Bristol
Bristol 411 Mk. 3
411
Produktionszeitraum: 1969–1976
Klasse: Oberklasse
Karosserieversionen: Limousine
Motoren: Ottomotoren:
5,9–6,6 Liter
(194–294 kW)
Länge: 4902 mm
Breite: 1727 mm
Höhe: 1410 mm
Radstand: 2895 mm
Leergewicht: 1500 kg
Vorgängermodell Bristol 410
Nachfolgemodell Bristol 603

Der Bristol 411 war eine zweitürige Limousine des britischen Automobilherstellers Bristol Cars, die 1969 den Bristol 410 ersetzte und bis 1976 hergestellt wurde. Im Laufe der siebenjährigen Produktionszeit erfuhr das Modell sukzessive zahlreiche technische und optische Modifikationen. Einige dieser Änderungen waren so gravierend, dass sie, die bisherige Praxis des Herstellers zugrunde gelegt, eigentlich eine neue Modellbezeichnung gerechtfertigt hätten; das galt jedenfalls für den Wechsel vom 411 Mk.2 zum Mk.3 und vom Mk. 3 zum Mk.4. Gleichwohl behielt Bristol für alle Varianten die Bezeichnung „411“ bei und differenzierte die einzelnen Modelle nach Serien (Mark 1 bis Mark 5). Gegenwärtig wird das Modell als Series 6 Coupé von Bristol Cars erneut angeboten.

Modellgeschichte

Bristol 411 Mk. 1

Der Bristol 411 Mk. 1 wurde im Frühjahr 1969 vorgestellt. Der wesentliche Unterschied zum bisherigen 410 war die Verwendung eines wesentlich größeren Motors. Bristol trennte sich nach acht Jahren von dem bewährten 5,2 Liter-Achtzylinder und griff nunmehr auf ein 6,3 Liter großes Triebwerk von Chrysler zurück, das in ähnlicher Konfiguration bereits seit längerem im Jensen Interceptor eingesetzt wurde. Der neue Motor war weniger stark bearbeitet als das bisherige Triebwerk; Bristol verwendete von nun an im Wesentlichen serienmäßige Motoren. Die Anpassung des neuen Motors an das Auto zog zahlreiche technische Detailänderungen nach sich. Der Grund für den Wechsel des Motors lag nach Darstellung von Bristol in erster Linie in dem Umstand, dass das neue Triebwerk servicefreundlicher war, da ein Einstellen des Ventilspiels nicht mehr nötig war. Festzuhalten ist allerdings auch, dass mit dem größeren Triebwerk eine erhebliche Leistungssteigerung verbunden war. Der Motor gab nun 335 SAE-PS ab.

Auch die Karosserie war in zahlreichen Details überarbeitet worden. Die Änderungen waren aber so dezent, dass sie auf den ersten Blick kaum wahrzunehmen waren. Die auffälligsten Modifikationen betrafen die seitliche Zierleiste – nur noch eine statt wie bisher zwei – sowie die Heckpartie: Hier wurde bei grundsätzlicher Beibehaltung der Humber-Rückleuchten nunmehr auf die angedeuteten Heckflügel verzichtet; das Wagenheck war stattdessen glatt gestaltet. Abgesehen davon hatte Bristol die Form des Kühlergitters neu gestaltet, die Lage der Zusatzscheinwerfer modifiziert und die Rundungen der vorderen Kotflügel überarbeitet. Im Interieur fiel die Verwendung eines neuen Lenkrads auf: Anstelle des traditionellen Zwei-Speichen-Lenkrads von Bluemel wurde nun ein Modell mit drei Speichen installiert, in dessen Nabe ein Bristol-Wappen zu sehen war.

Die Fahrleistungen stiegen durch den neuen Motor deutlich. Die Höchstgeschwindigkeit des Bristol 411 lag bei 230 km/h, für die Beschleunigung von 0 auf 60 Meilen pro Stunde gab das Werk einen Wert von 7 Sekunden an. Der Bristol 411 Mk. 1 war damit nach Aussage der Zeitschrift Autosport der schnellste serienmäßige Tourenwagen der Welt.

Bei seiner Vorstellung lag der Verkaufspreis des Bristol 411 bei 6.997 Britischen Pfund.

Bristol 411 Mk. 2

Im Herbst 1970 präsentierte Bristol eine erste überarbeitete Version des 411. In technischer Hinsicht bestand die wesentliche Neuerung in der Verwendung einer automatischen – statt bisher manuellen – Niveauregelung. Äußerlich gab es einige sehr dezente Änderungen, die als kosmetische Modifikationen zu verstehen waren. So verwendete Bristol neue Türgriffe und Türschlösser, die schlanker ausfielen. Der Mk. 2 wurde bis 1972 produziert.

Bristol 411 Mk. 3

Mit der Einführung der dritten Serie im Juli 1972 erhielt der Bristol 411 eine in weiten Teilen neue Karosserie. Zwar blieb das grundsätzliche Layout des Wagens und auch die Gestaltung der Fahrgastzelle im Kern unangetastet, abgesehen davon wurden aber die Front- und Heckpartie in markanter Weise neu gestaltet. Der Kühlergrill ging nunmehr über die gesamte Fahrzeugbreite. Darin integriert waren vier große Rundscheinwerfer vom Zulieferer Lucas, deren Durchmesser sich auf nahezu 20 Zentimeter belief und die für exzellente Sichtverhältnisse bei Nachtfahrten sorgten. Zwischen den Frontscheinwerfern lag ein verchromtes Kühlergrillelement, das aufgrund seiner Form an einen Toaster erinnerte. Das Element wurde daraufhin in der Presse Toaster Grill oder Barbecue Grill genannt. Es blieb bei allen folgenden 411-Modellen erhalten und fand sich – in modifizierter Form – auch beim Bristol 412 sowie später beim Bristol Britannia und beim Bristol Brigand, nicht aber bei dem unmittelbaren Nachfolger des 411, dem Bristol 603. Entsprechend der neuen Frontpartie, waren auch die Motorhaube und die vorderen Kotflügel überarbeitet worden. Letztere waren leicht erhöht, um die Einsehbarkeit des Vorderwagens zu verbessern. Am Heck wurden die alten Rückleuchten des Humber Sceptre durch neue, rechteckige Rückleuchten ersetzt, die nach wie vor senkrecht standen. Rückfahrscheinwerfer befanden sich beiderseits neben dem Kfz-Kennzeichen. Insgesamt machte der 411 Mk. 3 einen wesentlich zeitgemäßeren Eindruck als seine Vorgänger, ohne selbst wirklich modisch oder modern zu sein.

Ein besonderes Merkmal waren zwei Doppelauspuff-Rohre, die unter dem hinteren Abschlussblech des Wagens auffällig herausragten. Hierbei handelte es sich um Attrappen. Tatsächlich traten die Abgase durch eine nach unten mündende Öffnung aus, die etwa fünf Zentimeter vor dem Ende der Auspuffrohre positioniert war. Durch diese Konstruktion sollte sichergestellt werden, dass austretende Abgase keine Spuren an der Garagenwand des Bristol-Fahrers hinterließen. Das Interieur war klassisch. Der Stil, die Ergonomie und die gute Verarbeitung wurden in der Presse einhellig gelobt; allein die Verwendung von British-Leyland-Türgriffen war Gegenstand von Kritik.

Die Antriebstechnik wurde nur geringfügig modifiziert. Der 6,3 Liter große Chrysler-Motor wurde beibehalten, allerdings senkte Bristol im Hinblick auf das Abgasverhalten und den Verbrauch die Verdichtung auf ein Verhältnis von 9,5 : 1 ab (statt, wie bisher, 10,1 : 1). Damit war eine Reduzierung der Motorleistung und auch der Fahrleistungen verbunden.

Bristol 411 Mk. 4

Bereits im Herbst 1973 erschien ein neuerlich überarbeitetes Modell, der 411 Mk. 4. Diesmal waren die Änderungen vor allem technischer Natur. Bristol wollte auf die geringfügig verschlechterten Fahrleistungen reagieren, die sich durch die Modifikationen beim Mk. 3 ergeben hatten. Um die bekannte Sportlichkeit wieder sicherzustellen, entschied sich die Unternehmensleitung – ähnlich wie es bei Jensen der Fall gewesen war – für die Verwendung eines neuen, noch größeren Motors. Allerdings entschied man sich nicht für den 7,2 Liter-Motor von Chrysler, der bei Jensen zahllose thermische Probleme nach sich zog. Zwar soll ein 411 zu Versuchszwecken mit diesem Triebwerk ausgestattet worden sein; die Wahl fiel letztlich aber auf den kleineren, leichteren und ähnlich potenten 6,6 Liter-Motor von Chrysler. Mit einer Verdichtung von nur noch 8,2: 1, die die Verwendung von Normalbenzin ermöglichte, ergab sich eine Leistung von 264 PS nach europäischen Messverfahren. Damit erreichte der Mk. 4 Fahrleistungen, die wieder auf dem Niveau des 411 Mk. 2 lagen. Der gleiche Motor wurde bei dem 1974 vorgestellten Bristol 412 verwendet, einem Sicherheitscabriolet mit einer Karosserie von Zagato.

Bei seiner Vorstellung belief sich der Verkaufspreis des Bristol 411 Mk. 4 auf 8.973 Britische Pfund.

Bristol 411 Mk. 5

Im Sommer 1975 wurde die letzte Ausbaustufe des Bristol 411 vorgestellt. Die Änderungen waren allein kosmetischer Natur. Der Toaster Grill war nunmehr schwarz lackiert. Einige Embleme änderten sich, und der Wagen verfügte serienmäßig über Sicherheitsgurte mit Aufrollautomatik.

Besonderes Merkmal waren die auf Wunsch erhältlichen Avon-Sicherheitsreifen, die auch bei einem Defekt bei hohen Geschwindigkeiten eine Kontrolle des Wagens ermöglichten. Der Inhaber von Bristol Cars, Tony Crook, demonstrierte dies vor Vertretern der Medien bei einer Testfahrt auf einem Flugplatz, indem er eigenhändig einen Bristol 411 (allerdings einen umgerüsteten Mk. 4) auf 230 km/h beschleunigte und dann durch eine technische Vorrichtung einen Vorderreifen zum Platzen brachte. Abgesehen von einem geringfügigen Schlingern nach der Explosion setzte der Wagen seine Fahrt kurskorrekt fort.

Der Kaufpreis für einen Neuwagen lag im Jahr 1975 bei 12.587 Britischen Pfund.

Der Bristol 411 Mk. 5 war das letzte Bristol-Modell, dessen Karosserie konzeptionell auf dem inzwischen 15 Jahre alten Bristol 406 beruhte. Er wurde im Herbst 1976 durch den Bristol 603 abgelöst, der ein völlig neues, eigenständiges Design erhielt.

Bristol 411 Series 6

Eine Sonderstellung nimmt das werksseitig als Bristol 411 Series 6 Modell ein. Bei den Automobilen dieser Generation handelt es sich nicht um Neuwagen, sondern um umfassend restaurierte Fahrzeuge früherer Serien. Der erste Bristol 411 Series 6 wurde 2008 fertiggestellt. Später wurden auch andere Achtzylinder-Modelle von Bristol in dieser Weise umgewandelt. Die Fahrzeuge wurden mit einer Neuwagengarantie ausgeliefert.

Im Rahmen der Restaurierung werden die gebrauchten Fahrzeuge der Kunden komplett zerlegt und unter Verwendung zahlreicher Neuteile wieder aufgebaut. Das Chassis des Spenderfahrzeugs ist auch die Grundlage des neu aufgebauten Fahrzeugs. Während die Karosseriegestaltung unverändert bleibt, werden die technischen Komponenten weitgehend ausgewechselt. Die Fahrzeuge erhalten die Antriebs- und Fahrwerkstechnik des aktuellen Bristol Blenheim 3, sodass die Fahrleistungen, das Fahrverhalten und die Abgaswerte deutlich verbessert werden. Die Fahrzeuge werden mit dem aktuellen, 5,9 Liter großen Achtzylindermotor ausgestattet; dabei kann je nach Kundenwunsch die Standardversion oder die stark bearbeitete Ausführung aus dem Blenheim 3S verwendet werden, die nach Werksangaben bis zu 400 PS leistet. Auch die computergesteuerte Viergangautomatik des Blenheim wird übernommen. Schließlich erhalten die Fahrzeuge ein zeitgemäßes Audiosystem, eine Satellitennavigationsanlage und einen IPod-Anschluss.

Bedeutung des 411 für das Unternehmen

Der 411 war ein wichtiges Auto für Bristol Cars. Mit diesem Modell gelang es dem Unternehmen, die schwierige Zeit der ersten Ölkrise zu überstehen, die auch eine schwierige Phase für Hersteller teurer Luxusfahrzeuge war. Während zahlreiche Anbieter ähnlich konzipierter Autos wie Iso Rivolta oder Jensen an der Ölkrise scheiterten und selbst Aston Martin in Insolvenz fiel, hielt sich Bristol über all die Jahre beständig am Markt. Grund hierfür war neben dem überzeugenden, wandelbaren Grundkonzept des 411 vor allem der Umstand, dass Bristol das Modell durch kontinuierliche Modifikationen attraktiv hielt und den Kunden regelmäßig Anreize gab, neue Autos zu bestellen. Zudem gelang es dem Unternehmen, schon mit geringen Produktionszahlen kostentragend zu arbeiten; so konnten – anders als bei der Konkurrenz – Überkapazitäten vermieden werden. Bemerkenswert ist, dass es Bristol in dieser problematischen Phase sogar gelang, mit dem 1974 vorgestellten Bristol 412 ein Schwestermodell zu entwickeln, das das Interesse an der Marke nochmals intensivierte.

Literatur

  • R.M. Clarke: Bristol Cars: A Brooklands Portfolio: 132 Contemporary Articles Drawn from International Motoring Journals, UK 2001 (engl.)
  • Fastest true four-seater Touring Car. Vorstellung des Bristol 411 Mk. 1 in: Autosport, 20. August 1970
  • British as boiled beef, Markenprofil und Präsentation des Bristol 411 Mk. 3 in: Wheels, Februar 1973.
  • Tiefstapler. Fahrbericht Bristol 411 Mk. III in: Motor Klassik 10/2000, S. 24 ff.
Commons: Bristol 411 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Der erste Bristol 411 Series 6 wird in einem Verkaufsprospekt aus dem Sommer 2009 neben dem aktuellen Blenheim Mk. 3 abgebildet.
  2. AutoTrader Classics zur Series 6
  3. bristolcars.co.uk: Bristol Cars Ltd – Series 6 (Memento vom 11. Februar 2011 im Internet Archive) (englisch)
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