Der Begriff arabische Welt (arabisch العالم العربي, DMG al-ʿālam al-ʿarabī) bezeichnet eine Region in Nordafrika und in Vorderasien. Staaten mit einer mehrheitlich arabischen Kultur gelten als Teil der arabischen Welt.

Der Begriff ist trotz seiner vielfachen Verwendung nicht exakt definiert (deshalb meistens Kleinschreibung bei arabische). Es lassen sich mehrere Kriterien anwenden, um die Zugehörigkeit zur arabischen Welt zu definieren: die Dominanz der arabischen Sprache (sprachliches Kriterium), der Einfluss des Islam (religiöses Kriterium) und schließlich die Mitgliedschaft in der Arabischen Liga (politisches Kriterium).

Die ursprünglichen Araber sind die Ureinwohner der Arabischen Halbinsel bzw. Arabiens, während die Araber aus anderen Teilen der arabischen Welt, wie die aus der Levante oder aus Nordafrika, hauptsächlich Völker sind, die nach der islamischen Expansion sprachlich und teilweise genetisch arabisiert wurden, daher gelten sie heute als Araber. Seit der islamischen Expansion hat es innerhalb der Arabischen Welt viel genetische und kulturelle Durchmischung gegeben, weshalb heute Araber aus allen arabischen Ländern oft ähnliche physische und kulturelle Merkmale aufweisen.

Da Somalia, die Komoren und Dschibuti in der Arabischen Liga sind und Arabisch als eine ihrer Amtssprachen haben, könnten sie als arabische Länder betrachtet werden. Da jedoch die Muttersprache der überwiegenden Mehrheit der Einwohner weder Arabisch ist noch die Menschen dieser Länder sich normalerweise als Araber identifizieren, ist die arabische Identität dieser Länder umstritten.

Geografische Einteilung der arabischen Staaten

Afrika

Die nordafrikanischen Staaten an der Atlantik- und der Mittelmeerküste, die nach der islamischen Eroberung des Maghreb im 7. und 8. Jahrhundert arabisiert wurden und noch mehr oder weniger starke Traditionen autochthoner Völker (Berber, Tuareg) aufweisen:

Die Nil-Staaten, die nach der islamischen Eroberung Ägyptens und Nubiens im 7. Jahrhundert arabisiert wurden:

Die Staaten am Horn von Afrika, die bereits seit frühester Zeit über intensive Verbindungen nach Südarabien verfügten, in denen aber Arabisch nicht die vorherrschende Sprache ist, und in denen sich die Einwohner normalerweise nicht als Araber bezeichnen:

Asien

Die Staaten auf der Arabischen Halbinsel bzw. Arabien:

Die Staaten der Levante und Mesopotamien (die beiden Regionen zusammen werden manchmal als Nordarabien bezeichnet), die nach der islamischen Eroberung der Levante und des Sassanidenreiches im 7. Jahrhundert arabisiert wurden:

Sprachliches Kriterium

Nach dem sprachlichen Kriterium entspricht die arabische Welt einer Gruppe aus 24 Staaten von Mauretanien im Westen bis zum Sultanat von Oman im Osten und 2 nicht souveränen Gebieten. Die Ausbreitung des Arabischen ist weitgehend auf die Geschichte der Ausbreitung des Islam im 7. Jahrhundert zurückzuführen. Allerdings ist das sprachliche Kriterium nicht ausreichend, um die arabische Welt zu betrachten. Einige Länder, in denen Teile der Bevölkerung Arabisch sprechen oder Arabisch eine der offiziellen Sprachen ist, gelten weiterhin in der Regel nicht als Teil der „arabischen Welt“, darunter Israel, Somalia, Dschibuti, Eritrea und der Tschad.

Die folgende Liste führt 26 souveräne Staaten und nicht souveräne Gebiete auf, in denen die arabische Sprache gesprochen wird, bzw. eine oder mehrere der vielen, oft sehr unterschiedlichen, regionalen Varianten des Arabischen. Der angegebene Prozentsatz bezieht sich auf den Teil der eingesessenen Bevölkerung, der Arabisch als Muttersprache spricht. Die Spalte „Staatsbürger“ gibt die Einwohnerzahl des Landes an, außer bei den Golfstaaten Vereinigte Arabische Emirate, Bahrain und Katar, in denen die Ausländer die überwiegende Mehrheit der Gesamtbevölkerung darstellen, hier aber nicht mitgezählt werden. Länder, in denen die Mehrheit der Bevölkerung Arabisch spricht, sind farblich unterlegt.

Liste von Staaten und nicht souveränen Gebieten, in denen Arabisch gesprochen wird
Land Hauptstadt Fläche
(in km²)
Staatsbürger
(in Mio.)
Staatsbürger deren Muttersprache Arabisch ist Wichtigste Minderheit (bzw. Mehrheit)
 Ägypten Kairo 1.001.449 94,04 99,5 % Bedscha
 Algerien Algier 2.381.741 31,84 72 % Berberisch
 Bahrain Manama 711 0,72 80 % Persisch
 Dschibuti Dschibuti 23.200 0,51 10 % – 15 % Somali, Afar
 Eritrea Asmara 121.144 5,02 2,4 % (0,5 %— 2 %) Tigrinya u. a.
 Irak Bagdad 434.128 28,94 ca. 75 % / 80 % Kurdisch
 Israel Tel Aviv bzw. Jerusalem 22.380 8,00 ca. 20 % Hebräisch
 Jemen Sana'a 536.869 33,7 99,6 % Südarabisch
 Jordanien Amman 89.342 6,34 fast 100 %
 Katar Doha 11.606 0,33 100 %
 Komoren Moroni 1.862 0,75 0 % Komorisch
 Kuwait Kuwait 17.818 2,75 k. A. Persisch
 Libanon Beirut 10.452 4,52 96 % Armenisch
 Libyen Tripolis 1.775.500 6,31 k. A. k. A.
 Marokko Rabat 446.550 32,60 60 % Berberisch
 Mauretanien Nouakchott 1.030.700 3,44 k. A. k. A.
 Oman Maskat 309.500 3,15 k. A. k. A.
 Palästina (Staat Palästina, nicht souveränes Gebiet) Gaza / Ramallah ca. 6.300, ohne Gebiete der Zone C 4,33 k. A. k. A.
 Saudi-Arabien Riad 2.149.690 27,01 k. A. k. A.
 Somalia Mogadischu 637.657 13,18 ca. 13 % k. A.
 Sudan Khartum 1.886.068 30,89 k. A. k. A.
 Syrien Damaskus 185.180 17,83 k. A. k. A.
 Tschad N’Djamena 1.284.000 10,32 k. A. k. A.
 Tunesien Tunis 163.610 10,78 k. A. k. A.
 Vereinigte Arabische Emirate Abu Dhabi 83.600 1,0 k. A. k. A.
 Westsahara (nicht souveränes Gebiet) El Aaiún 266.000 0,54 k. A. k. A.

Religiöses Kriterium

Verwandt ist der Begriff mit der islamischen Welt. Die Araber sind in der islamischen Welt in der Minderheit, obwohl der Islam aus Arabien stammt und auf Arabisch tradiert und gepredigt wird.

Arabertum definiert sich unabhängig von der Religionszugehörigkeit: Araber können jeder religiösen Weltanschauung angehören oder Atheisten sein. Im Libanon weisen ganze Regionen (etwa die drei Regierungsbezirke Kesrouan, Metn und Jabal Lubnan (Mont Liban)) eine geschlossene arabisch-christliche Bevölkerungsstruktur auf, bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts stellten sie dort sogar die Bevölkerungsmehrheit.

Der Panarabismus gilt als Rekrutierungsfeld des Islamismus, der aber ideologisch andere Ziele verfolgt als der nationalistische Panarabismus. Im Gegensatz zu religiös legitimierten arabischen Ideologien negiert der Islamismus das christliche Element in der arabischen Welt und dessen autochthonen Charakter. So waren in der panarabischen Bewegung überdurchschnittlich viele Araber aus christlichen Familien aktiv, neben Michel Aflaq (syrischer Gründer der Baath-Partei) und Elias Farah (syrisch-irakischer Baath-Ideologe) zum Beispiel der 1949 im Libanon hingerichtete SSNP-Gründer Antun Saada, der 2005 ermordete libanesische KP-Generalsekretär George Hawi und (marxistische) PLO-Führer wie George Habasch.

Politisches Kriterium

Der Begriff kann zum einen die Gesamtheit der Mitgliedsstaaten der Arabischen Liga (und ihrer Bewohner), zum anderen das zusammenhängende Siedlungsgebiet der Araber beziehungsweise das al-watan al-arabi / الوطن العربي / al-waṭan al-ʿarabī / ‚Arabisches Vaterland‘ bezeichnen.

Die beiden Begriffe sind nicht identisch, da es sowohl arabische Minderheiten in Ländern gibt, die nicht Mitglied der Arabischen Liga sind (wie der Türkei und dem Iran oder Israel), als auch Mitgliedsstaaten, die keine eindeutige arabische Bevölkerungsmehrheit besitzen, so etwa Somalia, Dschibuti oder die Komoren. Zum Arabischen Vaterland zählen Nationalisten aber meistens auch die iranische Provinz Chuzestan, den Sandschak Alexandrette (İskenderun), die Westsahara und Eritrea, obwohl diese Gebiete nicht zur Liga gehören.

Politisch gibt es in der arabischen Welt den gemeinsamen Traum einer in einem Staat vereinten arabischen Nation. Alle bisherigen Einigungsversuche des Panarabismus sind aber erfolglos geblieben. Bekannte panarabische Vordenker und Führer der Neuzeit sind Michel Aflaq, Gamal Abdel Nasser und Muammar al-Gaddafi, aber auch die PLO sieht sich als Speerspitze der arabischen Einigungsbewegung in dem Gedanken, dass die palästinensische Revolution der Auslöser der arabischen Revolution sein könnte. Nicht zuletzt wegen dieser Auffassung ist der Nahostkonflikt nicht nur für Israel prägend, sondern bewegt regelmäßig die arabischen Massen.

Die Arabische Liga ist ein Verbund arabischer Staaten, wurde am 22. März 1945 in Kairo gegründet und besteht aus 22 Mitgliedstaaten.

Wirtschaftliche und soziale Situation

Die meisten arabischen Staaten sind Schwellenländer oder Entwicklungsländer. Ausnahmen bilden Saudi-Arabien, Kuwait, Katar, Bahrain und die Vereinigten Arabischen Emirate, die heute Industrieländer mit allerdings sehr wenig diversifizierter Branchenstruktur sind, weil sie stark auf Erdölexporte angewiesen bleiben. Die Erdölressourcen begründen auch die geopolitische Bedeutung der Region, in der sich früher das Vereinigte Königreich und seit der iranischen Revolution die Vereinigten Staaten immer mehr militärisch engagieren. Diese Abhängigkeit vom Erdöl ist mit für die Verzögerung bei der Entwicklung einer diversifizierten Branchenstruktur verantwortlich (sog. Ressourcenfluch). Es gibt zwar einen hohen Anteil von Klein- und Kleinstunternehmern, die jedoch zum großen Teil auf traditionellen Geschäftsfeldern tätig sind. Die Rate der Neugründungen liegt (außer in Katar und Marokko) unter dem weltweiten Durchschnitt. Frauen sind weit unterdurchschnittlich am Gründungsgeschehen beteiligt, was sich nur langsam ändert. Eine überwiegend patriarchalische Gesellschaftsstruktur behindert die Beteiligung von Frauen am ökonomischen Leben. Große Staatsfonds wie ADIA in Abu Dhabi dominieren große Bereiche der Wirtschaft und behindern private Initiativen.

In den Ländern des Nahen Ostens ist die Wirtschaft laut Weltbank zwischen 2000 und 2006 um durchschnittliche 5,31 Prozent pro Jahr gewachsen. Das Bruttonationaleinkommen aller 22 Länder der Arabischen Liga lag 1999 bei 631,2 Milliarden Dollar. Im Jahr 2006 stieg das Bruttosozialprodukt auf 1.585.14 Milliarden Dollar. Saudi-Arabien hat das größte Bruttoinlandsprodukt der arabischen Welt.

Literatur

  • Alexander Flores: Die Arabische Welt. Ein kleines Sachlexikon. Reclam-Verlag, Stuttgart 2003, ISBN 978-3-15-018270-3.
  • Ulrich Haarmann: Geschichte der arabischen Welt. C. H. Beck, München 2004, ISBN 978-3-406-47486-6.
  • Khalid Al-Maaly: Die arabische Welt. Zwischen Tradition und Moderne. Palmyra, 2004, ISBN 978-3-930378-56-2.
  • Alfred Schlicht: Geschichte der arabischen Welt. Reclam-Verlag, Stuttgart 2013, ISBN 978-3-15-010916-8.
  • Udo Steinbach: Die arabische Welt im 20. Aufbruch – Umbruch – Perspektiven. Kohlhammer, Stuttgart 2016, ISBN 978-3-17-032541-8.
  • Günter Barthel, Kristina Stock: Lexikon Arabische Welt. Kultur, Lebensweise, Wirtschaft, Politik und Natur im Nahen Osten und Nordafrika. Reichert, 1994, ISBN 978-3-88226-783-9.

Siehe auch

 Wikinews: Portal:Arabische Welt – in den Nachrichten

Einzelnachweise

  1. North Africa - From the Arab conquest to 1830 | Britannica. Abgerufen am 1. Dezember 2022 (englisch).
  2. Megha Srigyan, Héctor Bolívar, Irene Ureña, Jonathan Santana, Andrew Petersen, Eneko Iriarte, Emrah Kırdök, Nora Bergfeldt, Alice Mora, Mattias Jakobsson, Khaled Abdo, Frank Braemer, Colin Smith, Juan José Ibañez, Anders Götherström, Torsten Günther, Cristina Valdiosera: Bioarchaeological evidence of one of the earliest Islamic burials in the Levant. In: Communications Biology. Band 5, Nr. 1, 7. Juni 2022, ISSN 2399-3642, S. 1–13, doi:10.1038/s42003-022-03508-4 (nature.com [abgerufen am 1. Dezember 2022]).
  3. Why is The Comoros in the Arab League? 17. August 2021, abgerufen am 1. Dezember 2022 (englisch).
  4. Die US-amerikanische Library of Congress geht von knapp 600.000 Nicht-Arabisch-Sprechern in einer Bevölkerung von rund 100 Millionen aus
  5. Jacques Leclerc: Algérie. Situation géographique et démolinguistique CEFAN, Université Laval, Quebec
  6. Nach Salam DHR sind ca. 20 % der bahrainischen Bürger Ajam die zuhause meist persisch sprechen.
  7. Said Djama Dirie: Languages Market in the Horn of Africa: A case study of Djibouti (PDF) Aston University, 2020
  8. Jacques Leclerc: Djibouti. Données démolinguistiques CEFAN, Université Laval, Quebec
  9. Tekle M. Woldemikael: Language, Education, and Public Policy in Eritrea in: African Studies Review, Vol. 46, No. 1 (April 2003), pp. 117–136.
  10. Redie Bereketeab: The Politics of Language In Eritrea: Equality Of Languages Vs. Bilingual Official Language Policy (PDF) in: The Nordic Africa Institute Uppsala, Sweden
  11. Encyclopedia Britannica: Eritrea
  12. Encyclopaedia Britannica: Arabs of Iraq
  13. Juan Cole: Is Iraq an Arab Country? in: History News Network
  14. Dafna Yitzhaki: Attitudes to Arabic Language Policies in Israel: Evidence from a Survey Study in: Language Problems & Language Planning 35(2):95-116. Oktober 2011
  15. Marie-Claude Simeone-Senelle: Mehri and Hobyot spoken in Oman and in Yemen February 2010 (gibt 70.600 Mehri-Sprecher für Jemen an)
  16. Bernard Comrie, Max-Planck-Institute gibt 70.000 Sprecher für Soqotri an
  17. Helen Chapin Metz, ed. Jordan: A Country Study Washington: GPO for the Library of Congress (1989) Ethnicity and Language
  18. Ibrahim Darwish, Saada Bader: Language and Religion in Jordan Research on Humanities and Social Sciences Vol.4, No.26, 2014
  19. Sara Hillman, Emilio Ocampo Eibenschutz: English, super-diversity, and identity in the State of Qatar World Englishes 37, April 2018
  20. Sara Hillman, Emilio Ocampo Eibenschutz: English, super-diversity, and identity in the State of Qatar World Englishes 37, April 2018
  21. Michel Lafon: Situation linguistique à la Grande-Comore et essai de définition du statut de l’arabe in: Matériaux arabes et sud-arabiques, 1988, pp.95-119
  22. Lebanon Minorities Overview; World Directory of Minorities and Indigenous Peoples
  23. Moha Ennaji: Multilingualism, Cultural Identity, and Education in Morocco (2005) DOI:10.1007/b104063
  24. Angaben zu den in Somalia verwendeten Sprachen. IN: Ethnologue.com. In: Ethnologue.
  25. Zu den Ursachen siehe z. B. GEM-Länderbericht 2008 für Ägypten (Memento vom 25. Juli 2014 im Internet Archive), S. IX.
  26. Women’s Empowerment (Memento vom 4. Juli 2010 im Internet Archive) Aktivitäten des UNDP, abgerufen am 4. Oktober 2012
  27. Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit, abgerufen am 11. Januar 2016
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. Additional terms may apply for the media files.