Das Corps Vandalia Heidelberg war eine Studentenverbindung an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg. Ihr Senior Friedrich von Klinggräff gab 1848 den Anstoß zur Gründung des Kösener SC-Verbandes, des ersten Korporationsverbandes. Das Corps stand zur Satisfaktion. Wie bei allen Mecklenburger Corps waren Rot und Gold in den Farben. Die Mützen waren rot.

Name

Der Name Vandalia leitet sich von der gleichnamigen Bezeichnung für Mecklenburg ab, die auf den Rostocker Theologen Albert Krantz zurückgeht, der sein Buch über Mecklenburg und die Wenden Wandalia genannt hatte. Im diplomatischen Latein hießen die Wenden ganz allgemein Vandali. Die Großherzöge von Mecklenburg führten unter ihren Titeln die offizielle Bezeichnung Princeps Vandalorum. Wallenstein ließ als Herzog von Mecklenburg Münzen mit der gleichen Umschrift schlagen.

Geschichte

Vandalia wurde am 8. März 1842 gestiftet. Es ging aus einem bereits früher bestehenden Corps Hanseatia hervor, das der spätere Hamburger Bürgermeister Carl Friedrich Petersen Ende der 1820er Jahre gestiftet hatte. In der Altersreihenfolge des Heidelberger SC nahm es nach Suevia, Guestphalia und Saxo-Borussia die vierte Stelle ein. Die meisten Mitglieder kamen aus dem Mecklenburger Adel und dem Lübecker und Hamburger Großbürgertum. Vandalen gründeten den Academischen Club zu Hamburg.

1934 weigerte sich das Corps, den Arierparagraphen des Allgemeinen Deutschen Waffenrings umzusetzen. Deshalb wurde Vandalia im Mai 1934 aus dem KSCV ausgeschlossen. Allen Mitgliedern der Deutschen Studentenschaft wurde verboten, bei Vandalia aktiv zu werden. Proteste und ein Einspruch Vandalias wurden zurückgewiesen. Die Heidelberger Studentenschaft versagte ihre Hilfe und empfahl die Suspension. Der Heidelberger Senioren-Convent unter Hanns Martin Schleyer hielt „ein derartiges reaktionäres Verhalten in keiner Weise [für] tragbar“. Nur das Corps Saxo-Borussia Heidelberg versuchte (vergeblich), den SC zum Einlenken zu bewegen. Den beiden jüdischen Corpsbrüdern verweigerte Vandalia den gewünschten Austritt. Das Corps suspendierte am 29. September 1935.

Nachleben

Nach dem Zweiten Weltkrieg gründete Vandalia mit dem benachbarten Corps Guestphalia Heidelberg eine Tischgesellschaft, aus der 1950 das Corps Vandalo-Guestphalia hervorging, das die Tradition der beiden Patronatscorps pflegt. Der Altherrenverband der Vandalia bekannte sich im „Celler Beschluss“ vom 10. März 1951 zur Mensur als unverzichtbares Stück der Corpstradition. Er unterstützte die von waffenstudentischer Seite unternommenen Schritte zur Duldung der Mensur, überließ aber in Übereinstimmung mit den Altherren-Vereinigungen der anderen Heidelberger Corps den Aktiven in eigener Entscheidung, in welchen Formen sie ihre Aktivität gestalten wollten. Das Corps Vandalo-Guestphalia trat schließlich 1972 wegen Abschaffung der Mensur aus dem Heidelberger SC und damit auch dem KSCV aus. Es besteht heute als Verbandsfreies Corps und nutzt das Haus der Vandalia als Corpshaus.

Corpshaus

Nach wechselnden Lokalitäten nutzte Vandalia ab 1862 das Café Bolley bis zum Bezug des eigenen Hauses als Kneipe. 1882 schließlich wurde der erste, westliche Teil des Corpshauses anlässlich des 40. Stiftungsfestes an das Corps übergeben.

Das denkmalgeschützte Corpshaus steht im Zeichen der Neogotik, wie es u. a. am Dachaufbau des Westturms erkennbar ist, der an drei Ecken durch spitze Ecktürmchen geziert wird. Die Vandalia beauftragte den Kölner Diözesanbaumeister Heinrich Wiethase, einen damals bekannten Verehrer gotischer Architektur. Dieser erstellte die Baupläne. Das im Jahr 1882 bezogenene Vandalenhaus ist das älteste als Korporationshaus konzipierte und neu errichtete Gebäude in Deutschland. In den Jahren 1891/92 folgte der turmartige Nordteil. Ausgeführt wurde der Bau von Johann Remler.

Auf diesem Grundstück soll das Haus gestanden haben, in das Achim von Arnim und Clemens Brentano im Mai 1808 einzogen. Das Haus konnte nach der 1935 erfolgten Enteignung 1954 nach einer umfangreichen Sanierung wieder übernommen werden und wird heute vom Nachfolgecorps Vandalo-Guestphalia genutzt.

Verhältniscorps

Vandalia zählte sich zum „goldenen Kreis“ – der nur aus ihr bestand. Sie stand im Kartell mit dem Corps Bremensia Göttingen und war befreundet mit dem Corps Rhenania Straßburg. Das Kartell mit Bremensia wird bis heute vom Nachfolgecorps Vandalo-Guestphalia weitergeführt.

Vandalen

Literatur

  • Gerhart Berger, Detlev Aurand: … Weiland Bursch zu Heidelberg… Eine Festschrift der Heidelberger Korporationen zur 600-Jahr-Feier der Ruperto Carola. Heidelberg 1986. ISBN 978-3-920431-63-5. S. 233–236 und S. 294–296.
  • Michael Doeberl, Otto Scheel, Wilhelm Schlink, Hans Sperl, Eduard Spranger, Hans Bitter und Paul Frank (Hrsg.): Das akademische Deutschland, Bd. 2: Die deutschen Hochschulen und ihre akademischen Bürger, Berlin 1931, S. 850.
  • Albert von Gröning: Aus der Jugendzeit des Corps Vandalia 1842–49. Auf Grund mündl. u. schriftl. Mitteilungen Alter Herren zsgest. Heidelberg 1892 (gleichzeitig Band 1 Zur Geschichte des Corps Vandalia)
  • Beitrag zur Geschichte des Korps Vandalia in Heidelberg: SS 1877 – SS 1886. Heidelberg 1922 (gleichzeitig Bd. 3 Zur Geschichte des Corps Vandalia)
Commons: Corps Vandalia Heidelberg – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Erich Bauer, F. A. Pietzsch: Kritisches zur Anfangsgeschichte der Göttinger und Heidelberger Vandalia. Einst und Jetzt 10 (1965), S. 108
  2. Eckhard Oberdörfer: Der Heidelberger Karzer, Köln 2005, S. 159.
  3. R. Fick (Hrsg.): Auf Deutschlands hohen Schulen - Eine illustrierte kulturgeschichtliche Betrachtung deutschen Hochschul- und Studentenwesens. Hans Ludwig Thilo, Berlin 1900, S. 254.
  4. Jürgen Herrlein: Zur "Arierfrage" in Studentenverbindungen. Die akademischen Korporationen und der Prozess der Ausgrenzung der Juden vor und während der Zeit des Nationalsozialismus sowie die Verarbeitung dieses Vorgangs nach 1945. Baden-Baden 2015, S. 206f.
  5. wie die Corps Suevia München, Rhenania Straßburg, Borussia Halle und Suevia Tübingen
  6. Schleyer und die Heidelberger Corps
  7. Ernst Hans Eberhard: Handbuch des studentischen Verbindungswesens. Leipzig, 1924/25, S. 66.
  8. Dörflinger, Gabriele: Studentenverbindungen in Heidelberg - ein Stadtrundgang, Universitätsbibliothek Heidelberg, 2017. (Download als PDF)
  9. Günther Debon: Das Heidelberger Jahr Joseph von Eichendorffs. Heidelberg 1992, S. 207
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