Agnes Windeck (* 27. März 1888 in Hamburg; † 28. September 1975 in West-Berlin; gebürtig Agnes Sophie Albertine Windel) war eine deutsche Bühnen-, Film- und Fernsehschauspielerin und Synchronsprecherin.

Leben

Agnes Windel, Tochter eines Hamburger Kaufmanns, begann ihre schauspielerische Laufbahn 1904 als Anni Windel. Zu ihren Theaterstationen gehörten u. a. das Deutsche Schauspielhaus Hamburg, das Königliche Hoftheater Hannover und verschiedene Bühnen in Berlin. Sie war mit dem jüdischen Fotografen Emil Berlin-Bieber verheiratet. Nach der Eheschließung gab sie den Beruf zunächst auf. Während vielfach kolportiert wurde, dass sie 1938 nach dem Tod ihres – namentlich nicht genannten – Mannes in den Beruf zurückkehrte, emigrierte Bieber tatsächlich nach England und später Südafrika, wo er in zweiter Ehe verheiratet war und 1962 in Kapstadt starb.

Windeck nahm am „Theater der Jugend“ in Berlin wieder die Schauspielerei auf und arbeitete bis 1945 als Schauspiellehrerin am Deutschen Theater, zu ihren Schülern zählten u. a. Klaus Schwarzkopf, Thomas Engel, Hans-Joachim Kulenkampff und Klaus Herm. Diese Arbeit setzte sie bis ins hohe Alter in ihrer Wohnung in Berlin, der ein eigenes Studio angegliedert war, fort. Sie stand 1944 in der Gottbegnadeten-Liste des Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda.

Aufmerksamkeit erhielt sie erstmals in den 1950er Jahren durch das beliebte RIAS-Radiokabarett Die Insulaner in Berlin.

Ab Ende der 1930er Jahre spielte sie zunächst sporadisch größere und kleinere Nebenrollen beim Film. Erst ab den 1950er Jahren wurde sie regelmäßiger besetzt und war bald sehr gefragt: sowohl in Edgar-Wallace-Krimis wie Der Zinker (1963), Der Bucklige von Soho (1966) und Der Hund von Blackwood Castle (1967) als auch in heiteren Komödien wie Morgens um sieben ist die Welt noch in Ordnung (1968) und Die Herren mit der weißen Weste (1969).

Auch arbeitete sie mit ihrer prägnanten und wiedererkennbaren Stimme als Synchron- und Hörspielsprecherin; unter anderem synchronisierte sie Margaret Rutherford (16 Uhr 50 ab Paddington, Hotel International, Auch die Kleinen wollen nach oben).

Auf der Bühne agierte sie 1961 in der deutschen Uraufführung des Musicals My Fair Lady als Mrs. Higgins. 1967 spielte sie gemeinsam mit Käthe Haack in der Kriminalkomödie Zwei ahnungslose Engel. 1973 trat sie in der Berliner Wiederaufnahme von My Fair Lady nochmals in einer einzigen Vorstellung als Mrs. Higgins auf; sie ersetzte kurzfristig die wegen eines Unfalls erkrankte Käthe Haack.

Große Popularität erreichte sie mit der TV-Familienserie Die Unverbesserlichen (1966–1971), in der sie die Rolle der Oma Köpcke an der Seite von Inge Meysel spielte.

Agnes Windeck etablierte sich als Charakterdarstellerin und wurde zu einer der bekanntesten älteren Schauspielerinnen Deutschlands. Sie verkörperte exemplarisch den Typ der Komischen Alten, die gleichermaßen liebenswürdig wie lästig sein kann. Mehrere große Theater-, Film- und Fernsehrollen brachten ihr bundesweite Popularität und machten sie zu einem Publikumsliebling.

Im Mai 1975 erlitt sie bei einem Sturz in ihrer Berliner Wohnung Verletzungen, von denen sie sich nicht mehr vollständig erholte. Agnes Windeck starb am 28. September 1975 im Alter von 87 Jahren in Berlin an Herzversagen.

Ihr Grab befindet sich auf dem landeseigenen Waldfriedhof Heerstraße (Grablage: 18-K-122) in Berlin-Westend. Auf Beschluss des Berliner Senats ist die letzte Ruhestätte von Agnes Windeck seit 2004 als Ehrengrab des Landes Berlin gewidmet. Die Widmung gilt für die übliche Frist von zwanzig Jahren, kann anschließend aber verlängert werden.

Filmografie

Kinofilme

Fernsehen

  • 1953: Ein Abend von Rias Berlin
  • 1953: Orient Express: The Red Sash
  • 1958: Windhund und Seehund
  • 1958: Mylord weiß sich zu helfen
  • 1959: Brave Diebe
  • 1960: Sie können’s mir glauben
  • 1960: Dr. Knock
  • 1960: 20 Minuten Aufenthalt
  • 1963: Meine Frau Susanne
  • 1964: Hofloge
  • 1965: Mrs. Cheney’s Ende
  • 1966: Unser Pauker (2 Folgen)
  • 1966–1971: Die Unverbesserlichen
  • 1966: 100 Jahre Kurfürstendamm
  • 1969: Zwei ahnungslose Engel
  • 1970: Mein Freund Harvey
  • 1970: Der Mann, der den Eiffelturm verkaufte
  • 1971: Glückspilze
  • 1971: ...und sowas nennt sich Show
  • 1972: Rabe, Pilz und dreizehn Stühle
  • 1972: Eine Frau bleibt eine Frau

Theater

Synchronrollen (Auswahl)

Quelle: Deutsche Synchronkartei

Schauspielerin Film / Serie Rolle
Margaret Rutherford 16 Uhr 50 ab Paddington Miss Marple
Billie Burke Das Zauberhafte Land Glinda, die gute Hexe
Lee Patrick Bettgeflüster Mrs. Walters
Elizabeth Patterson Erbschaft um Mitternacht Susan Tilbury
Norma Varden Blondinen bevorzugt Lady Beekman
Kennwort Kätzchen Miss Pittford

Hörspiele (Auswahl)

  • 1946: Paul Osborn: Galgenfrist (Die Großmama, Miss Nellie Northrup) – Regie: Hanns Korngiebel (RIAS Berlin)
  • 1949: Kurt Tucholsky: Schloß Gripsholm (Frau Anderson) – Regie: Friedrich Joloff (RIAS Berlin)
  • 1953: K. R. G. Browne: Sir Michaels Abenteuer – Regie: Rolf Purucker (RIAS Berlin)
  • 1958: Christian Bock: Zwei alte Damen feuern – Regie: Wolfgang Spier
  • 1959: Graham Greene: Ein peinlicher Unfall (Die Tante) – Regie: Curt Goetz-Pflug
  • 1960: Thierry: Pension Spreewitz (Die Maus in der Pension, Folge 68) – Regie: Ivo Veit (RIAS Berlin)
  • 1965: Ulrike Brückner: Berliner Rangen. Damals war’s – Geschichten aus dem alten Berlin (Mutter von Gerd Range) (Geschichte Nr. 4 in 8 Folgen) – Regie: Ivo Veit (RIAS Berlin)
  • 1967: Alice Berend: Die Bräutigame der Babette Bomberling. Damals war’s – Geschichten aus dem alten Berlin (Tante Adele) (Geschichte Nr. 7 in 10 Folgen) – Regie: Ivo Veit (RIAS Berlin)
  • 1967: Siegfried Lenz: Das Labyrinth (Marlies) – Regie: Fritz Schröder-Jahn (NDR/SDR)
  • 1967: Eduard von Keyserling: Abendliche Häuser (Baronin Egloff, Großmutter) – Regie: Fritz Schröder-Jahn (BR/ORF)
  • 1973: Gunnar Hagen Hartvedt: Verzeihung, darf ich mal telefonieren? (Molly Heyer) – Regie: Ulrich Lauterbach (HR)

Literatur

  • Kay Weniger: Das große Personenlexikon des Films. Die Schauspieler, Regisseure, Kameraleute, Produzenten, Komponisten, Drehbuchautoren, Filmarchitekten, Ausstatter, Kostümbildner, Cutter, Tontechniker, Maskenbildner und Special Effects Designer des 20. Jahrhunderts. Band 8: T – Z. David Tomlinson – Theo Zwierski. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2001, ISBN 3-89602-340-3, S. 415 f.
Commons: Agnes Windeck – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Luminous-Lint: Portrait of actress Agnes Windeck.. Abgerufen am 1. November 2022. / Jüdische Mitbürger in Großhansdorf während der NS-Zeit. In: Der Waldreiter Nr. 5 vom 5. Mai 2005, S. 30.
  2. Windeck, Agnes. In: Theodor Kellenter: Die Gottbegnadeten : Hitlers Liste unersetzbarer Künstler. Kiel: Arndt, 2020, ISBN 978-3-88741-290-6, S. 420
  3. Berlins Theaterlady kam aus Hamburg. Schauspielerin Agnes Windeck gestorben. In: Hamburger Abendblatt. Dienstag, 30. September 1975. S. 12. Abgerufen am 18. November 2019.
  4. Hans-Jürgen Mende: Lexikon Berliner Begräbnisstätten. Pharus-Plan, Berlin 2018, ISBN 978-3-86514-206-1. S. 497.
  5. Klaaus Nerger: Das Grab von Agnes Windeck. In: knerger.de. Abgerufen am 24. Mai 2021.
  6. Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz: Ehrengrabstätten des Landes Berlin (Stand: November 2018) (PDF, 413 kB), S. 93. Abgerufen am 18. November 2019. Zur Befristung auf zwanzig Jahre siehe: Ausführungsvorschriften zu § 12 Abs. 6 Friedhofsgesetz (AV Ehrengrabstätten) (PDF, 24 kB) vom 15. August 2007, Absatz 10. Abgerufen am 18. November 2019.
  7. Agnes Windeck. In: synchronkartei.de. Deutsche Synchronkartei, abgerufen am 5. Oktober 2016.
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