Hotter than my Dotter
Hotter than my Dotter war der jüngste Versuch von RTL, der Frage auf den Grund zu gehen, was denn nun vorher da war, das Ei oder die Henne. Da kein echtes Huhn bereit war, ihren Nachwuchs und den eigenen Prachtkörper vor die Kamera zerren zu lassen, musste RTL auf menschliche Darstellerinnen ausweichen. Die Erfahrung hat gezeigt, dass Menschen für ein wenig Ruhm und ein paar Taler fast zu allem bereit sind.
Der Anchorman
Zentrale Figur der gesamten Sendung war Guido Maria Kretschmer. Bekannt ist er den meisten Fernsehzuschauern als derjenige, der den Frauen zeigt, wo ihr Platz in der Gesellschaft ist. Er moderiert ebenfalls die Fernsehsendung Shopping Queen, in der Hausfrauen zeigen, wofür ihre Ehemänner die ganze Kohle nach Hause bringen. Dem echten RTL-Junkie wird Herr Kretschmer als der kleine Wasserträger von Dieter Bohlen bekannt sein, der 2013 das Goldlöckchen Thomas Gottschalk als Juror bei Das Supertalent ersetzte. Dieter Bohlen hatte den extravaganten Kleidungsstil von Thomas Gottschalk schon seit längerem bemängelt und wollte mehr männlichen Touch in die Sendung bringen. Neben seinen Grinsattacken im TV ist Kretschmer auch als Uniformfetischist bekannt. Diese Leidenschaft konnte er bei verschiedenen Fluglinien, Hotels und auch bei Udo Lindenberg ausleben, indem er entsprechende Outfits entwarf. Schnell erwarb er sich den Beinamen Der Rosa General.
Die These hinter der Sendung
Vom Planungsteam wurde in einer Nacht- und Nebelaktion, bei der diverse alte Quellekataloge und eine alte Federboa zum Einsatz kamen, eine These aufgestellt. Höhere sexuelle Attraktivität verkürzt die Zeit bis zur nächsten Fortpflanzung. Daraus kann gefolgert werden, dass derjenige, der sich zuerst fortpflanzt, logischerweise auch zuerst da gewesen sein muss. Versuche, diese These auch mit männlichen Teilnehmern zu beweisen sind gründlich misslungen. Einer dieser Versuche, attraktive Söhne zu finden, endete mit dem Format Bauer sucht Frau, dessen einziger Kandidat mit Potential zur Fortpflanzung, Schäfer Heinrich, doch lieber bei seinen Schafen blieb. Auch das Format Schwiegertochter gesucht sollte die aufgestellte These unterstützen, scheiterte aber sowohl an der mangelnden Qualität der beteiligten Mütter, als auch dem modischen Gespür der Moderatorin Vera Int-Veen, deren Fachwissen nur bei der endgültigen Verschandelung von abbruchreifen Häusern zum Tragen kommt.
Das Menschenmaterial
Die beteiligten Mütter waren zu ihrer Zeit aus optischer Sicht sicher als gute Partien zu bezeichnen. Im Laufe der Jahre scheint aber deren innere Uhr ein wenig aus dem Takt geraten zu sein und nicht mehr die korrekte Zeit anzuzeigen. Der vergangenen Jugend wird mit hautengen Glitzeroberteilen und Figur betonenden Leggings hinterher getrauert. Die mittlerweile aus der Form geratene Topografie der Damen wird durch diese Kleidung in einer Art betont, die eigentlich niemand sehen möchte. Kindliche Frisuren und Schminkversuche nach Vorbild der naiven Bauernmalerei runden das Erscheinungsbild ab. Wäre der Begriff Trümmerfrauen nicht durch den Wiederaufbau nach dem zweiten Weltkrieg schon belegt, könnte man ihn an dieser Stelle vortrefflich verwenden und jeder wüsste, was gemeint ist. Bei den beteiligten Töchtern steht die unterdrückte Weiblichkeit im Vordergrund. Egal ob mit ausgewaschenen Pullovern im Schlabberlook oder mit derben Arbeiterhosen, immer wird versucht ein eher kumpelhaftes Image herauszustellen.
Und der Gewinner ist…
Zur feierlichen Siegerehrung trafen sich, am Ende jeder Sendung, die beiden Teilnehmerinnen auf einem improvisierten Laufsteg wieder. Dieser war in der Mitte durch einen Vorhang geteilt, damit der Zuschauer den Eindruck bekommen sollte, sie hätten sich gegenseitig vorher nicht gesehen. Irgendwie erinnerte diese Vorgehensweise an die Mülltrennung. Der vorher mühsam in getrennte Behältnisse einsortierte Müll wird am Ende in einer gemeinsamen Verbrennungsanlage entsorgt. Unter dem tosenden Beifall der aus allen Ecken der Republik heran gekarrten Verwandtschaft wird dann entschieden, ob Mutter oder Tochter nun the hottest woman in town ist. Selten hat der Fernsehzuschauer eine kompetentere Jury erlebt. Da ist einerseits der lange verschollen geglaubte Onkel, der seine besten Jahre in einer Besserungsanstalt im Bayrischen Wald verbracht hat und andererseits die aus einer inzestösen Beziehung stammende Cousine, die jetzt ihr fachliches Urteil abgeben darf. Das gesamte Voting wird begleitet durch den immer grinsenden Guido, der durchaus die Rolle der Grinsekatze aus Alice im Wunderland verkörpern könnte, wenn er denn behaarter wäre.
Kritik
Das anerkannte Fachblatt für Evolutionsbiologie, die BILD-Zeitung, brachte mit der Schlagzeile Kretschmer, du Ei! treffend auf den Punkt, was im zugehörigen Artikel in der gewohnt neutralen Art untermauert wurde. Vorgehalten wurde Kretschmer unter anderem, die durchaus vorhandenen Vorzüge reifer Frauen nicht genügend herausgestellt zu haben. Die BILD unterstellt ihm damit, auf den allgemeinen Zug des Jugendwahns aufzuspringen und damit die abschließende Bewertung zu beeinflussen. Außerdem gäbe es in der Sendung zu wenig Titten. Die Heimatbasis von Alice Schwarzer, wenn es um den Krieg gegen die Männlichkeit oder andere feministische Kämpfe geht, die Zeitschrift EMMA nahm ebenfalls für Kretschmer und seinen Eiersalat einen Artikel in eine ihrer Ausgaben auf. Kretschmer wird hier als Chauvinist angeklagt und natürlich sind dem Magazin zu viele Titten im Spiel. Es wird gefordert, sowohl über diese Weiblichkeitsmerkmale, wie auch über Kretschmers Kopf, schwarze Balken ein zu blenden.