Chrystyna Iwaniwna Solowij (ukrainisch Христина Іванівна Соловій, englische Transkription und internationaler Künstlername Khrystyna Soloviy; * 17. Januar 1993 in Drohobytsch, Oblast Lwiw, Ukraine) ist eine ukrainische Singer-Songwriterin. Ihr Videoclip Тримай (Halt’ mich fest) wurde mehr als 39 Millionen Mal angeklickt und in die Liste der beliebtesten ukrainischsprachigen Musikvideos auf YouTube aufgenommen.

Leben und Schaffen

Chrystyna Solowij absolvierte die Musikschule Drohobytsch, an der ihre Mutter in den Oberstufenklassen Chorgesang unterrichtete, im Fach Klavier. Ihr Vater war Beamter in der Kulturabteilung der Stadtverwaltung von Drohobych sowie Solist in der Lwiwer Kapelle „Trembita“. Ihre Großmutter, die lange als Leiterin eines Bandura-Ensembles tätig war, sang ihren Enkelkindern alte galizische Lieder vor und erzählte ihnen ukrainische Märchen und Legenden. Sie schrieb auch Gedichte und Lieder, die sie am Klavier begleitete. Im Alter von elf Jahren erfuhr Solowij, dass sie zu einem Viertel lemkischer Abstammung ist.

2010 zog die Familie nach Lwiw, wo Solowij ukrainische Philologie an der Nationalen Iwan-Franko-Universität und ihr Bruder Jewhen (ukr. Євген, heute der Rhythmusgitarrist in der Band seiner Schwester) an der Nationalen Polytechnischen Universität zu studieren begann. Nebenbei sang sie bis 2013 im Chor „Lemkowyna“ (Хор „Лемковина“), in dem sie auch als Solistin hervortrat.

2013 nahm Chrystyna Solowij mit dem lemkischen Lied Горе долом ходжу (Weh ist mir) an der 3. Staffel der ukrainischen TV-Castingshow „Голос країни“ (The Voice of the Country) teil und erreichte im Team von Swjatoslaw Wakartschuk, der später auch ihr Produzent werden sollte, das Halbfinale.

Am 22. September 2015 erschien ihr Debütalbum Жива вода (Lebendiges Wasser bzw. Wasser des Lebens), das zwölf Lieder enthält – zehn von ihr arrangierte lemkische Volkslieder (allerdings mit ukrainischem Text) und zwei eigene Songs (Тримай / Halt’ mich fest und Синя пісня / Das Blaue Lied). Zu zwei der Songs (Под облачком / Unter der Wolke und Тримай / Halt’ mich fest) wurden Videoclips produziert. Das Album war unter den Top 10 der besten Alben des Jahres 2015.

Ende Oktober 2018 erschien ihr zweites Studioalbum Любий друг (Lieber Freund) mit elf ausschließlich eigenen Liedern (Text, Musik, Arrangement). Das Setting des surrealistischen Videos zum Titelsong zitiert das „rote Zimmer“ aus David Lynchs TV-Serie Twin Peaks.

Für den Soundtrack des im Februar 2019 anlässlich des 100. Jahrestages der identitätsstiftenden Schlacht bei Kruty uraufgeführten Spielfilms Крути 1918 steuerte Chrystyna Solowij ihr Lied Стежечка („Der Weg“, nach dem Gedicht Отсе тая стежечка / „Hier ist der Weg“ von Ivan Franko) bei sowie eine Coverversion von Холодно (Kalt; Text und Musik: Swjatoslaw Wakartschuk, erschienen 2003 auf dem Album Суперсиметрія / Supersymetrija von Okean Elzy).

Ende Mai 2021 erschien der erste und Mitte November 2021 der zweite Teil (jeweils vier Lieder) ihres als Quadrologie konzipierten dritten Studioalbums Rosa Ventorum (lat. Windrose). Dazu heißt es auf YouTube, bei einer Windrose weisen „Strahlen vom Zentrum in die vier Himmelsrichtungen. Daher wird das Album als vier separate EPs veröffentlicht, die von verschiedenen Optionen der Protagonistin berichten“.

Auf der Ankündigung ihres bislang letzten Konzerts im Rahmen der Rosa Ventorum-Tour am 16. Februar 2022 in der Kiewer Bel Etage Music Hall heißt es: „Chrystyna Solowij wird nicht umsonst mit einer Fantasy-Mawka verglichen und eine Lemken-Prinzessin genannt. […] In ihren Liedern stellt die Autorin helle und reine Liebe als Symbol einer neuen Ära dar.“

Politische Haltung

Auf ihrem letzten Konzert der Жива вода-Tour (Frühling 2017) in Winnyzja sagte Chrystyna Solowij als Einleitung zu Горе долом ходжу, einem der berührendsten und bekanntesten Lieder der Lemken:

„Es ist sehr traurig, dass auch heute noch Menschen ihre Heimat verlieren, so wie es bei meinen Vorfahren der Fall war. Kürzlich war der Jahrestag der Aktion Weichsel. Ich denke, es ist kein Zufall, dass meine Tournee mit Lemken-Liedern mit diesem Datum zusammenfiel.“

Am 23. Februar 2022 – einen Tag vor dem russischen Überfall auf die Ukraine – veröffentlichte Chrystyna Solowij auf YouTube die Demo-Version ihres Liedes Я несу мир (Ich bringe Frieden). Im einleitenden Text heißt es: „Unterstützen Sie die ukrainische Armee […] Frieden ist nur nach dem Sieg möglich. Dieses Lied ist für alle, die zu den Waffen greifen, um die Ukraine und unser Existenzrecht zu verteidigen. Du bringst den Frieden“, und in dem Lied selbst: „Ich träume von einem Tag, an dem wir im Sommer in Podil spazierengehen, aber der verfluchte Winter führt Jahr für Jahr Krieg gegen uns. Ich träume davon, auf die Krim zu meinem Meer zu gehen, aber die verfluchten Henker drängen in unsere Häuser, also mach’ dich bereit für den Kampf.“ Am 6. März 2022 veröffentlichte sie ihre Version des italienischen Volks- bzw. Widerstandsliedes Bella ciao mit eigenem Text, „gewidmet unseren Helden, den Streitkräften der Ukraine und allen, die gerade für ihre Heimat kämpfen“. Am 11. März 2022 brachte die spanische Frauenzeitschrift Mujer Hoy (Die Frau heute) auf ihrem Cover unter der Überschrift „Widerstand. Die Sängerin Chrystyna“ (Resistencia. La cantante Khrystyna) und dem Zitat „Ich will nicht gehen, weil ich nicht weiß, ob ich zurückkehren kann“ ein Foto von Chrystyna Solowij. In der Titelstory heißt es, obwohl ihr angeboten wurde, das Land über einen diplomatischen Korridor zu verlassen und in Paris ein Konzert zur Unterstützung der Ukraine zu geben, habe sie sich entschieden zu bleiben: „Ich will nicht weg, weil ich nicht weiß, wie oder wann ich in mein Land zurückkehren kann. Oder ob ich jemals zurückkehren kann.“ Sie ist angesichts der russischen Bombardierungen Kiews wieder nach Lwiw gezogen, wo sie als Freiwillige in der Flüchtlingshilfe arbeitet. Über Russland sagte sie:

„Diese Situation hat alle Beziehungen zwischen uns zerstört, selbst für diejenigen, die dachten, wir seien Brüder. […] Wir können nicht verstehen, wie ein Land mit 140 Millionen Einwohnern nicht auf die Straße gehen und einen kleinen Mann, ein kleines Monster vernichten kann.“

Trotz der Sanktionen, der Wirtschaftsblockade und der Waffenlieferungen durch die EU oder die USA habe sie das Gefühl, dass die internationale Gemeinschaft dem historischen Moment nicht gewachsen sei.

„Ich bitte alle auf der ganzen Welt, sich nicht darauf zu beschränken, Videos und Fotos in den sozialen Netzwerken hochzuladen und zu beklagen, was mit uns passiert. Ihr müsst zu Demonstrationen gehen und protestieren, Eure Regierungen auffordern, diesen Krieg zu beenden und alle russischen Produkte und Exporte zu boykottieren. Bitte lasst uns nicht allein.“

Am 15. März 2022 erschien auf mehreren Streaming-Plattformen eine Studioversion von Українська лють (Ukrainischer Zorn). Mit diesem Zusatz wurde auch das neue Profilbild der Künstlerin auf ihrer Facebook-Seite versehen.

Trivia

Der Familienname „Соловій“ leitet sich von der ukrainischen Bezeichnung für Nachtigall (Солове́йко за́хідний) ab; daher das Epitheton „die lemkische Nachtigall“. Allerdings ist sie eher eine Lerche: „Normalerweise schreibe ich neue Songs um 5.20 Uhr morgens. Ich weiß nicht, warum das passiert, aber meistens wache ich um diese Zeit auf und merke, dass ich von einem neuen Lied geweckt wurde.“

Commons: Chrystyna Solowij – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Тримай (official video) auf YouTube.
  2. Христина Соловій шокована популярністю після "Голосу країни" (Chrystyna Solowij schockiert über Popularität nach „The Voice“). Interview auf 1plus1.ua, 29. März 2013 (ukrainisch). Heute leitet Oleksandra Solowij den Chor der mittleren Altersgruppe (8- bis 12-Jährige) im Lwiwer Chorstudio „Zhayvor“ (Хор „Жайвір“), siehe Керівництво і викладачі (Geschäftsführung und Lehrer) auf zhayvirchoir.lviv.ua (ukrainisch).
  3. Autobiographie auf karavan.ua (russisch); zur Kapelle „Trembita“ siehe Artikel in der ukrainischen Wikipedia.
  4. Львів'янка Христина Соловій - дівчина, що змусила плакати Святослава Вакарчука (Chrystyna Solowij aus Lwiw – das Mädchen, das Swjatoslaw Wakartschuk zum Weinen brachte) auf ogo.ua, 7. Mai 2013 (ukrainisch).
  5. Хор "Лемковина" пісня Крячок лялійовий (Chor „Lemkowyna“ [mit dem] Lied Kryatschok lyaliyovy) auf vk.com; Виступ хорової капели Лемковина ч. ІІ (Auftritt des Chores Lemkovina Teil II; Chrystyna Solowij als Solistin bis 10:51) auf YouTube. Beide Videos sind undatiert.
  6. Лемківскій соловій / Łemkowski słowik (Die lemkische Nachtigall) auf Radio Lemko (ukrainisch und polnisch). Videos der Beiträge von Chrystyna Solowij auf YouTube, z. B. Горе долом („Weh ist mir“, 2:16–4:09; der erste Auftritt, mit Kurzportrait und Gespräch mit den Juroren); Ой, летіли дикі гуси („Oh, es flogen die Wildgänse“, Duett mit Yulia Goryunova); Sous le ciel de Paris („Unter dem Himmel von Paris“, bis 2:42); Полетiв би-м на край свiта („Ich bin ans Ende der Welt geflogen“, Halbfinale); Тримай („Halt’ mich fest“ in der 7. Staffel 2015, mit kurzen Statements).
  7. Новое поколение украинского поп-фолка: как прошел первый большой сольник Христини Соловій (Neue Generation des ukrainischen Pop-Folks: Wie das erste große Solo von Chrystyna Solowij passierte) auf liroom.com (ukrainisch).
  8. Ukrainische Musik 2015: TOP-10-Alben des Jahres (ukrainisch).
  9. Любий друг (official video) (Regie: Yuri Radkovsky) auf Youtube.
  10. Сова, лисиці і червона кімната "Твін Пікс" в новому кліпі Христини Соловій "Любий друг" (Eule, Füchse und das rote Zimmer aus „Twin Peaks“ in Chrystyna Solowijs neuem Video „Lieber Freund“) auf segodnya.ua, 21. Juni 2019 (ukrainisch).
  11. Kruty 1918 in der Internet Movie Database (englisch)
  12. Стежечка („Der Weg“, im Spielfilm 1:41:05–1:45:30, siehe Крути 1918 auf YouTube) und Холодно („Kalt“, im Spielfilm 1:23:10–1:25:25) auf Youtube.
  13. Begleittext zum Video Дівчинка «метелики в голові» (official audio) („Das Mädchen ‚Schmetterlinge im Kopf‘“) auf YouTube, 12. November 2021 (ukrainisch).
  14. Live-Mitschnitt von 17 Titeln des Konzerts auf YouTube.
  15. Про подiю (Über die Veranstaltung) auf concert.ua (ukrainisch).
  16. Marina Odnorog: «Принцеса лемків» Христина Соловій („Prinzessin der Lemken“ Chrystyna Solowij). Rezension des Konzerts vom 4. Mai 2017 in Winnyzja auf vezha.ua, 7. Mai 2017.
  17. Христина Соловій - Я несу мир (демо) (I bring peace) auf YouTube (ukrainisch mit englischen Untertiteln).
  18. Українська лють („Ukrainischer Zorn“) mit deutschen Untertiteln sowie englischer Textadaptation von Alexey Danilchenko (als Kommentar vom 7. März 2022) auf YouTube.
  19. Cover auf headtopics.com.
  20. Ixone Díaz Landaluce: «Me quedo porque no sé si podré regresar», Khrystyna Soloviy, la cantante ucraniana que vive bajo la amenaza de las bombas („Ich bleibe, weil ich nicht weiß, ob ich zurückkehren kann“, Chrystyna Solowij, die ukrainische Sängerin, die unter der Bedrohung von Bomben lebt). Artikel vom 9. März 2022 auf mujerhoy.com (spanisch); Hablamos con Khrystyna Soloviy, la cantante de la resistencia (Wir sprechen mit Chrystyna Solowij, der Sängerin des Widerstands) auf Instagram (O-Ton ukrainisch mit spanischen Untertiteln).
  21. Українська лють (Memento des Originals vom 15. März 2022 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (Ukrainischer Zorn) auf toneden.
  22. Profilbilder und Titelbilder seit 2015 auf Facebook.
  23. Marina Odnorog: «Принцеса лемків» Христина Соловій („Prinzessin der Lemken“ Chrystyna Solowij). Rezension des Konzerts vom 4. Mai 2017 in Winnyzja auf vezha.ua, 7. Mai 2017.
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