Die Encheläer (lateinisch: Encheleae, griechisch: Εγχελιοι, translitiert Enchelioi, albanisch: Enkelejtë) waren ein Stamm der Illyrer, der hauptsächlich vom Fischfang lebte. Ursprünglich lebte er in der Region um den Ohridsee, später jedoch weiter nördlich an der Küste des Adriatischen Meers.

Geschichte

Im 8. und 7. Jahrhundert v. Chr. besiedelten die Encheläer die Region rund um den Ohridsee, zwischen den Gebieten der Chaonier und der Taulantier. Sie standen oft im Krieg um die Vorherrschaft des Gebietes mit den antiken Makedoniern, die weiter im Osten siedelten. Andere Nachbarn der Encheläer waren im Norden die Dardaner und im Süden die Dassareten, bei denen es sich ebenfalls um illyrische Stämme handelte.

Als eines der ersten illyrischen Völker fanden die Encheläer bereits in dieser Zeit zu einer politischen Organisation als Königreich, verloren ihre Macht aber auch wieder recht schnell und gerieten bis zum 6. Jahrhundert in politische Abhängigkeit von den Makedoniern. Nachdem diese das Gebiet schließlich erobert hatten, besiedelten es die illyrischen Dassareten vom Süden her und machten Lychnidos zu ihrer Hauptstadt.

Durch spätere Quellen wie den Periplus des Pseudo-Skylax aus dem 4. Jahrhundert v. Chr. ist für die Encheläer ein völlig abweichendes Siedlungsgebiet als für das 8. und 7. Jahrhundert belegt. Nun lebten sie nördlich der Taulantier am Unterlauf des Drin; so wird die Stadt Bouthoe an der Bucht von Kotor (heute in Montenegro) zum encheläischen Territorium gerechnet, während das (heute albanische) Epidamnus bereits zum taulantischen Gebiet gehörte. Dass der Volksstamm 300 Jahre nach seiner ersten Erwähnung am Ohridsee nun viel weiter im Norden und an der adriatischen Küste siedelte, erklärt sich vermutlich durch die Einwanderung der Dassareten in sein ursprüngliches Siedlungsgebiet.

Herodot zitiert in seinem Geschichtswerk eine Prophezeiung, der zufolge ein Volk Theben erobern und den Tempel von Delphi plündern, dann aber zugrunde gehen würde. Mardonios bezog dies Herodot zufolge auf die Perser; der antike Historiker selbst behauptet jedoch, damit seien die Encheläer gemeint gewesen. Diese scheinen also mit einigem Erfolg in Griechenland eingefallen zu sein.

356/355 v. Chr. und 344 v. Chr. kämpfte Philipp II. von Makedonien siegreich gegen die Encheläer und weitere illyrische Stämme, die zumindest nominell seine Herrschaft anerkannten. Nach seinem Tod 336 v. Chr. erhoben sie sich wieder, wurden aber von Alexander dem Großen erneut besiegt. Im Laufe der Jahrhunderte ging jedoch zunehmend die Identität der einzelnen Stämme verloren, die nunmehr pauschal als Illyrer bezeichnet wurden.

Name, Wirtschaft und Kultur

Die Encheläer lebten vom Fischfang (ursprünglich im Ohridsee) und vom Handel mit griechischen Waren, wie durch archäologische Ausgrabungen vielfach belegt ist. Ihr Name leitet sich vom altgriechischen ἔγχελυς (Aal) her, bedeutet also so viel wie „Aalmänner“. Dieser Fisch war im südlichen Illyrien sehr häufig und ein wichtiger Exportartikel.

Die Encheläer waren die Gründer der Städte Lychnidos (die Vorgängerin der heutigen Stadt Ohrid) und Enhallon (Lokalisierung unsicher, vermutlich heutiges Struga). Es wird außerdem vermutet, dass sie die kultische Verehrung des Kadmos (von dem sie der Mythologie zufolge auch abstammten, siehe unten) nach Illyrien brachten. Kultstätten für ihn fanden sich an den Mündungen der Flüsse Aoos, Drilon und Naron sowie in Rhizon, Bouthoe und Pola.

Griechische Mythologie

Laut der griechischen Mythologie erhielten die Encheläer ihren Namen von Encheleus, der das Herrschergeschlecht dieses Volkes begründet haben und ein Kind des Illyrios gewesen sein soll.

Dieser wiederum war laut der Bibliotheke des Apollodor der Sohn des Kadmos und der Harmonia. Diese beiden, die Großeltern des Encheleus, hatten der Mythologie zufolge, aus Phönizien stammend, nach langen Abenteuern Theben gegründet und regiert. Als aber die Encheläer mit den Illyrern im Kampf lagen, sagte ein Orakel voraus, dass ihnen nur dann der Sieg verheißen sei, wenn Kadmos und Harmonia sie als Herrscherpaar in den Kampf führen würden. Die beiden gaben daraufhin ihre Herrschaft in Theben an einen anderen Enkel, Pentheus, ab, und zogen zu den Encheläern. Nachdem die Voraussage eingetroffen und diese den Kampf erfolgreich bestanden hatten, blieben die beiden weiter an der Regentschaft und gründeten die Städte Bouthoe und Lychnidus. Schließlich wurden sie von Zeus in Schlangen verwandelt und auf die Insel der Seligen entrückt.

Appian hingegen gibt an, Illyrios sei ein Kind des Polyphem und der Galateia gewesen.

Literatur

Einzelnachweise

  1. Hekataios von Milet, Fragment 73.
  2. Pseudo-Skylax, Periplus, 24 f.
  3. Herodot, Historien 9,42 f.
  4. Illyrien, Illyrer. In: Hatto H. Schmitt, Ernst Vogt (Hrsg.): Kleines Lexikon des Hellenismus. Harrassowitz, Wiesbaden 1993, ISBN 3-447-03278-2, S. 261–267, hier S. 262 (online)
  5. John Wilkes: The Illyrians (The Peoples of Europe). Wiley-Blackwell, Oxford 1995, ISBN 0-631-19807-5, S. 244.
  6. Heinrich Kiepert: Lehrbuch der alten Geographie. Dietrich Reimer, Berlin 1878, S. 357, Anm. 2.
  7. Bibliotheke des Apollodor, 3,5,4.
  8. Appian, Illyrischer Krieg, 2 (englische Übersetzung (Memento des Originals vom 29. Januar 2009 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.).
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