Adriaan van Roomen, latinisiert Adrianus Romanus (* 29. September 1561, möglicherweise in Löwen, damals Spanische Niederlande; † 4. Mai 1615 in Mainz) war ein flämischer Mathematiker, Mediziner, Anatom und Hochschullehrer.

Leben

Adriaan van Roomen studierte am Jesuitenkollegium in Köln und Medizin an der Universität Löwen. Er war auch 1585 in Rom bei Christophorus Clavius. Nach Abschluss seines Studiums in Löwen und Beendigung seiner Studienreisen ließ er sich zunächst als Arzt in Huy nieder.

Von 1586 bis 1592 war er Professor für Mathematik und Medizin in Löwen und danach in Würzburg, wo er Mathematiker am Domkapitel war. Er heiratete Anna Steegh, eine Nichte von Gottfried Steegh, dem Leibarzt des Fürstbischofs Julius Echter von Mespelbrunn, wurde gemäß den 1587 herausgegebenen und 1593 ins Leben getretenen Statuten der Würzburger Medizinischen Fakultät am Juliusspital, deren erster Professor der Medizin, Zweiter Leibarzt von Julius Echter und lehrte unter anderem Anatomie. Er stand mit Johann Reinhard Ziegler, Tycho Brahe und Johannes Kepler in Verbindung. Letzteren traf er 1600 in Prag. Zu seinen Schülern in Würzburg zählen Henning Scheunemann und Willebrord van Roijen Snell. Sein Nachfolger als Ordinarius für theoretische Anatomie wurde 1604 bis 1605 Hermann Birckmann (auch Birkmann; † 1631), gefolgt von Wendelinus Jung, der bei van Roomen mit der Dissertation De simplicium medicamentorum facultatibus 1601 promoviert worden war. 1604 wurde er zum Priester geweiht und 1605 verlieh ihm Kaiser Rudolph II. den Titel eines kaiserlichen Leibarztes. Er lehrte ab 1610 Mathematik im polnischen Zamose.

Aus Freundschaft mit Ludolph van Ceulen erwuchs seine Beschäftigung mit der Bestimmung der Kreiszahl Pi, die er 1593 auf 16 Dezimalstellen bestimmte. Er befasste sich auch mit Trigonometrie und kritisierte die Genauigkeit der 1596 postum veröffentlichten trigonometrischen Tafeln von Rheticus. Er erzielte auch auf Pappos aufbauend Resultate über Polygone mit maximalem Flächeninhalt bei gegebenem Umfang (Isoperimetrisches Problem).

Er schrieb einen Kommentar zur Algebra von al-Chwarizmi, die einzigen beiden bekannten Exemplare wurden aber im Ersten Weltkrieg (Brand der Bibliothek von Löwen) und Zweiten Weltkrieg zerstört.

Bekannt ist er durch einen Wettstreit mit François Viète, der letzterem zu internationalem Ansehen verhalf. Van Roomen hatte 1594 den führenden europäischen Mathematikern die Lösung einer Gleichung 45. Grades als Aufgabe gestellt. Da Van Roomen sich nicht an bestimmte französische Mathematiker gewandt hatte, machte der holländische Botschafter in Frankreich gegenüber dem König Heinrich IV. die spitze Bemerkung, es gebe wohl keine herausragenden Mathematiker in Frankreich. Der wandte sich an Viète, der dieses Problem und 22 andere ebenfalls gestellte Probleme auf Anhieb mit seiner algebraischen Methode löste (Viète schrieb später Ut legi, ut solvi, wie gelesen, so gelöst). Außerdem stellte er seinerseits Van Roomen das Problem, das Apollonische Problem mit Zirkel und Lineal zu lösen – Van Roomen fand zwar eine Lösung mit Hyperbeln (veröffentlicht 1596), die aber nicht ausschließlich mit Zirkel und Lineal war.

Schriften (Auswahl)

  • Ideae Mathematicae pars prima, sive methodus polygonorum. 1593 (online).
  • Parvum theatrum urbium, sive urbium praecipuarum totius orbis brevis et methodica descriptio. Frankfurt 1589 und 1595 (online).

Literatur

  • Henri Bosmans: Artikel Adrien Romain. In: Biographie Nationale, Acad. Roy. Sci., Brüssel, Band 19, 1907, Sp. 848–889 (online (PDF; 23,4 MB), französisch)
  • Paul P. Bockstaele (Hrsg.); The correspondence of Adriaan van Roomen (= Mededelingen van het Seminarie voor Geschiedenis van de Wiskunde en de Natuurwetenschappen aan de Katholieke Universiteit te Leuven. Band 3, Nr. 9). 1979 (in Latein).
  • Philippe P. A. Henry: La solution de François Viète au problème d’Adriaan van Roomen (PDF; 2,2 MB) (französisch)
  • Andreas Mettenleiter: Das Juliusspital in Würzburg. Band III: Medizingeschichte. Herausgegeben vom Oberpflegeamt der Stiftung Juliusspital Würzburg anlässlich der 425jährigen Wiederkehr der Grundsteinlegung. Stiftung Juliusspital Würzburg (Druck: Bonitas-Bauer), Würzburg 2001, ISBN 3-933964-04-0, S. 384–388.
  • Anton Ruland: Adrien Romain, premier professeur à la faculté de médecine de Wurzbourg. In: Le bibliophile belge. Band 2, Brüssel 1876, S. 56–100, 161–187 und 256–269.
  • Johann Baptist Scharold: Adrianus Romanus. Beitrag zur Würzburger Gelehrtengeschichte. In: Archiv des Historischen Vereins von Unterfranken und Aschaffenburg. Band 1, 1833, S. 152–160. Und dazu: Mannigfaltiges. In: Archiv des Historischen Vereins von Unterfranken und Aschaffenburg. Band , 1834, S. 207–208.

Einzelnachweise

  1. Paul Bockstaele: Adriaan Van Roomen. „Medicus et Mathematicus“. Bij het vierde eeuwfeest van zijn geboorte. In: Scientiarum historia. Band 3/4, Nr. 2, 1961, S. 169–178 (Digitalisat dazu: Scientiarum historia, abgerufen am 28. Februar 2016 (Memento vom 28. Februar 2016 im Internet Archive))
  2. Henning Bärmig: Adrianus Romanus Lovaniensis (Adrian van Roomen). In: Die Personalbibliographien der an der Medizinischen Fakultät der Alma Mater Julia zu Würzburg von 1582 bis 1803 lehrenden Professoren mit biographischen Angaben. Medizinische Dissertation, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg 1969, S. 15–17, hier: S. 15.
  3. Robert Schwab: Über die Bedeutung des Juliusspitals für die Entwicklung der Inneren Medizin. In: Das Juliusspital Würzburg in Vergangenheit und Gegenwart: Festschrift aus Anlaß der Einweihung der wiederaufgebauten Pfarrkirche des Juliusspitals am 16. Juli 1953. Hrsg. vom Oberpflegeamt des Juliusspitals. Würzburg 1953, S. 14–24, hier: S. 16.
  4. Andreas Mettenleiter: Das Juliusspital in Würzburg. Band III: Medizingeschichte. Herausgegeben vom Oberpflegeamt der Stiftung Juliusspital Würzburg anlässlich der 425jährigen Wiederkehr der Grundsteinlegung. Stiftung Juliusspital Würzburg (Druck: Bonitas-Bauer), Würzburg 2001, ISBN 3-933964-04-0, S. 384, 389 und 464.
  5. Johann Baptist Scharold: Geschichte des gesammten Medizinalwesens im ehemaligen Fürstenthum Würzburg während des Mittelalters und des 16. Jahrhunderts. Stahel'sche Buchhandlung, Würzburg 1825 (Zugleich Medizinische Dissertation Würzburg 1824), S. 100.
  6. Henning Bärmig, S. 15.
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