Lafer!Lichter!Leck mich!

Existentielle Bedürfnisse treiben in der medialen Zubereitung manchmal seltsame Blüten. Das, was bereits vor Jahrzehnten an sexistischem Unwitz und dümmlicher Selbstbeweihräucherung aus dem TV verdrängt gewesen zu sein schien, überlebt scheinbar unbeschwert in den Nebelschwaden des Kochnischen-Programms. Dabei ist es nicht nur der Inhalt, der schon längst das Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten hat, auch die Protagonisten sind fern des anderweitig propagierten guten Geschmacks. Und keinen stört es, am wenigsten das grenzdebile Publikum, das wie eine Wal-Mart-Belegschaft nach der allmorgendlichen Gehirnwäsche begeistert jeden Dünnschiss beklatscht, wenn er nur vorher konkludent als lustig gekennzeichnet wurde.

Horst

So sieht sich Johann am liebsten, als Zauberlehrlingmeister!

Horst, bekennender Mundart-Hausschwein-Flüsterer und schielender Anbeter von "Läckerschän" mit zwei oder vier Beinen hat sich bereits vor Urzeiten dem modernen Trend unterworfen, sich als Hygieneregel einen riesigen Bart wachsen zu lassen, damit die Speicheleinflugschneise auf 0 reduziert wird. Da ist das eine oder andere Härchen, das in der Suppe landet, leicht zu verschmerzen, verdirbt den Brei nicht und gehört ja eigentlich zum Geschäft. Ob der Horst aber vielleicht auch nur aus Faulheit diese Popelbremse trägt, bleibt unklar und - mit dem zugehörigen Weichgaumengeplapper - unerträglich.

Johann

Wenn einer ohne Punkt, Komma und auch tieferen Zusammenhang spricht, ist das der Johann. Maschinengewehrartig reiht er grinsend Halbsatz an Halbsatz, die er oft mit österreichischer Höflichkeit im Klangkörper Horsts ersticken lässt. Es ist aber auch sehr praktisch, wenn man nicht verstanden wird und sich rechtzeitig ducken kann, um das Sößchen weiter zu bearbeiten. Faule Tomaten will außerdem auch keiner! Dann leiert er seine Stimme in Vorzeige-Österreichisch aus dieser konzentrierten Stellung mal leiser und mal lauter heraus und herunter. Dabei gewinnt sie aber dann einen beschwörerischen Grundton, wenn es um die perfekte Zubereitung der gerade verwendeten Zutat geht, wer vorgestern in seinem Restaurant war, wo glückliche Kühe herkommen und dass er in ca. 37 Minuten mit dem Hubschrauber zum nächsten Sektgrillfrühstückchen vis a vis der Loreley oder zum Kaviardessoussnack bei Rach im Hamburger Tafelhaus oder zum pfundigen Pfifferlingssteak in gekühlter Joghurtsoße an Kressepotpourrie in das Wolfsburger „Aqua“ zu Sven Elverfeld unterwegs sein wird. Die verbleibende Zeit zur Selbstproduktion ist gering und Lichters präkopulatives Gehabe zu geräuschvoll, um Gelegenheiten verstreichen lassen zu können.

Das Programm

Horst und Johann mit Geschmacksverstärker Alkohol, Comedian und Chansonette

Das Programm ist denkbar einfach, denn anders als bei vielen anderen Fernsehkonzepten tun die Darsteller das, was sie können bzw. so verkaufen können, als könnten sie es. Dabei streicht Horst seine Segel mit der Farbe der hauswirtschaftlichen kölschen Unbedarftheit vor der unheilvollen Aura der Michellin-Kampfsterne Johanns und konzentriert sich auf vermeintlich einfache und leckere Rezepte. Gern vernachlässigt er etwas die Optik wie auch den regelmäßigen Austausch des Probierlöffels. Essen müssen eh die andern. Und es ist ja vor allem LECKER! Da kann man einiges verschmerzen. Da puhlt man sich gern auch mal ein Überbleibsel des letzten Probierens aus dem Zwiebelkartoffelbrei mit Kasseler Braten und braunem Sößchen. Das kommt der Mitnahmementalität des Publikums entgegen: "Mensch, für 20 Euro ne Karte zur Kochshow und dann noch satt werden!!" Johann, der zweieiige Zwilling von Horst, ist hingegen der Quotengourmet der Sendung. Er hat jahrelang versucht, „läckar Zwiebelsuppe“ „fein Bratkartöffelschen mit Härring“ oder „Amerikana als Lollipoppp“ herzustellen, aber das Filetfleisch ist willig und der Geist so schwach: Er schafft es einfach nicht, einfach zu kochen. Aus dieser Dialektik bezieht diese Sendung ihren zweifelhaften Reiz. Da, wo Horst lustig Pfeffer und Salz aus dem Handgelenk über die Speisen schüttet, garniert Johann sich fast zu Tode, da wo Horst „enn bisschen Pappricka“ noch „drumrum“ legt, „weil ett besser aussieht“, setzt Johann mit dem Pürierstab an und umkränzt zwanghaft die kross angebratenen Rindfleischmedaillons mit geflochtenen Strängen Petersilienkartoffelbreis. Er kann seine pervertierte Ausbildung nicht so leicht abschütteln wie der Horst sein Gewürzhändchen über dem Paprikahähnchen. Für ihn gibt es kein schwarz und weiß mehr, kein „baba“ und kein „lecker“, sein Geschmacksempfinden ist in den Ewigen Gourmet-Jagdgründen von „grünlich“ bis „hintergrund-pikant“ „obstig-exquisit“ und „eigentlich hervorragend bis auf die kleine Härte im Anbiß“ entschlafen. Bei Horst gibt es neben "läcker!" - auch auf die Kochpartnerin anwendbar! - nur „richtisch dursch“, „kernisch“, „Lust auf mehr“ „reinsetzbar“, aber genauso wenig wie bei Johann das Geschmacksempfinden für „peinlich“. Ob die Macher dieses ungleiche Gespann bewusst als Doppelladung für masochistische Fremdschäm-Gelüste bzw. als eine Komplettlösung für Küchenfahnenflucht beider Läger anbieten, darf in Frage gestellt werden, ist aber praktisch: Falls einem die kölschen Frikadellen zu doof sind, kann man sich schnell als Gourmetfreund ausgeben, der es ja noch nie wirklich mit der "einfachen Küche" gehabt hätte und wenn einem das dentale Lächeln des Alpenweißkittels zu albern ist, kann man sich bequem auf die kölsche Gastfreundschaft bei Rotwurst und Zwiebelringen beziehen und den Arsch der Partnerin betatschen.

Die Zubereitung

Da die Paarung also gegensätzlicher nicht sein könnte, geht man gut gerüstet in den Kampf – mit einem Rezept, dass mit kölscher Banalität Gourmetraffinesse die Show stehlen soll und einem Fünf-Sterne-Menü, das Lichters Gekoche in den Dunstkreis einer Mc-Donalds-Küche zu bringen vermag. Natürlich scheint alles nicht ernstgemeint, im Magen kommt eh alles zusammen, so wie man ja zusammen lacht und die doofen Witze haben ja keinen satirischen Fallstrick. Doch blickt man in diese verbissenen, verschwitzten Gesichter, beginnt man an der Leichtigkeit dieser Fernsehkost zu zweifeln. An ihrer Seite befinden sich immer zwei Partner ihres Vertrauens, die in dieser luftig-lockeren vor Freundlichkeit, Nicklig-, wie Nichtigkeiten aufgedunsenen Atmosphäre die tumben Vorlacher für kumpelhafte Ellbogenchecks stellen. Sie sind aber nicht nur Flachwitzelitis-Claqueure für humoristische Anwandlungen, sondern sie werden auch gern als Schießbudenfiguren, wenngleich auch mit verklärendem Hentai-Charakter selbst für beißenden Spott missbraucht, um einen Basispunkt für die Souveränität und Überlegenheit der Fernsehköche bilden zu können. Dies wurde dem als "Schulhofprinzip" bekannten Konzept mittelmäßig aussehender junger Damen entlehnt, sich mit noch hässlicheren Freundinnen abzugeben, um selbst Eindruck schinden zu können. Unter den Blinden ist der Einäugige halt König und unter den Campingkochern die Einbauküche auf Abstottern. Nur böse Zungen berichten davon, dass die Lückenbüßer Idealbilder für Johann oder Horst darstellen, also so, wie sie gerne selbst wären.

Daneben gibts Tipps für das perfekte Anschwitzen von Gemüsezwiebeln, das Entgräten von Heilbutt oder das mobile Karamellisieren von winzigen, gezuckerten Desserts. "So hat sich Deutschland künftig zu ernähren, aber ihr könnts ja doch nicht!", klingt es dann doch aus jedem abgezählten Fettauge. So wird das Publikum in eine ehrfurchtsvolle Haltung hineinmanövriert, doch die mit viel Fachbegriffen, also mit Bedacht zubereite Unfähigkeit vermag es sich einfach wieder wegzulachen.

Die Seiten-Airbags

Kleber bei einer Umfrage: "Haben Sie Frau Gause gesehen?"

Nimmt man beispielsweise die von der Nachrichten-Papageienstange geholte Gundula Gause, die von Horst ausgewählt wurde, um das Programm "zu bereischern", soll zunächst wohl schon allein der Umstand Eindruck schinden, die mit ihrem Claus Kleber als unzertrennlich geltende burschikose Meisterin des künstlichen bzw. künstlerischen Lächelns ohne ihn vor die Kamera bekommen zu haben. Die stets hochkonzentriert blickende Zettelhalterin schafft es als einzige Frau der Welt, mit heruntergezogenen Mundwinkeln zu lächeln. Ob es eine einklagbare Berufskrankheit oder ein in Professionalität verkümmerter Restcharme ist, bleibt ungeklärt. Jedenfalls scheint sie abseits der Nachrichtensoufflierei in einer zwanghaften Gegenbewegung zur üblichen Motorik jede Information in sich aufzusaugen, was jedenfalls ihre Mundbewegungen suggerieren, wenn sie dem Lichterschen Kanaillenkölsch zuhört. Geübt im Freischwimmerbecken fernsehtüchtigstem Vorzeigedeutsch, aber eben nicht mit Dialogen vertraut, kaut sie ihre Antworten portionsweise heraus. Trotzdem wirkt sie so viel überlegter gegenüber dem ungestüm scheinenden Horst. In seiner Bauernschläue hat Horst aber für ein geklärtes Hauptterrain gesorgt: die Dame kann ja überhaupt nicht kochen! Ein Refugium, in das er sie stets zurückziehen könnte, wenn ihm innerhalb kürzester Zeit sekundäre Konjugationen in ihrer perfekten Anwendung oder eine üppige Vielzahl von Relativpronomen, bei denen Horst noch nicht einmal etwas von ihrer Existenz weiß, um die Ohren geflötet werden: "Relativsätze sind doch Sätze, wobei datt Wort "Relativ" vorkommt....also....relativ gut durchgebraten...relativ kalt....relativ teure Zutaten" - ja, das und noch viel mehr!

Daneben steht der Mann, dessen pseudowissenschaftlich aufgezogene Dokumentationen vor allem über Hitler vor Neugier, obsoleter Duzfreudigkeit, Sensationssüchtigkeit und konstruiertem Insiderwissen strotzen, was mit von ihm selbst erwähnter Distanz überwürzt insgesamt geschmacklich perfekt neutralisiert wurde. Im Endergebnis sieht es also aus wie eine Wochenschau-Propaganda, ist wissenschaftlich auf Dschungelbuch-Niveau und schmeckt wie eingeschlafene Füße. Man kennt das von halbgaren Tierdokus, wo man halb angewidert von der Wildheit und Brutalität, und halb bewundernd beeindruckt von der schieren Einzigartigkeit des Rote-Liste-Status, von Freiheit und Kraft, das Auge vom anvisierten Zootier nicht abwenden kann, wenn es nicht auf dem Teller landen soll.

Das deutsche Publikum und vor allem die rechtsextreme Szene, die ihn anfangs als einen der ihren ansah, hat seinem Tun deshalb viel zu verdanken. Noch nie war man intimer mit Hitler und seinem Umfeld vertraut gemacht worden. Noch nie war das Wissen um die Nazivergangenheit für den Alltagsgebrauch modischer und für diese gewisse Klientel unauffälliger geworden. Durch Knopps Aufbauarbeit kann man vortrefflich auf Burschenschaftsabenden oder nach DVU-Podien mit braunen Anekdoten prahlen und sich während kritischer Diskussionen mit Normalvolk behaupten. Nun wissen alle um Speers introvertiertes Revoluzzertum, Hitlers Süßigkeitenwahn oder Eva Brauns bevorzugter Schlüpferfarbe. Und dass Hitler am Krieg schuld ist. Er allein. So wie Gundula mit roboterhaftiger Homogenität an ihrem Sessel klebt und emotionslos auch über den finalen Atomschlag berichten könnte, so scheint Guido als Propaganda-Mitarbeiter, der die offizielle NS-Berichterstattung in eine Big-Brother-Atmosphäre zu tauchen versteht:Adolf ist rausgeflogen, nur nicht nach Südamerika!


"Ist der, der sich beruflich tagsüber in solch abartigen Bunkerkellergewölben und perversen Gedankengebäuden aufhält und reichlich Überstunden macht, überhaupt noch lebensfähig? " fragt man sich. Antwort: Na klar! Solange ihm ein Fernsehkoch zur Seite steht!

Beispiel

Gundula und Führers erster Fernseh-Biograph Guido Knopp stehen also als Seitenaufprallschutz neben den Hauptdarstellern und stellen ihre Rezepte vor:

Gundula: "Ich kann gar nicht kochen, mein Mann und meine Kinder finden das aber toll. (Unterdrücktes Lachen im Publikum) Also - sie kommen damit gut zurecht, weil sie selbst einigermaßen kochen können" *lächel*
Horst: "Tja, da soll man meinen, watt macht die dann hier? Aber...."
Johann murmelt: "Besser nicht kochen als schlecht kochen!"

BRÜLLER!

Gundula: "Ich hab ja nie Zeit...!"
Horst mit einem "Jetzt sag Deinen Satz auf"-Blick, die tastende Hand um ihre Hüfte schlingend: Ja, ja, Jundula, bis auf....."
Gundula: "Richtig! Ich kann Farfalle mit Gorgonzolasoße" - sich lächelnd aus dem eisern-geilen Griff Horsts befreiend
Johann murmelt mit abgeknicktem Nacken: "Sonst nichts? Wovon leben Deine Kinder?"
Gundula: "Ich sage ja, dass sie sich selbst gut versorgen können. Nicht nur mit Cornflakes..."
Horst: "Trocken Brot macht Wangen rot! Hamse Dir die jetzt weggeschminkt?
Johann lautlos lächelnd wartet darauf, seinen Gast vorstellen zu können.
Horst:" Johann, willste noch was sagen?"

BRÜLLER!

Johann: "Ja, gäh, stell Dir vor, ich hab auch einen Gast"
Horst: "Datt jibbt ett doch nett", zwinkert zum Publikum...


Johann: "Ja, doch, ich freu mich sehr, dass er da ist, es ist Guido Knopp, Professor, Professor Doktor Guido Knopp, er hat Zeit gefunden mit uns etwas Leckeres zu kochen. Wir werden eine Zuckermelonensuppe mit geeistem Pfefferjoghurt und Tandoori-Spießen und Lammstelzen im Bohnen-Kräuter-Sud zubereiten. Das ist ganz einfach, Wichtig ist einfach nur, sich an ein paar kleine Dinge zu halten, erster Punkt Qualität!, zweiter Punkt, wenn Obst verwendet wird, wie bei unseren Schattenmorellen, immer sauber abtropfen lassen, sonst hat man so eine Matsche. Immer wieder sieht man so etwas. Es ist schrecklich. Nun nehmen wir Pfefferkörner, hier, so, eine Handvoll, die nehmen wir und rösten sie in einer Pfanne an und dann - ohne Fett natürlich - "
Horst: "Lecker?!!! Datt iss ja mein Terräng (Terrain)"

BRÜLLER!

Johann: "HähähähähähähähäHähähähähähähähäHähähähähähähähäHähähähähähähähä"

Guido scheint nicht zu verstehen, warum die Leute lachen, lächelt aber.
Gundula:"Und ich kann einen Kuchen backen"
Horst: "Jaja, Jundula, nu kochen wir erst mal...später können wir immer noch andere Sachen machen (dicker Zwinkerer)..."

BRÜLLER!

Das scheint Gundula nicht zu verstehen.
Horst: "Ach ja, bevor isch ett verjesse, wir machen heute.." (eifrig nickend um Zustimmung buhlend): N Seelaxfille mit Zwiebel-Kartoffelstampf und Amerikaner-Lollis, die Lollipopps tun wir abba backen, verehrte Damen und Herren...was janz Besonderes...!"

Guido hat bis jetzt kein Wort gesprochen, lächelt aber immer noch.
Johann: Na...Guido (testet unsicher-höflich, ob Guido das schnell vor der Sendung vereinbarte "Du" wirklich nichts ausmacht)...was kochst Du zuhause selbst? Inwieweit kann man Dich hier belasten?"
Guido - wie von einem Werbeplakat grinsend: "Ich komme nur in die Küche, um zu essen und den Müll rauszubringen! Wenn man mir etwas erklärt, muss man gedudldig sein, ich bins aber auch" (lässt die Arme schlaff herunterhängen)
Johann: "Ah...verstehe!"
Guido: "Si...Du verstehst das? Meine Frau aber nicht, darum muss ich ja auch immer den Müll..."
Horst hineinplappernd: "Ja, dann könnt ihr Eusch ja die Hand geben! Nä, Jundula?!"

BRÜLLER!

Horst ergreift lüstern die Hand (Handschuhgröße L) Gundulas.
Johann: "So, jetzt machen wir mal weiter. Es ist ja furchtbar mit Euch. Guido, Du bereitest mal diese Zuckermelone vor, die wird aufgeschnitten (gibt sie Guido in die Hand, der sie einfach teilen will) - ABER! HALT! Doch nicht so! (Guido wird Messer und Melone aus der Hand gerissen) Das sieht doch nach nichts aus! Gib mal her (Gelächter)! Denken Sie immer daran, meine Damen und Herren, das Auge isst mit, sogar unabhängig vom Inhalt. Da kann ich ein Lied von singen! Also, Sie nehmen das Messer und setzen es oben an und ZACK! schneiden ein zackenförmiges Muster hinein, sehen Sie zu, dass die Zacken immer gleich lang sind, ZACK! damit das sauber aussieht und nehmen Sie zuhause bloß ein scharfes Messer, so Guido, zack zack! Wenn Du das gemacht hast, hebst Du vorsichtig den "Hut" der Melone ab, legst ihn beiseite, wir brauchen für die Melonensuppe ja das Mark, das kratzt Du vorsichtig mit dem Löffel (legt ihn ihm hin wie ein Lehrer den Füller) aus den beiden "Hälften" heraus"
Horst: "Wenn man Johann so sieht, glaubt man janischt, datt der so authoritär sein kann!"
Johann: "Mach weiter!"

BRÜLLER!

Gundula wie ein Schulmädchen in einem japanischen Film fragend: "Mach ich das richtig so?"
Sie schmilzt gerade Crème fraîche und Gorgonzola in einer Pfanne und natürlich angesichts Horsts Komplimente...dahin...
Horst: "Du machst alles rischtisch, Jundula!"

BRÜLLER!

Horst: "So - jetzt tun wir wass Milsch und Brokkoliwasser dabei, um den Geschmack zu verfeinern!"
Gundula etwas entsetzt: "Das mach ich zuhause aber nie so!"
Johann grinst.
Horst: "Du nicht, WIR ja!"

Horst sieht prüfend in den Topf: "So, Jundula, bis datt datt jetzt fertisch ist, kümmern wir uns um die Kartoffeln, sie sind jeschält, jewaschen, liebe Zuschauer..."
Johann: "Du auch?"

BRÜLLER!

Horst geht nicht darauf ein:" So Gundula, Du nimmst jetzt diese Zwiebeln und schneidest sie in kleine Ringe. Guck, so!" (macht noch gefühlte 5 Minuten weiter)
Gundula: "Du bist ja fertig!" Horst: "Ha! Nee, nee, ich hab hier ja noch ein paar, zu früh gefreut! Und weilde so fresch warst, schütte isch die Kartoffeln ab und Du stampfst sie - Guido, das machste aber toll"
Guido hält sich zäh-bemüht an die Aushöhlanweisungen Johanns, die dieser ewig grinsend - kaum merklich – mit scharfem Auge kontrolliert. Guido lächelt weiter und füllt das ausgehölte Melonenmark in die Joghurtbecher, während Johann Guido das erste Mal aus dem Auge lässt und sich zu den Lammstelzen herumdreht.
Johann: "Lammstelzen, meine Damen und Herren, sie sind von mir mit den Gewürzen, Suppengemüse, Sternanis, Pfeffer, Koriander, alles zerstoßen, grob zerstoßen, eingerieben worden. Wie das hier duftet! Wir haben einen Schnellkochtopf, mit Öl, nicht zuviel, in dem wir die Stelzen anbraten werden, worauf man achten muss: nur kurz auf große Flamme stellen..."
Gundula: „Ist das so richtig?“ bückt sich deutlich über den Topf und walkt mit dem Stampfer durch den Kartoffelbrei, Horst besieht sich ihr herausgerecktes Hinterteil – verzweifelt hofft sie noch, dass Horst sie nicht angrabscht, sondern auf ihre Frage eingeht…
Horst:"Stelzen – Johann?"
Gundula tänzelt lautlos, hat aber nur eine begrenzte Beckenbandbreite zum Ausweichen vor Männerhänden - das ewige Rumsitzen!!
Johann: "Ja, bei uns sagt man Stelzen und bei euch Haxen oder was weiß ich" (lacht künstlich)
Horst: "Nee, Haxn sagt man nur im bayrischen Ausland!". Gundula lächelt unglücklich..

Ein Raunen geht durchs Publikum, diesmal aber nicht aufgrund einer erfolgreichen Therapie von Zoteninkontinenz: während der Lach- und Denkpause hat Guido wie beim Kindergarten-Kochtag die zuvor noch vor seinen Augen bedeutungsvoll langsam hin- und hergedrehten hohlen Melonenhälften dem Mülleimer überantwortet.
... Man denkt kaum, dass so wenige Leute so einen Lachlärm verursachen können.
Johann zynisch lachend und Kopf schüttelnd, aber in seiner Duckhaltung verbleibend: „Mei, woshostendogmacht???? Des hätt ma doch noch braucht!!!!!“
Guido ringt nach Worten - und Johann schier ewig grinsend mit seiner Fassung - bleibt aber seelenruhig: „Ich bin lernfähig – für die Zukunft weiß ich das. Ich dachte, dass bei so einem einschneidenden Ereignis der Kürbis … ich dachte…“

Horst hats auch schon gemerkt: Also, nee, da schmeißt der datt Käppschen vom Kürbis weg…“
Guido: „….also immer, wenn wie in Nürnberg damals alte Zöpfe abgeschnitten werden, geht’s doch nicht mehr als um Symbole...ok, mag ein schlechtes Beispiel sein...auf jeden Fall ums Lernen…ok...darum bin ich ja hier...im Zweifel"
Horst: „Datt Lernen hört nie auf!“

-

Ein schlechtes Wortspiel später würzt Johann ungeschickt-lakonisch dazu: „Wir verwerten alles – hähähähähähähähä….“ (schnell leiser werdend), während wieder einmal ein unbeschreibliches
(man ahnt es...)
durch die Menge brandet. Er stellt hastig Gläschen auf die Anrichte, die das köstliche Gut aufnehmen sollen.

Es ist angerichtet

Ja, nun ist etwas angerichtet worden! Trotz zahlreicher Irrungen und Wirrungen hat die Professionalität im Küchenbetrieb gesiegt: Vollgekleckerte Tellerränder werden durch am Gürtel getragene Tücher abgewischt, wie der gewichste Schnurrbart Horsts und entsorgte Kürbiskäppchen wurden geschickt durch schicke ALDI-Gläschen ersetzt oder aus dem Glaswaren-Shop um die Ecke zu 19,95 €, weiß keiner, interessiert auch keinen: wichtig ist ja immer der Inhalt, wenn das Auge bereits satt ist und erst wenn das Medium keinen Inhalt hat, dann zählt das Aussehen. Im Zweifel das von gestandenen Männern, die so erfolgreich sind, dass sie den ganzen Tag lachen möchten. Lachen ist ja ansteckend, Erfolg leider nicht. Aber das Publikum gibt sich bereits mit guter Laune zufrieden, weil alles bei aller vermeintlicher Lockerheit doch bieder seriös und glaubhaft war. Einzig allerdings verbleibt die Hoffnung, dass nach der Wiedergeburt der zahllosen gefilmten Hausfrauen-Zaubereien aus den Fünfzigern und den Finessen eines Paul Bocuse aus den Siebzigern, dass nach der vielgestaltigen Auferstehung der Hand- und Heimwerkerriege auf zahllosen Unterklasse-Sendern, um die Sendezeit zu füllen, nicht auch noch andere Branchen auf den Fernsehschirm drängen.

Nicht auszumalen, wenn die Bestatterzunft künftig das perfekte, wenn auch das letzte Dinner für die Zuschauer sendetüchtig machen: "So halten Sie Ihre Leiche länger frisch" oder "Schminktipps für matschige Verstorbene". Aber wenn es doch so kommt, mag man sich damit trösten, dass einem letztlich der schlechte Geschmack einfach abgeschafft wird, wenn man nur noch auf harten Brotkanten herumkaut und sich alles in eine Trauerbegleitung für glückliche Erben auflöst. Mahlzeit!

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