Roter Zwerg
Als Rote Zwerge bezeichnet die Astronomie Sterne, die klein und rot sind.
Charakteristik
Rote Zwerge gehören zu den ältesten noch aktiven Sternen. Zum Zeitpunkt ihrer Entstehung war die heute bevorzugt eingesetzte Kernfusion von Wasserstoff noch nicht erfunden, so dass man auf die konventionelle Verbrennung fossiler Brennstoffe zurückgreifen musste. Daraus ergibt sich im Vergleich zu modernen Sternen wie der Sonne ein deutlich abweichender Aufbau. Während bei fusionsbasierten Sternen die Energiegewinnung im Kern stattfindet, muss der Brennstoff bei Roten Zwergen – meist überwiegend Kohle – an der Oberfläche verbrannt werden, da sonst keine Luft heran kommt. Das hat Vor-, aber auch Nachteile. Eine der physikalisch zwingenden Konsequenzen besteht darin, dass bei zunehmender Größe und Masse das Verhältnis der brennenden Oberfläche zum Gesamtvolumen immer schlechter wird, d.h. größere Zwerge liefern eine relativ gesehen schlechtere Licht- und Wärmeausbeute; im Zweifelsfall wäre es also klüger, zwei kleinere Sterne anzulegen als einen größeren. Im Gegensatz dazu wird der aktive Kern bei Wasserstoffsternen mit zunehmender Masse nicht nur größer, sondern wächst sogar überproportional an und kann im Extremfall theoretisch größer werden als der Stern selbst, was insbesondere bei so genannten Lautstarken Blauen Veränderlichen zu heftigen Turbulenzen führt.
Im Vergleich dazu sind Rote Zwerge extrem ruhig, zuverlässig und umweltfreundlich, sieht man von den horrenden Mengen Kohlenstoffdioxid ab, die bei der Verbrennung der Kohle emittiert werden. Die Oberflächentemperatur ist mit 1000 bis 2000 Kelvin vergleichsweise niedrig und verleiht dem Roten Zwerg das namensgebende rote Glühen.
Aufbau
Der idealtypische Rote Zwerg ist eine Kugel aus Kohlenstoff mit einer Masse zwischen 10 und 20 Prozent der Sonnenmasse und 15 Prozent des Radius. An der Oberfläche liegt eine wenige Meter dicke Schicht glühender Kohle, die unter Aufnahme von Luftsauerstoff zu Kohlenstoffdioxid verbrennt, das in den Weltraum abgegeben wird. Dabei werden allmählich die darunter liegenden Kohlenschichten frei und verbrennen ebenfalls, bis die Kohle vollständig aufgebraucht ist und der Stern unspektakulär verschwindet. Eine Nova oder Supernova findet nicht statt.
Gibt es im Sterneninneren Einschlüsse von Erdgas oder Öl, das vom langsam nach innen vordringenden Feuer erreicht wird, kann sich dieses explosionsartig entzünden und mehrere Kilometer große Stichflammen erzeugen, die so genannten Flares, die die Leuchtkraft des Sterns kurzzeitig deutlich erhöhen können. Als zweite Ursache plötzlicher Helligkeitsschwankungen sind Windstöße zu nennen, die die Sauerstoffzufuhr erhöhen und somit die Verbrennung vorübergehend beschleunigen.
Umgekehrt kann es auch vorkommen, dass Rote Zwerge nicht brennbare Materialien enthalten, die sich auf der Oberfläche als dunkle Flecken abzeichnen. Sammeln sich zu viele davon an, reicht die Luftzufuhr nicht mehr aus und es kommt zu einer unvollständigen Verbrennung mit starker Rauchentwicklung und gegebenenfalls auch Geruchsbelästigung. Schlimmstenfalls wird das Feuer ganz erstickt, ohne dass der Kohlenstoff im Inneren vollständig verbraucht wäre – zurück bleibt ein erloschener, so genannter Schwarzer Zwerg, der aufgrund seiner geringen Größe und fehlenden Lichtentwicklung von der Erde aus kaum zu beobachten ist. Im Unterschied dazu ist ein Brauner Zwerg ein kleiner Kohlenstern mit sehr schwacher Leuchtkraft; es wird vermutet, dass es sich um das Anfangsstadium der Roten Zwerge handelt, deren Kohle noch nicht entfacht ist und bei denen bis dato nur der Grillanzünder brennt.
Leben
Die alles entscheidende Frage, ob das Leben auf etwaigen Planeten Roter Zwerge möglich wäre, ist Thema einer ausgedehnten Kontroverse. Aufgrund der hohen Lebensdauer und der gemäßigten Aktivität sind sie prinzipiell geeignet, um Leben auf ihren Planeten hervorzubringen. Allerdings müsste ein solcher Planet wegen der relativ schwachen Licht- und Wärmestrahlung Roter Zwerge den Stern in sehr geringem Abstand umkreisen, um ausreichend Wärme abzubekommen und somit fließendes Wasser und andere lebenswichtige Annehmlichkeiten bieten zu können; die Astronomie spricht in diesem Zusammenhang davon, dass die „habitable Zone“ sehr eng um den Stern herum liegt. Diese Nähe ist jedoch auch mit Gefahren verbunden. Das Feuer der Roten Zwerge zeigt einen regen Funkenflug, der für leicht entzündliche Gasplaneten wie Jupiter fatal ist, wenn der Abstand zu gering ist, um ein sicheres Verglühen der Funken vor Erreichen des Planeten zu gewährleisten. Tatsächlich sind alle Planeten, die man bis dato bei Roten Zwergen gefunden hat, große Gasplaneten, die sich weit außerhalb der habitablen Zone befanden. Man vermutet, dass näher am Stern befindliche Planeten zwischenzeitlich existiert haben, aber inzwischen verbrannt sind. Aus diesen Gründen hielt die Wissenschaft es lange Zeit für nahezu ausgeschlossen, dass Rote Zwerge bewohnbare Planeten haben könnten. Die jüngere Forschung ist jedoch aufgrund besserer Teleskope optimistisch, dass man in naher Zukunft mit Hilfe noch besserer Teleskope auch Gesteinsplaneten bei Roten Zwergen finden könnte, die die ganze Zeit schon da gewesen sind, aber nur zu klein waren um entdeckt zu werden. Gesteinsplaneten haben den unschätzbaren Vorteil, dass sie zunächst nicht brennbar sind. Ein üppiger Pflanzenbewuchs wäre zwar weiterhin stark brandgefährdet, allerdings würde ein großer, den Planeten umspannender Ozean möglicherweise einen geeigneten Lebensraum oder zumindest ausreichend Löschwasser bereitstellen.