Jean-Baptiste Charles Henri Hector, comte d’Estaing (* 20. November 1729 auf Schloss Ravel, Auvergne; † 28. April 1794 in Paris hingerichtet) war ein französischer Marineoffizier und Vizeadmiral während des Siebenjährigen Krieges und Amerikanischen Unabhängigkeitskrieges.

Militärlaufbahn

Charles Henri d’Estaing begann seine Militärlaufbahn ursprünglich bei der Infanterie, seiner adeligen Herkunft wegen sofort als Oberst und Regimentskommandeur. Im Siebenjährigen Krieg kämpfte er in Ostindien. Während der Belagerung von Madras 1758/1759 geriet er in britische Gefangenschaft, wurde aber auf Ehrenwort entlassen. Trotz dieser Zusage, sich nicht mehr an Kämpfen zu beteiligen, unternahm d’Estaing eine Kaperfahrt im Persischen Golf. Erneut gefangen genommen, wurde er in Portsmouth inhaftiert.

Amerikanischer Unabhängigkeitskrieg

Nach dem Frieden von Paris 1763 trat d’Estaing der Marine im Rang eines Chef d’escadre (Konteradmiral) bei und wurde bereits kurz danach zum Lieutenant-général (Vizeadmiral) befördert. Bei Ausbruch des Amerikanischen Unabhängigkeitskrieges wurde er 1778 zum Vice-amiral des Mers d’Asie et d’Amérique ernannt, und er erhielt das Kommando über ein Geschwader in Nordamerika. Seine militärischen Erfolge in diesem Krieg waren anfangs eher bescheiden. Durch seine zögerndes Vorgehen vor dem Delaware konnte ihm Admiral Howe entkommen. Im August 1778 gelang es ihm in der Bucht von Naragansett fünf britische Fregatten zu zerstören. Eine Schlacht mit Howe, der inzwischen sein Geschwader verstärken konnte, wurde von Schlechtwetter verhindert. Im Dezember desselben Jahres versuchte er vergeblich, die von Barrington besetzte Insel St. Lucia zurückzuerobern. Im Gegenzug gelang es ihm jedoch im Juli 1779, die Insel Grenada zu nehmen. In der darauffolgenden Seeschlacht von Grenada konnte er die Briten unter Admiral John Byron abwehren. Eine Rückeroberung der Insel durch die Engländer wurde zwar so verhindert, aber durch sein zögerndes Verhalten nach der Schlacht blieb den Briten eine eindeutige Niederlage erspart. Im August attackierte er die Engländer in Savannah, welches sie dann am 29. Dezember 1778 einnahmen. Auch wenn es gemeinsam mit amerikanischen Bodentruppen nicht gelang, die Stadt zu erobern, wurden die Briten gezwungen, ihre Truppen zu stärken. Daher wurde Rhode Island geräumt und dabei der britische Flottenstützpunkt in der Bucht von Naragansett aufgegeben.

Bei seiner Rückkehr nach Frankreich wurde d’Estaing trotz mangelnder Erfolge dennoch als Held gefeiert. Bis zum Frieden von 1783 war er Kommandant des französisch-spanischen Geschwaders von Cádiz.

Französische Revolution

Nach Ausbruch der Französischen Revolution wurde er Kommandeur der Nationalgarde in Versailles. Während des Zuges der Poissarden nach Versailles vom 5. und 6. Oktober 1789 verhielt er sich vorerst passiv, überführte aber dann mit der Nationalgarde das Königspaar von Versailles in das Palais des Tuileries nach Paris. Im Prozess gegen Marie-Antoinette wurde er im Oktober 1793 als Zeuge gegen die Königin aufgerufen, konnte oder wollte aber nichts wirklich Belastendes vorbringen. Im März 1794 – nun selbst der Verschwörung angeklagt – wurde er zum Tod durch die Guillotine verurteilt. Mit den Worten Sendet meinen Kopf den Engländern – man wird gut dafür zahlen! nahm er das Urteil entgegen und wurde am 28. April 1794 hingerichtet.

Mit seinem Tod endete die Linie der Grafen d’Estaing. Der spätere französische Präsident Valéry Giscard d’Estaing entstammt nicht dieser Familie; sein Vater hatte 1922 den Adelstitel des Admirals gekauft.

Literatur

  • Weltgeschichte der Seefahrt, Band 4, Biografisches Lexikon von Helmut Pemsel, Wien 2005, ISBN 3-7083-0024-6, ISBN 3-7822-0836-6
  • Weltgeschichte der Seefahrt, Band 6, Seeherrschaft II von Helmut Pemsel, Wien 2005, ISBN 3-7083-0026-2, ISBN 3-7822-0838-2
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