Als Artillerieträger werden im Allgemeinen alle Überwasserfahrzeuge bezeichnet, deren Hauptbewaffnung aus Rohrartillerie besteht.

Bezeichnung

Während der Segelschiffsära waren nach Einführung von Kanonen in die Palette der Bewaffnung alle Kriegsschiffe Artillerieträger bzw. Artillerieschiffe. Nach Einführung der Raketenbewaffnung für Schiffe wurde die Unterscheidung zwischen Raketen- und Artillerieträgern nach deren Hauptbewaffnung erforderlich, um sie sicher klassifizieren zu können. Der Begriff umfasste im zwanzigsten Jahrhundert konventionelle Linienschiffe, Schlachtschiffe und Schlachtkreuzer, Monitore, Schwere und Leichte (Artillerie-)Kreuzer, Zerstörer, Kanonenboote sowie z. T. auch Hilfskreuzer, Vorposten- und Patrouillenboote.

Gelegentlich wird die Bezeichnung Artillerieträger auch auf Ketten-, Halbketten- oder Radfahrzeuge angewandt, die nachträglich behelfsmäßig mit Geschützen ausgerüstet wurden.

Artillerieträger der deutschen Kriegsmarine

Als Artillerieträger wurden speziell in der Kriegsmarine Küstenmotorschiffe bezeichnet, die mit Geschützen mittleren oder schweren Kalibers und Flak bewaffnet wurden. Sie gehörten jedoch nicht zur Gruppe der Marinefährprahme bzw. Artilleriefährprahme. Für militärische Zwecke waren die Artillerieträger wie viele Hilfskriegsschiffe wenig geeignet, vor allem da ihnen die notwendigen Geschützunterbauten wie die enge räumliche Unterteilung und ein ausreichender Unterwasserschutz fehlten. Ihr Bau war eine Notlösung, da es der Kriegsmarine mit zunehmender Dauer des Krieges an geeigneteren Einheiten mangelte. Sie wurden deswegen überwiegend im Geleit- und Vorpostendienst eingesetzt.

Man unterschied sie in zwei Klassen: Schwere und Leichte Artillerieträger. Schwere Artillerieträger (SAT) führten ein Geschütz von über 100 mm bis 150 mm Kaliber als Hauptbewaffnung, dazu Leichte Flak, und waren meist 500 bis 600 BRT groß. Leichte Artillerieträger (LAT) waren mit einem Geschütz im Kaliber 75 mm oder 88 mm sowie Leichter Flak ausgerüstet und waren maximal 300 BRT groß. Als Bewaffnung kamen jeweils verfügbare Geschütze, ggf. auch Beutewaffen, zum Einsatz.

Insgesamt wurden 19 Schwere und 18 Leichte Artillerieträger in Dienst gestellt. Sie waren in acht verschiedenen Artillerieträger-Flottillen (ATF) mit ebenfalls Artilleriegeschütze tragenden Marinefährprähmen, Marine-Artillerie-Leichtern und Artillerie-Fährprähmen zusammengefasst und teils wechselnden Sicherungsdivisionen unterstellt. Dabei war es durchaus möglich, dass Restbestände aufgelöster oder aufgeriebener Flottillen neu registriert bzw. umklassifiziert wurden; insbesondere die 3. Artillerieträger-Flottille wurde dreimal aufgestellt und wieder aufgelöst. Die Kennzeichnung AF stand für Artillerieträger-Flottille (nicht zu verwechseln mit AFP: Artilleriefährprahm). Sie wurden zeitweilig auch als Marine-Artillerieleichter (MAL) bezeichnet, insbesondere die Einheiten der 3. und 4. Artillerieträger-Flottillen, ein Verweis auf ihre ursprüngliche Verwendung.

Übersicht über die Artillerieträger-Flottillen

FlottilleaufgestelltaufgelöstEinsatzgebietEinsatzhäfenEinheitenUnterstellung
1. ATFApril 1943Mai 1945NordseeRotterdam, später Franeker (Friesland)AF 41 – 45, 47, 48, 58, 59, 86 – 921. Sicherungs-Division
2. ATFSeptember 1942Mai 1945NordseeBrügge, Dünkirchen, Boulogne u. a.AF 1, 3, 4, 6 – 8, 10 – 152. Sicherungs-Division bis Anfang 45, dann bis Kriegsende 5. Sicherungs-Division
3. ATF (1)Februar 1943September 1943Schwarzes MeerConstanța u. a.MAL 1 – 4, 8 – 1110. Sicherungs-Division
3. ATF (2)Februar 1944September 1944Schwarzes MeerMAL 2; 4, 51 – 5610. Sicherungs-Division
3. ATF (3)Januar 1945Mai 1945OstseeF 410, 457, 490, 1048, 600, 379, 617, 980, 981, 880; Motorprahm D 154 als Werkstattboot; SAT 5 – 8, 10; 11, 13 – 1710. Sicherungs-Division
4. ATFJanuar 1944September 1944 (Boote gesprengt)PeipusseeDorpat, Kastre, MustveeMAL 13 – 24Kommandierender Admiral Ostland
5. ATFFebruar 1944Mai 1945Nordsee, OstseeEsbjerg, Leirvik, Thyborøn, SwinemündeAF 73 – 75, 77, 79 – 828. Sicherungs-Division bis Februar 45, dann bis Kriegsende 10. Sicherungs-Division
6. ATFFebruar 1944August 1944Nordsee, ÄrmelkanalRotterdam, IsignyAF 61 – 722. Sicherungs-Division
7. ATFAugust 1944Mai 1945OstseeKotka, Mõntu, Libau, AdlershorstAF 2, 5, 9, 19, 21, 23, 26, 29 – 31, 33, 34, 37, 38, 46, 49, 509. Sicherungs-Division
8. ATFApril 1944Mai 1945Nordsee, OstseeRotterdam u. a.AF 97 – 11110. Sicherungs-Division

Schwere Artillerie-Träger

NumberNameUrsprüngl. NameBRTVerbleibAnmerkung
SAT 1OstOst56511. Juli 1943 nach Minentreffer gesunkenab Januar 1941: SAT 28
SAT 2WestWest57315. Sept. 1943 durch sowjetische Fliegerbombe versenktab Mai 1941: SAT 20
SAT 3AugustAugust400Febr. 1946 sowjetische Kriegsbeute
SAT 4HeleneHelene400März 1946 sowjetische Kriegsbeute
SAT 5Robert Müller 6Robert Müller 639918. April 1945 durch sowjetische Fliegerbombe versenkt
SAT 6SoembaSoemba3241945 an die Niederlande zurück
SAT 7NienburgNijenburgh (ex Heiny)4001945 an die Niederlande zurück
SAT 8ParaatParaat3051945 an die Niederlande zurück
SAT 9UnitasUnitas3591945 an die Niederlande zurück
SAT 10KemphaanKemphaan3431945 an die Niederlande zurück
SAT 11CascadeCascade3381945 an die Niederlande zurück
SAT 12GlobeGlobe3144. Aug. 1944 bei Walcheren durch Fliegerbombe versenkt
SAT 13JoostJoost3221945 an die Niederlande zurück
SAT 14BerkelstroomBerkelstroom3991946 an die Niederlande zurück
SAT 15PolarisPolaris3225. Feb. 1945 bei Pillau durch sowjetische Fliegerbomben versenkt
SAT 16WestflandernWest-Vlaanderen3461. Mai 1945 bei Nexø durch sowjetische Fliegerbombe versenkt
SAT 17Hast IHast I (ex Uranus)3981947 an die Niederlande zurück
SAT 18OstseeOostzee336April 1945 vor Hela noch im Einsatz, Verbleib unbekannt oder 1945 zurück an Eigner und 1. Oktober 1952 bei Barfleur im Sturm gesunken
SAT 19TrompenburghTrompenburgh3791945 an die Niederlande zurück

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Walter Lohmann, Hans H. Hildebrand. Die deutsche Kriegsmarine 1939–1945. Sammelwerk in drei Bänden. O.O. 1956. Band I, Hauptkapitel VIII, Kapitel 7
  2. https://www.historisches-marinearchiv.de/projekte/landungsfahrzeuge/artillerietraeger/ausgabe.php?where_value=775
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. Additional terms may apply for the media files.