Guide Michelin

Der Guide Michelin (etwas englischer: Michelin Guide) ist ein französischer Routenplaner aus Papier für den CO2-Bilanz-Liebhaber und Baumfeind von Welt. Vorausgesetzt, diese befindet sich in Zentral –und Westeuropa. Dieser Ratgeber gibt Auskünfte zu dem wenigen, was in Frankreich wirklich interessant ist: Dem Essen.

Hier der Guido (links), da der Guide (rechts) – marginale Unterschiede

Unterscheidung

Es gibt sowohl einen roten als auch einen grünen Guide Michelin. Der Rote ist, einfach gesagt, der mit den Sternen, also der bekann- und relevante und deshalb der im Folgenden behandelte. Der Grüne ist ein allgemeiner Touristikführer, der das Vorbild für die amerikanische Greencard war. Der Besitz ist zwar in beiden Fällen bei der Einreise nicht absolute Pflicht, wird aber wärmstens empfohlen.

Geschichte

Der erste Guide wurde 1900 vom Reifenhersteller Michelin herausgegeben, in unendlicher Wirtschaftsweisheit mit einer Auflage von 35000 Stück. Bei einem potenziellen Zielpublikum von 3000 Menschen. Doch der als billige Marketing-Übersichtskarte geplante Guide wurde zum schlauen Buch der Autofahrer, die damals bei jeglichen größeren Schäden an ihrem Fahrzeug einfach die Pferde vorspannten. Es dauerte zwar fünf Jahre bis die ganze Startauflage an den Mann gebracht war, doch Michelin arbeitete schon an einer Fortsetzung. Nicht nur der durch den Guide ausgelöste Ansturm auf die Werkstätten sollte Michelin reich machen, auch der Autofahrerratgeber war für den Aufbau einer langfristigen finanziellen Grundlage geeignet und wurde deshalb kostenpflichtig gemacht. Da um diese Zeit die politische Lage mehr als fragil war, konnte man davon ausgehen, dass der rasche wirtschaftliche Fortschritt oder eine eventuelle erneute Jakobinerherrschaft der Aktualität des Guide schneller zusetzen würden als alljährliche Rechtschreibreformen dem Duden.

Geschichte, immer wieder spannend

Weil irgendein arbeitswütiger Idealist bei Michelin meinte, dass man den Leuten für ihr Geld nun auch etwas bieten müsste, wurden auch Gastronomietipps in den Guide aufgenommen. Drei Jahre darauf wurde das Sternesystem eingeführt, das zum Standard für möglichst übersichtliche Bewertungen in allen Bereichen wurde und knapp ein Jahrhundert Benutzer in bester Manier irreführt. Das schon zu anfangs hochkomplexe System (ein Gastronomiebetrieb konnte entweder einen Stern oder keinen erhalten) wurde später noch raffiniert verfeinert, jetzt wurden auch zwei und drei Sterne vergeben. Drei Sterne wurden mit "Eine Reise wert" umschrieben, was französische Autofahrer, für die der Guide Michelin zum vollwertigen Bibelersatz geworden war, regelmäßig dazu veranlasste, Dörfer in der Provence zu überrennen, wenn dort ein hochwertiges Restaurant seine Pforten öffnete.

Im zweiten Weltkrieg kamen die Alliierten auf die Idee, den Soldaten als Orientierungshilfe bei der Rückeroberung Frankreichs den letzten Guide Michelin mitzugeben, der vor dem Krieg erschienen war. In der Tat waren die darin enthaltenen Karten nützlich, die ausschweifenden Restaurantbewertungen sorgten aber dafür, dass die Soldaten große Umwege in Kauf nahmen, um ihre Vorräte in vom Guide empfohlenen Gaststätten aufzustocken. Nachdem die Deutschen dies erkannten, lauerten sie ihren Gegner gezielt an solchen Stellen auf, was insgesamt beinahe den Vorteil zunichte machte, den die Alliierten durch die Entschlüsselung der Enigma gewonnen hatten. Die Deutschen Truppen jedenfalls vertrauten auf eine reine Straßen –und Geländekarte für Kriegssituationen, den Flakplan.

Wertungen

Die enorme Popularität des Guide (der als einziger ernstzunehmender nationaler "Führer" in Frankreich auf dem Weg zu einem tausendjährigen Reich immerhin schon die 10%-Marke geknackt hat) ist der Grund für die permanente Überhöhung der berühmt-berüchtigten Sterne-Wertungen. Die nicht zu unterschätze ist: Für den Fall das eines der Symbole, die abstrakt Himmelskörper darstellen, für das eigene Restaurant wegbleibt, drohen viele Spitzenköche mit Selbstmord und und ziehen diesen zuweilen auch durch. Es zählt nur die Ehre, und die wird in dieser Szene vom Marketingwerkzeug eines Reifenherstellers bestimmt.

Die Art der Bewertungen im Guide haben sich selbstverständlich auch über die Zeit verändert. Während in dem roten Heftchen, auf dem heute Michelin-Mann Bibendum mahnend prangt (der mit seiner Körperfülle eindeutig eher Gourmand als Gourmet ist), sich früher, in der guten alten Zeit, Perlen wie "Gemütliche Bauernklause mit Nostalgiefaktor – Hier speisen Pestkranke noch getrennt" finden ließen, sind heute die Kommentare ausführlicher und das Sternesystem sorgt für eine relativ klare Abgrenzung der Qualität:

= Heben Sie etwas Kleingeld für die Rückfahrt mit den Öffentlichen auf, die Preise werden die Verpfändung Ihres PKWs erzwingen.

= Na, es reicht nicht für den Ultra-Mega-Superreichen-Status? Keine Sorge, ein Drei-Gänge-Menü hier könnte immer noch ein Schwellenland ruinieren.

= ♫ Ein Stern, der diesen Namen trägt // und Schulden produziert // der hält dich heut' noch wach ♫

Und alles was keine Sterne hat ist ja gar nicht erst beachtenswert. Der Guide Michelin ist und bleibt halt was für die breite Masse.

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