Antje von Dewitz (* 18. September 1972 in Ebingen (heute Albstadt)) ist eine deutsche Unternehmerin. Sie ist seit 2009 Geschäftsführerin des Bergsportausstatters Vaude in Tettnang.
Jugend und Familie
Antje von Dewitz wuchs in Untereisenbach bei Tettnang auf. Sie ist die mittlere der drei Töchter von Albrecht von Dewitz, der 1974 das Familienunternehmen Vaude (= v. D.) gegründet hat. Die Familie bildet einen Zweig des ursprünglich mecklenburgisch-pommerischen Adelsgeschlechtes derer von Dewitz.
Im Alter von siebzehn Jahren verbrachte Antje von Dewitz ein Schuljahr in der Stadt Chattanooga im US-amerikanischen Bundesstaat Tennessee.
Antje von Dewitz lebt mit ihrem Partner und den vier gemeinsamen Kindern in Tettnang.
Studium und wissenschaftliche Tätigkeit
Von Dewitz belegte an der Universität Passau das Fach Wirtschafts- und Kulturraumstudien. Im Jahr 1998 schloss sie ihr Studium mit dem Diplom ab.
Im Zeitraum von 2002 bis 2005 war sie außerdem zeitweise wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Hohenheim, wo sie eine Dissertation mit dem Titel „Die Gestaltung eines leistungsstarken Arbeitsverhältnisses durch Talent Relationship Management“ anfertigte. 2005 wurde sie zur Dr. oec. promoviert.
Unternehmerische Tätigkeit
Von Dewitz wollte eigentlich eher im Bereich Umweltschutz tätig werden und hatte zunächst nicht geplant, in das Unternehmen ihres Vaters einzusteigen. Als sie ab 1998 erstmals bei Vaude beschäftigt war, baute sie den Bereich „Taschen und Reisegepäck“ auf. Von 2000 bis 2002 war sie für die Öffentlichkeitsarbeit verantwortlich, 2005 übernahm sie die gesamte Marketingleitung. Im Jahr 2009 übergab Albrecht v. Dewitz ihr die Geschäftsführung.
Von Dewitz richtet seitdem allmählich immer mehr Prozesse im Unternehmen an Kriterien der Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit aus. Dies solle möglichst auch entlang der gesamten Wertschöpfungskette geschehen, d. h. auch in der Logistik der Produkte und bei Zulieferbetrieben im Ausland.
Wirtschaftspolitische Positionen
Lieferkettengesetz
2020 setzte sich von Dewitz aktiv für die Verabschiedung des deutschen Lieferkettengesetzes ein. Sie arbeitete dafür mit politischen Amtsträgern zusammen, z. B. mit Gerd Müller (CSU), dem damaligen Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Von Dewitz ist der Ansicht, dass das Gesetz in bestimmten Punkten nicht weit genug geht, z. B. weil es erst für Unternehmen ab 3000 bzw. später 1000 Mitarbeiter gilt.
Gemeinwohl-Ökonomie
Von Dewitz setzt sich dafür ein, dass die Leitlinien der Gemeinwohl-Ökonomie stärker beachtet werden und kritisiert, dass in der Wirtschaft zu sehr nur auf Finanzkennzahlen geachtet würde. Gemeinsam mit Christian Felber erreichte sie, dass sich der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss 2015 für das Gemeinwohl-Ökonomie-Modell aussprach und dafür plädiert, dass dieses „sowohl in den europäischen als auch in die einzelstaatlichen Rechtsrahmen integriert werden“ sollte.
Initiative Bleiberecht für Flüchtlinge und Einwanderungsgesetz
Anfang 2018 gründete Antje v. Dewitz gemeinsam mit dem Brauunternehmer Gottfried Härle die Initiative Bleiberecht für Flüchtlinge mit einem festen Arbeits- oder Ausbildungsplatz, der sich in kurzer Zeit 80 Betriebe und drei Verbände aus Baden-Württemberg angeschlossen haben. Die Unternehmer-Initiative fordert ein Bleiberecht für abgelehnte Asylbewerber, sofern diese einen Arbeits- oder Ausbildungsplatz nachweisen können. Am 19. April wurde die Initiative vom baden-württembergischen Innenminister Thomas Strobl empfangen. Dabei sprach sich Antje v. Dewitz für die rasche Einführung eines Zuwanderungsgesetzes aus, da Unternehmen wie Vaude in bestimmten Bereichen mit einem Arbeitskräftemangel zu kämpfen hätten, der durch Anwerbung von ausländischen Arbeitskräften gedeckt werden könnte.
Ämter und Funktionen
- Antje von Dewitz ist seit 2017 Vorsitzende des Stiftungsrats der gemeinnützigen Albrecht von Dewitz Stiftung.
- Von Dewitz wurde von der Fraktion der Grünen des Baden-Württemberger Landtages in die 16. Bundesversammlung entsandt, um am 12. Februar 2017 den Bundespräsidenten zu wählen.
- Mitglied im Projektbeirat von Naturkapital Deutschland, einem Projekt des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung
- Vizepräsidentin des Branchenverbandes European Outdoor Group
- Kuratoriumsmitglied der Deutschen Bundesstiftung Umwelt
- Seit November 2021 ist von Dewitz Mitglied im Vorstand des Bundesverbandes nachhaltige Wirtschaft
Auszeichnungen
- GEM-Award 2021 – verliehen durch die Gesellschaft zur Erforschung des Markenwesens für ein „neues, zukunftsträchtiges Verständnis von Marke und Unternehmensführung“
- Wirtschaftspreis Entrepreneur Of The Year der Beratungsgesellschaft Ernst & Young in der Kategorie Nachhaltigkeit im Jahr 2021
- Role Model Award der Bildungsplattform StartUpTeens für das Jahr 2021 in der Kategorie Familienunternehmen
- Auszeichnung als Chief Marketing Officer of the Year für das Jahr 2021
- Auszeichnung mit dem Vanity Fair Changing Your Mind Award am 6. Februar 2020
- Nominierung als eine von drei Kandidatinnen für den Wirtschaftspreis Veuve Clicquot Business Woman of the Year
- Brand Manager of the Year, German Brand Award 2018
- Verdienstorden des Landes Baden-Württemberg 2017
- Aufnahme in die Hall of Fame der Familienunternehmen 2017 des Handelsblattes
- B.A.U.M.-Umweltpreis 2012
- Aufnahme in die Top-Business-Frauen 2011 in der Kategorie Top-Unternehmerin der Financial Times Deutschland
- Wirtschaftsmedaille des Landes Baden-Württemberg 2011
- TRIGOS-Ehrenpreis
Veröffentlichungen
- Wertschöpfung durch Verantwortung und Haltung, in: Alexander Herzner und René Schmidpeter (Hg.): CSR in Süddeutschland. Unternehmerischer Erfolg und Nachhaltigkeit im Einklang, Wiesbaden 2022, S. 243–253.
- Mut steht uns gut! Nachhaltig, menschlich, fair – mit Haltung zum Erfolg, Salzburg-München 2020, ISBN 978-3-7109-0072-3.
- Die Gestaltung eines leistungsstarken Arbeitsverhältnisses durch „Talent Relationship Management“. Ein praxisorientiertes Konzept für mittelständische Unternehmen. Dissertation Universität Hohenheim, 426 Seiten, Shaker Verlag, Aachen 2006, ISBN 978-3-8322-5048-5 (auch als e-book im PDF-Format verfügbar)
Weblinks
- Antje v. Dewitz, Unternehmerin, Vaude, Gespräch mit Hajo Schumacher, Typisch deutsch vom 8. März 2015, Deutsche Welle, Videostream, 34:17 min, (Download im MP4-Format, ca. 158 MB)
- Unternehmerin Antje von Dewitz im Gespräch mit Gisela Keuerleber, WDR 5 Tischgespräch vom 24. Oktober 2018, 48:14 min, (Download im MP3-Format, ca. 46,1 MB)
Einzelnachweise
- ↑ Öffentlich zugänglicher Abschnitt im Munzinger-Archiv, 50/2016, 13. Dezember 2016, abgerufen am 6. März 2017
- ↑ Lisa Nienhaus: Vaude-Chefin Antje von Dewitz: Die Wandersfrau, FAS, 23. August 2011, abgerufen am 6. März 2017
- ↑ Antje von Dewitz: Mut steht uns gut! Nachhaltig, menschlich, fair – mit Haltung zum Erfolg, Salzburg und München 2020, S. 31.
- ↑ Dagmar Deckstein: Portrait: Unternehmerin Antje von Dewitz (Memento des vom 12. März 2017 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. , Character, Seite 6–15, Ausgabe 1, August 2013, PDF-Format, ca. 3,4 MB, Bethmann-Bank, abgerufen am 6. März 2017
- 1 2 Georg Hohenester: Powerfrau vom Bodensee, DAV Panorama, 4/2011, PDF-Format, ca. 637 kB, mit weiteren biografischen Angaben; abgerufen am 6. März 2017
- 1 2 Tina Groll: Was machen Sie mit Ihrem Erbe?, veröffentlicht auf ZEIT-online am 4. November 2010, abgerufen am 6. März 2017
- ↑ Bibliographische Angaben zur Dissertation, Deutsche Nationalbibliothek
- ↑ Der Titel der Dissertation wird z. B. im Artikel von Christian Thiele: Die Frau fürs Grüne genannt, veröffentlicht auf ZEIT-online am 31. Juli 2014, abgerufen am 6. März 2017
- ↑ So auch im Typisch deutsch-Gespräch mit Hajo Schumacher auf Deutsche Welle vom 8. März 2015
- ↑ Dagmar Deckstein: Vaude – Nachhaltigkeit als Strategie. In: Süddeutsche Zeitung. 5. Oktober 2016, abgerufen am 6. Juni 2017.
- ↑ Ausführlich dazu z. B. Kristin Lüders, Dominic Veken: Gegen den Wind. Interview mit Antje v. Dewitz In: Enorm, 05/2016, S. 43f.
- ↑ Artikel im Nachrichtenportal OTS mit Link zum Video, indem Dewitz und Müller gemeinsam ihre Position darlegen.
- ↑ Pressemitteilung von Vaude, abgerufen am 13. Dezember 2021.
- 1 2 Dagmar Deckstein: Gemeinwohl-Ökonomie. Verantwortung übernehmen. Süddeutsche Zeitung, 6. Oktober 2016
- ↑ Moritz Schildgen: Oberschwäbische Unternehmer wollen Abschiebung von Migranten verhindern. Schwäbische Zeitung, 24. April 2018
- ↑ Unternehmer-Initiative: Bleiberecht für Flüchtlinge in Ausbildung und Arbeit gefordert, in: Die Wirtschaft zwischen Alb und Bodensee, 06/2018 (Memento des vom 12. Juni 2018 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. , Seite 6, IHK Ulm, PDF-Format, ca. 6,8 MB.
- ↑ Impressum - VAUDE Sport Albrecht von Dewitz Stiftung. Abgerufen am 10. Juli 2023.
- ↑ Ulrich Mendelin: Löw darf Bundespräsidenten wählen. In: Schwäbische Zeitung, 20. Dezember 2016.
- ↑ Projektbeirat von Naturkapital Deutschland, Helmholtz Zentrum für Umweltforschung UFZ
- ↑ Board und Management der European Outdoor Group (Memento des vom 24. März 2019 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. , EOG-Website, abgerufen am 17. Mai 2020.
- ↑ Kuratorium der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (Memento des vom 18. September 2015 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. , DBU-Website.
- ↑ Pressemitteilung des Bundesverbandes Nachhaltige Wirtschaft e.V.
- ↑ Website der GEM, abgerufen am 27. Februar 2021
- ↑ Manager Magazin, veröffentlicht am 5. November 2021, abgerufen am 6. Dezember 2021.
- ↑ Branchenportal Südwesttextil, abgerufen am 7. Dezember 2021.
- ↑ Artikel von Michael Reidel auf Horizont, veröffentlicht am 29. September 2021, abgerufen am 7. Dezember 2021.
- ↑ Vanity-Fair-Website, abgerufen am 7. Juni 2020
- ↑ Ökologisch-sozial zu wirtschaften ist schwerer als es sein sollte. In: Capital, 4. März 2019.
- ↑ Regina Henkel: Vaude-Chefin Antje von Dewitz erhält Ehrenpreis „Brand Manager of the Year“. Fashionunited, 2. Juli 2018.
- ↑ Kurzvitae der Ordensprätendenten, Staatsministerium Baden-Württemberg, 6. Mai 2017, S. 2 (PDF; 130 kB).
- ↑ Martin-Werner Buchenau, Joachim Hofer: Antje von Dewitz: Die Gipfel-Stürmerin, Hall of Fame der Familienunternehmen, Handelsblatt online, 11. Januar 2017.
- ↑ Dr. Antje von Dewitz erhält B.A.U.M. Umweltpreis, Pressemitteilung, WWF
- ↑ Leonie Müller: Antje von Dewitz, Ausstellungstafel, Erinnerungen und Geschichten von Menschen aus den 90er, Ausstellung Jungsein im Land, Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg (PDF, 325 kB).
- ↑ Unternehmerin Antje von Dewitz: Die nachhaltige Gipfelstürmerin. In: Der Standard, 31. Mai 2019, abgerufen am 31. Mai 2019.