanfarenartige Bläserlaute an. Feuchtklare Baritonblählaute werden innerhalb der Gruppe durch Respekt zollendes „Püh!“ gewürdigt. Steigerungen sind „Extra-" und "Mega-Püh!“; diese sind selten und nur durch echte Preßstauungen in überdimensionalen Resonanzkörpern erreichbar. Nach 100 Kilometern sind derartige Ovationen im Minutentakt hör- und spürbar.
Manchmal aber kommt der feucht-bissige Geruch schleichend und legt sich wie ein Chemoteppich Brechreiz bringend über die Atemwege der Betroffenen. Diese Form ist besonders perfide und heimtückisch, da sich das toxische Gas völlig überraschend im verschlossenem Fahrzeug entwickelt.
Über die Schleimhäute werden die Aromen absorbiert und es entsteht ein pelziger Belag in Hals- und Rachenraum, der noch Stunden anhält. Heiße Dämpfe der „Geruchsspender“ wandern in jede Körperhöhle und breiten sich auf Netzhaut und im Mundraum aus.
Das Augenlicht wird vernebelt. Hirnschäden sind unausweichlich.
Atemnot und krampfartiger Todeskampf beginnen: Von panikartigen Schreianfällen begleitet halten die Betroffen während der Fahrt ihre Schädel bei Eiseskälte aus dem Fenster. Das Durchschlagen der Seitenscheibe ist im Überlebenskampf tolerabel.
Die psychischen Schäden sind ohnehin irreparabel und nicht therapierbar, frei nach der bolivianischen Lebensweisheit: “Es ist leicht in die Nesseln zu kacken, aber schwer, es wieder heraus zu hacken...“.
Nur gefestigte Charaktere halten dieser Qual stand. Etwas labile Fahrer mit intaktem Geruchs- und Geschmackssinn sollen hier auch schon Zuflucht im Gegenverkehr gesucht haben.
Das animalisch verächtliche Gelächter der Mutanten fördert hierbei den Freitodgedanken.
Nach Ankunft im verträumten Urlaubsort können sich Fahrer und Beifahrer endlich den gleichen Gärungsstoffen widmen um schnellstmöglich das gleich niedrige Niveau zu erreichen und schließlich zu wandelnden Kampfstoffproduzenten zu mutieren.
Outbreak in Ischgl