Anna Pawlowna von Holstein-Gottorp-Romanow, Großfürstin von Russland, auch Anna Paulowna genannt (* 7. Januarjul. / 18. Januar 1795greg. in Sankt Petersburg; † 1. März 1865 in Den Haag) war Königin der Niederlande von 1840 bis 1849.

Leben

Kindheit und Jugend

Großfürstin Anna Pawlowna wurde 1795 im Schloss Gattschina geboren. Sie war die jüngste Tochter des russischen Zaren Paul I. und der Zarin Maria Fjodorowna, geborene Prinzessin Sophie Dorothee von Württemberg. Außerdem war sie die Schwester der Zaren Alexander I. und Nikolaus I. von Russland.

Den Großteil ihrer Kindheit verbrachte sie mit ihrer Mutter und den Brüdern Michail und Nikolaus in Zarskoje Selo. Sie wurde standesgemäß von Hauslehrern und Gouvernanten ausgebildet. Sie erhielt Unterricht in den Fremdsprachen Deutsch, Englisch und Französisch sowie Mathematik und Geschichte. Ein besonderes Talent zeigte die junge Großfürstin in Kunsthandwerk und Malerei.

Nach dem 1809 gescheiterten Eheprojekt zwischen Napoleon Bonaparte und Annas älterer Schwester Katharina beabsichtigte dieser, anstatt Katharinas Anna Pawlowna zur Frau zu nehmen. Zarin Maria Fjodorowna zögerte lange, dem französischen Kaiser eine Antwort zu geben, damit dieser sein Interesse an dieser Verbindung verlor. Er heiratete 1810 Erzherzogin Marie-Louise von Österreich, die Tochter von Kaiser Franz II.

Heirat

Am 21. Februar 1816 heiratete Anna Pawlowna im Winterpalast in Sankt Petersburg den späteren König der Niederlande, Wilhelm II. von Oranien-Nassau. Die Verbindung wurde zuvor von Anna Pawlownas Bruder Zar Alexander I. vorgeschlagen, nachdem Russland nach dem Wiener Kongress ein Bündnis mit den Niederlanden geschaffen hatte. Daraufhin lud man Wilhelm nach Russland ein, damit dieser Anna näher kennenlernen konnte. Anna stimmte der Ehe schließlich zu. Die Hochzeit wurde nach orthodoxem und anschließend nach lutherischem Ritus vollzogen. Anna blieb dem orthodoxen Glauben bis an ihr Lebensende treu. Alexander Puschkin setzte der Hochzeit mit dem Gedicht An den Prinzen von Oranien ein literarisches Denkmal. Die Mitgift der Braut betrug eine Million Rubel und der sagenhafte Reichtum weckte Begehrlichkeiten. 1829 wurden im seinerzeit noch zu den Niederlanden gehörigen Brüssel, dem damaligen Wohnsitz des Paares, die berühmten Juwelen der Anna Pawlowna gestohlen. Ein Großteil wurde zwar gefunden und zurückgebracht, jedoch fiel ein Verdacht auch auf ihren Ehemann, der ständig in Geldnöten war. Erst zwei Jahre später wurde der Kronprinz entlastet – der Dieb konnte gefasst werden und wurde zu zwölf Jahren Zuchthaus verurteilt. Ihre Juwelen gehören noch heute zu den Kostbarkeiten des niederländischen Kronschatzes.

Anna war über die Verhältnisse in ihrem neuen Heimatland, die in einem Kontrast zu denen in ihrem Geburtsland Russland standen, zunächst schockiert. Insbesondere befremdete sie das Klassensystem und die Trennungen der Klassen innerhalb dessen sowie die geringe Distanz der niederländischen Monarchen zur Öffentlichkeit, welche in Russland strenger gehandelt wurde. Es bereitete ihr einige Schwierigkeiten, sich darauf einzustellen. Anna und Wilhelm lebten bis zur belgischen Revolution 1830 überwiegend in Brüssel, welches sie anderen Städten vorzog, da es sie an Russland erinnerte. Anna wurde bald karitativ tätig, als sie 1830 ein Krankenhaus für während der belgischen Revolution verwundete Soldaten und 1832 eine Nähschule für arme Frauen und Mädchen gründete.

Die Ehe des Paares galt als turbulent. Die Ehebrüche ihres Gatten führten immer wieder zu Konflikten. Sie lebten bis 1843 weitestgehend voneinander getrennt. Trotzdem versuchte sie zwischen ihrem Ehemann und ihrem Schwiegervater König Wilhelm I. zu vermitteln und Spannungen bei politischen Problemen abzubauen. Ansonsten hielt sie sich von der Politik fern, trotz starker Überzeugungen. Anna wurde als intelligent, sensibel und treu zu ihrer Familie beschrieben. Zudem besaß sie ein heftiges Temperament. Während ihrer Zeit in Holland lernte sie Niederländisch, das sie bald besser sprach als ihr Ehemann, und studierte die Geschichte und Kultur des Landes. Sie gründete mehr als 50 Waisenhäuser.

Am 7. Oktober 1840 dankte König Wilhelm I. zugunsten seines Sohnes ab und Anna wurde Königin der Niederlande. Am 1. Februar 1842 wurde sie 343. Dame des königlichen Ordens der Königin Maria Luisa.

Als Königin wurde Anna nie sehr populär. Sie galt der Öffentlichkeit gegenüber als würdevoll, aber arrogant und distanziert. Am Königshof erwartete sie stets strenge Etikette. Sie schätzte Pomp, Etikette, formale Zeremonien und Rituale. Anna korrespondierte regelmäßig mit ihrer Mutter und ihren Brüdern in Russland und schätzte auch die Erinnerung an ihr Geburtsland. Sie gründete einen russischen Knabenchor, in dem die Mitglieder in traditionelle Kostüme gekleidet wurden. Ihr wurde nachgesagt, immer die russische Großfürstin geblieben zu sein, mehr, als Königin der Niederlande.

Nach dem Tod ihres Mannes 1849, verließ sie den Königspalast, zog sich vom Hofleben zurück und führte ein zurückgezogenes Leben. Zu ihrer Nichte und Schwiegertochter Sophie von Württemberg, der Ehefrau ihres Sohnes Wilhelm und Tochter ihrer verstorbenen Schwester Katharina Pawlowna, entwickelte Anna ein angespanntes Verhältnis. Angeblich war sie eifersüchtig auf Katharinas Schönheit und deren früheren Status als Lieblingskind ihrer Mutter und projizierte nun jegliche Eifersüchteleien auf ihre Schwiegertochter. Nach einem Streit mit ihrem Sohn König Wilhelm III. im Jahre 1855 wollte sie zunächst nach Russland zurückkehren, tat es am Ende aber doch nicht.

Denkmäler

Nach ihr heißt der Ort Anna Paulowna in Nordholland. Im zentralen Teil von Den Haag (Zeeheldenkwartier) gibt es den belebten Platz mit dem Namen Anna Paulownaplein sowie die den Platz durchquerende Anna Paulownastraat. Auch die Pflanzengattung der Paulownien (mit dem Blauglockenbaum) wurde von Philipp Franz von Siebold nach ihr benannt.

Nachkommen

Anna und Wilhelm hatten zusammen fünf Kinder:

Abstammung

 
 
 
 
Christian August
(Fürst von Anhalt-Zerbst)
 
Johanna Elisabeth
(Fürstin von Anhalt-Zerbst)
 
Karl Friedrich (Schleswig-Holstein-Gottorf)
(Herzog von Schleswig-Holstein-Gottorf)
 
Anna Petrowna
(Herzogin von Schleswig-Holstein-Gottorf)
 
Karl Alexander
(Herzog von Württemberg)
 
Maria Augusta
(Herzogin von Württemberg)
 
Friedrich Wilhelm
(Markgraf von Brandenburg-Schwedt)
 
Sophie Dorothea Marie
(Markgräfin von Brandenburg-Schwedt)
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Friedrich August
(Fürst von Anhalt-Zerbst)
 
Katharina II.
(Kaiserin von Russland)
 
Peter III.
(Kaiser von Russland)
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Friedrich Eugen
(Herzog von Württemberg)
 
Friederike Dorothea Sophia
(Herzogin von Württemberg)
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Paul I.
(Kaiser von Russland)
 
Sophie Dorothee
(Kaiserin von Russland)
 
Friedrich I.
(König von Württemberg)
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Alexander I.
(Kaiser von Russland)
 
Konstantin
(Großfürst von Russland)
 
Alexandra Pawlowna Romanowa
 
Helena Pawlowna Romanowa
 
Maria Pawlowna
(Großherzogin von Sachsen-Weimar-Eisenach)
 
Katharina Pawlowna
(Königin von Württemberg)
 
Olga
 
Anna Pawlowna
 
Nikolaus I.
(Kaiser von Russland)
 
Michael Pawlowitsch

Literatur

  • Jean-Charles Volkmann: Généalogie des rois et des princes. Éditions Jean-Paul Gisserot, Paris 1998, ISBN 2-87747-374-0.
  • Oranje, ons vorstenhuis door de eeuwen heen. De koningen en hun familie. Lekturama, Breda 1990, ISBN 90-5141-173-1.
Commons: Anna Pawlowna – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. 1 2 Anna Pavlovna - Hermitage Amsterdam. (Nicht mehr online verfügbar.) In: www.hermitage.nl. Archiviert vom Original am 4. Juli 2017; abgerufen am 3. Mai 2016.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  2. 1 2 3 Kenneth: Grand Duchess Anna Pavlovna. In: www.rusartnet.com. Abgerufen am 3. Mai 2016.
  3. Lotte Burkhardt: Verzeichnis eponymischer Pflanzennamen – Erweiterte Edition. Teil I und II. Botanic Garden and Botanical Museum Berlin, Freie Universität Berlin, Berlin 2018, ISBN 978-3-946292-26-5 doi:10.3372/epolist2018.
VorgängerinAmtNachfolgerin
Wilhelmine von PreußenKönigin der Niederlande
1840–1849
Sophie von Württemberg
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