In der Analysis ist eine Funktion von beschränkter Variation (beschränkter Schwankung), wenn ihre totale Variation (totale Schwankung) endlich ist, sie also in gewisser Weise nicht beliebig stark oszilliert. Diese Begriffe hängen eng mit der Stetigkeit und der Integrierbarkeit von Funktionen zusammen.
Der Raum aller Funktionen von beschränkter Variation auf dem Gebiet wird mit bezeichnet.
Das Konzept geht auf Camille Jordan zurück.
Reelle Funktionen
Definition
Die totale Variation einer reellwertigen Funktion , die auf einem abgeschlossenen Intervall definiert ist, ist das Supremum
wobei dieses Supremum über alle möglichen Partitionen des Intervalls gebildet wird. Das hier angegebene hängt von ab.
Genau die stetigen Funktionen von beschränkter Variation sind Riemann-Stieltjes-integrierbar. Deshalb kann mit einer Halbnorm ausgestattet werden:
- .
Hierbei wird das Supremum über alle stetig differenzierbaren Funktionen mit kompaktem Träger und Funktionswerten im Intervall gebildet.
Die Halbnorm stimmt mit dem Supremum, das die beschränkte Variation definiert, überein.
Beispiel
Ein einfaches Beispiel für eine Funktion mit unbeschränkter Variation ist in der Nähe von . Es ist anschaulich einsichtig, dass der Wert des Quotienten für mit zunehmender Annäherung an 0 immer schneller gegen ∞ anwachsen wird und damit der Sinus dieses Werts dabei unendlich viele Schwingungen durchlaufen wird. Dies zeigt das Bild rechts.
Die Funktion
ist ebenfalls nicht von beschränkter Schwankung im Intervall [0, 1], im Gegensatz zur Funktion:
- .
Hier wird die Variation des Sinusterms, die für stark zunimmt, durch die zusätzliche Potenz genug gedämpft.
Erweiterungen
Diese Definition kann auch für komplexwertige Funktionen oder Funktionen mit Werten in einem metrischen Raum verwendet werden (ersetze in letzterem Falle durch ).
BV-Funktionen in mehreren Variablen
Funktionen von beschränkter Variation, oder -Funktionen, sind Funktionen, deren distributionelle Ableitungen endliche vektorwertige Radonmaße sind. Genauer:
Definition
Sei eine offene Teilmenge von . Eine Funktion ist von beschränkter Variation oder Element von , wenn ihre distributionelle Ableitung ein endliches, signiertes, vektorwertiges Radonmaß ist. D. h., es existiert , so dass
gilt.
Zusammenhang mit rektifizierbaren Wegen
Eine stetige Funktion kann auch als Weg im metrischen Raum aufgefasst werden. Es gilt, dass genau dann von beschränkter Variation ist, wenn ein rektifizierbarer Weg ist, also eine endliche Länge hat.
Zusammenhang mit der Maßtheorie
In der Maßtheorie sind die reell-/komplexwertigen Funktionen von beschränkter Variation genau die Verteilungsfunktionen von signierten/komplexen Borelmaßen auf .
Literatur
- Jürgen Elstrodt: Maß- und Integrationstheorie. 5. Auflage. Springer, Berlin 2007, ISBN 978-3-540-49977-0.
- Gerald Teschl: Topics in Real and Functional Analysis. 2011 (freie Onlineversion).
- Luigi Ambrosio, Nicola Fusco and Diego Pallara: Functions of Bounded Variation and Free Discontinuity Problems. Oxford 2000.
Weblinks
- Golubov, Function of bounded variation, Encyclopedia of Mathematics, Springer
Einzelnachweise
- ↑ Golubov, Variation of a function, Encyclopedia of Mathematics, Springer
- ↑ Golubov, Function of boundes variation, Encyclopedia of Mathematics, Springer