Ein Galgen (mhd. galge = Galgen, Kreuz; ahd. galgo = Stange, Pfahl) ist ein Gerüst, an dem Menschen, oft zum Tode Verurteilte, an einer Schlinge erhängt werden können. An einem Galgen mit zwei Pfosten und einem langen aufliegenden Querbalken können mehrere Menschen erhängt werden. Der Duden definiert als Galgen auch eine „galgenähnliche Vorrichtung, an der etwas aufgehängt werden kann“.

Etymologie

Galgen nennt man ein Gerüst zum Erhängen von Menschen. Wegen Gestaltähnlichkeiten nennt man auch andere Gerüste Galgen, wie etwa das Schöpfwerk beim Zieh- oder Schöpfbrunnen. Adelung nannte 1796 als weitere Beispiele Vorrichtungen zum Salzabbau, hölzerne Lehnen an Buchdruckerpressen und Mundstücke an Pferdezäumen.

Das Deutsche Wörterbuch der Brüder Grimm sieht den ursprünglichen Gebrauch des Begriffs Galgen für ‚Ast‘ oder ‚Baum‘, als Hinrichtungsinstrument unter anderem im Niederdeutschen des 14. Jahrhunderts belegt und folgert im Vergleich zur römischen Schwertstrafe: „[…] danach erscheint das hängen am grünen galgen als ältere, auch gelindere strafe. man nahm einfach einen baum oder ast als galgen, wie schon Tacitus berichtet. [...] So mag der galga urspr. ein ast überhaupt sein, dem nachher gerade für diese verwendung allein der name blieb, später übertragen auf den künstlich hergestellten galgen.“

Das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache nennt Galgen ein „aus Pfahl und Querbalken bestehendes Gerüst zur Vollstreckung des Todesurteils durch Erhängen“ übertragen auf ähnliche Gestelle, an denen man etwas aufhängen kann wie etwa am Ziehbrunnen oder am Webstuhl. Das gemeingermanische Wort wurde im Althochdeutschen im 8. Jahrhundert aus dem altsächsischen galgo gebildet und geht mit dem verwandten armenische jatk ‚Zweig‘, ‚Gerte‘, ‚Stängel‘ bzw. litauische žalgà ‚Stange‘, ‚Latte‘ zurück auf ie. g̑halg(h)- ‚(biegsamer) Zweig‘, ‚Stange‘. Dies weist auf die früher vorgenommene Hinrichtungsart hin, in dem man zum Tode verurteilte an einen niedergebogenen Baum gebunden und hochgeschnellt hatte. Mit dem Beginn der Christianisierung standen das althochdeutsche galgo und seine Entsprechungen in den germanischen Sprachen auch für das Kreuz Christi, bis sich die Entlehnungen aus dem Lateinischen (crux = Kreuz) durchsetzten.

Verwendung

Tod durch den Strang

Im Strafvollzug wird mit Galgen die Vorrichtung zur Hinrichtung durch Hängen (Tod durch den Strang) bezeichnet.

Dem Hinrichtungsopfer wird eine Schlinge um den Hals gelegt und anschließend der Boden unter den Füßen entzogen, sodass sein Hals sein gesamtes Eigengewicht trägt. Es stirbt infolge des Drucks, den der Strang beim Fall des Körpers bewirkt. Bewusstlosigkeit und Tod des Opfers werden verursacht durch

Zeitpunkt der Ohnmacht und des Todeseintritts hängen dabei vom verwendeten Knoten und der Falltiefe des Opfers ab.

Folter

Galgen wurden auch für qualvolle Foltermethoden genutzt: zum Beispiel das Aufhängen mittels Haken in einem Körperteil (s. Bild Galgen zur Bestrafung von Sklaven) oder das Aufhängen an den Füßen.

Schnappgalgen

Eine Sonderform stellte der Schnapp-, Schnell- oder Wippgalgen dar, bei dem der Querbalken wie bei einer Wippe beweglich gelagert war. Schnappgalgen dienten sowohl zum Wasserschöpfen aus der Wette, einer Tränke oder einem Teich, als auch zur Sanktionierung von Straftätern oder unredlichen Bäckern. Diese wurden, je nach Schwere des Delikts, gebunden oder in einem Käfig mithilfe des Schnappgalgens mehrfach ins Wasser getaucht, mitunter auch bis zum Tod.

Der Schnappgalgen war ursprünglich ein Strafinstrument der Niedergerichtsbarkeit. Als „Schneller“ wurde er im Mittelalter unter anderem zur Bestrafung der Gotteslästerung benutzt. Insbesondere im 16. und 17. Jahrhundert kam er beim Militär als „Schnellgalgen“ zur Bestrafung von Deserteuren zum Einsatz. Diese wurden an den rückwärts gebundenen Händen „schnell in die Höhe gezogen oder geschnellt, und geschwinde wieder herabgelassen, um ihnen dadurch die Arme zu verrenken“.

Geschichte

Das Hängen gehört zu den ältesten Hinrichtungsarten. In früherer Zeit erfolgte die Tötung meist an Bäumen, wegen ihrer Stabilität oft an Eichen. In vielen Gegenden sind heute noch entsprechende Henker- oder Gerichtseichen bzw. -bäume bekannt.

Galgen im eigentlichen Sinn – also für das Hängen errichtete hölzerne Gerüste mit einem (einschläfrig) oder mehreren Pfosten (häufig dreischläfrig) sowie steinerne Galgentürme – finden sich in Mitteleuropa seit der Regierungszeit Karls des Großen. Alte Flurnamen wie „Galgenberg“ oder „Hochgericht“ erlauben Rückschlüsse auf frühere Standorte von Galgen, die häufig an der Markungsgrenze des Gerichtsorts platziert wurden, zur Abschreckung zudem an stark frequentierten Wegen oder Straßen. In diesem Sinne ließ man die Hingerichteten oft lange über den Tod hinaus am Galgen hängen. Hinrichtungen am Galgen nahmen seit dem Mittelalter immer mehr den Charakter öffentlicher Schauspiele an, da sie meist vor vielen Zuschauern vollzogen wurden. Damals konnte bereits Diebstahl mit dieser Hinrichtungsart geahndet werden.

Seit Ende des 19. Jahrhunderts bemühte man sich in Großbritannien, den Eintritt von Bewusstlosigkeit und Tod beim Hängen zu beschleunigen. Dazu führte man den „langen Fall“ (engl.: long drop) ein: Der Todeskandidat wurde gefesselt und mit der Schlinge um den Hals auf eine Falltür gestellt. Wurde sie geöffnet, so stoppte der Strick abrupt den anschließenden Sturz in die Tiefe, was eine tödliche Verletzung der Halswirbelsäule (Genickbruch) herbeiführen sollte. Die notwendige Fallhöhe wurde zuvor in Abhängigkeit vom Gewicht des Opfers errechnet. Noch heute werden in manchen Ländern Hinrichtungen auf diese Weise vollzogen, so auch in einigen ehemaligen britischen Kolonien.

In den USA wandte man ebenfalls den „langen Fall“ an. Seit Anfang des 20. Jahrhunderts wurden dort jedoch vermehrt alternative Hinrichtungsarten angewendet (siehe Gaskammer und Elektrischer Stuhl). Seit 1976, dem Jahr der Wiedereinführung der Todesstrafe, wurden dort drei verurteilte Mörder gehängt. In Großbritannien erfolgten Hinrichtungen am Galgen bis 1964. In diesem Jahr wurde dort die Todesstrafe ausgesetzt und später abgeschafft.

Im neu gegründeten Deutschen Reich wurde das Hängen am Galgen 1871 durch die Enthauptung abgelöst, die seit dem Mittelalter adeligen Delinquenten vorbehalten war. Im „Dritten Reich“ wurden 1933 Hinrichtungen am Galgen als weitere Exekutionsart jedoch wieder eingeführt. In der Folge wurden von 1942 bis 1945 zahlreiche Verurteilte gehängt, unter ihnen viele Widerstandskämpfer gegen die Hitler-Diktatur. Dabei wurde jedoch kein Galgen mit Falltür verwendet; die Opfer starben durch Strangulierung. Ein berüchtigtes Gefängnis, in dem Verurteilte auch am Galgen sterben mussten, war die Hinrichtungsstätte Plötzensee.

In der Endphase des Zweiten Weltkriegs gab es auf deutscher Seite zahlreiche Endphaseverbrechen: Standgerichte verhängten für Delikte wie Fahnenflucht oder Wehrkraftzersetzung drakonische Strafen, darunter oft die Todesstrafe. Diese wurde oft mittels Hängen vollstreckt; die Vollstrecker ließen die Ermordeten oft im öffentlichen Raum hängen und hängten ihnen Schilder um, mit Sätzen wie „Ich bin desertiert“. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs endeten einige Kriegsverbrecher aus der Zeit des Nationalsozialismus am Galgen, darunter Verurteilte aus den Nürnberger Prozessen.

In Österreich-Ungarn war der Tod durch den Strang am Würgegalgen (Strangulation) reguläre Hinrichtungsart, bis in der Republik Deutschösterreich im Jahr 1919 die Todesstrafe im ordentlichen Gerichtsverfahren abgeschafft wurde. Der österreichische Galgen wies eine Besonderheit auf, er benötigte drei Henker, die ihn bedienten. Der Delinquent wurde an den Richtpfahl gebunden, der oberste Scharfrichter legte ihm eine Schnur um den Hals und die zwei anderen Henker zogen den Hinzurichtenden nach unten, während der oberste Scharfrichter die Schnur strammzog. Nach zeitgenössischen Berichten hatte kein zum Tode Verurteilter länger als eine Minute zu leiden. In der Zeit nach 1933 und der Machtübernahme durch die Austrofaschisten bis zum Anschluss an das Deutsche Reich 1938 wurden jedoch wieder Hinrichtungen am Galgen vollzogen (siehe Liste). Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden in diesem Land Verbrecher nach österreichischer Gerichtsbarkeit bis zum Jahr 1950 (siehe Johann Trnka) und Kriegsverbrecher unter alliierter Gerichtsbarkeit bis zum Jahr 1955 gehängt.

Noch heute ist der Tod am Galgen eine weit verbreitete Hinrichtungsart, insbesondere in afrikanischen und asiatischen Staaten (u. a. Ägypten, Iran, Irak, Japan, Kuwait, Malaysia und Singapur).

Eng verbunden mit dem Galgen war im Mittelalter der Aberglauben, unter Galgen und Galgenbäumen wüchsen aus Urin und Sperma Gehenkter die Alraunen in der Gestalt von Galgenmännchen; ab dem 16./17. Jahrhundert gab es ebenfalls zahlreiche Legenden und Fabeln um die Alraunen.

Siehe auch: Galgenberg, Galgenvogel, Garotte, Henkersknoten, Estrapade, Würgegalgen

Auswahl von erhaltenen oder nachgebauten historischen Galgen

Der heute noch vorhandene Beerfelder Galgen im Odenwald gilt als der am besten erhaltene Deutschlands. Ein weiterer sehr gut erhaltener Galgen ist auf der ehemaligen Hinrichtungsstätte des Hochgerichts Steinheim (Hanau-Steinheim) zu sehen. Die erste urkundliche Erwähnung war 1579 und die letzte bekannte Hinrichtung fand im 18. Jahrhundert statt. In Burglengenfeld in der Oberpfalz ist noch der gesamte steinerne Rundbau des Galgens erhalten. Es fehlen lediglich die (vermutlich) aufgemauerten Steinsäulen und die Verbindungsbalken. Der Galgen (Eilern) befand sich in Westfalen.

In Österreich existieren noch mehrere, teilweise sehr gut erhaltene, ehemalige Galgen wie der Galgen (Döllersheim) in Niederösterreich. Als am besten erhalten kann jener in Kirchberg am Walde gelten.

Bekannte Personen, die am Galgen starben

Chronologisch gelistet:

Literatur

  • Robert Leyh: Der Rosstaler Galgen. eine archäologische Untersuchung der ehemaligen Richtstätte. In: Louis Carlen (Hrsg.): Forschungen zur Rechtsarchäologie und Rechtlichen Volkskunde 13, 1991, ZDB-ID 800035-9, S. 133–140.
  • Richard J. Evans: Rituale der Vergeltung. Die Todesstrafe in der deutschen Geschichte 1532–1987. Deutsch von Holger Fliessbach. Kindler, Berlin 2001, ISBN 3-463-40400-1 (Originaltitel: Rituals of retribution).
  • Heiner Lück: Galgen. In: Albrecht Cordes, Heiner Lück, Dieter Werkmüller, Ruth Schmidt-Wiegand (Hrsg.): Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte. Band 1: Aachen – Geistliche Bank. 2. völlig überarbeitete und erweiterte Auflage. Erich Schmidt Verlag, Berlin 2008, ISBN 978-3-503-07912-4, Sp. 1917–1926.
  • Jost Auler (Hrsg.): Richtstättenarchäologie. archaeotopos-Verlag, Dormagen 2008, ISBN 978-3-938473-07-8.
  • Jost Auler (Hrsg.): Richtstättenarchäologie 2. archaeotopos-Verlag, Dormagen 2010, ISBN 978-3-938473-12-2.
  • Jost Auler (Hrsg.): Richtstättenarchäologie 3. archaeotopos-Verlag, Dormagen 2012, ISBN 978-3-938473-17-7.
  • Friedrich Kobler, Esther P. Wipfler: Galgen. In: RDK Labor (2016).
Commons: Galgen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Galgen – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Galgen, der in duden.de, abgerufen am 16. März 2015.
  2. Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 391–392.online in zeno.org, abgerufen am 17. April 2015
  3. Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. 16 Bde. in 32 Teilbänden. Leipzig 1854–1961. Quellenverzeichnis Leipzig 1971. online
  4. Galgen in DWDS, abgerufen am 17. März 2015
  5. Reinhard Heydenreuter: Kriminalgeschichte Bayerns. Pustet, Regensburg 2003. S. 232.
  6. Schnappgalgen. Abgerufen am 12. Februar 2023.
  7. § 13 Strafgesetzbuch von 1871.
  8. Deutsches Reichsgesetz über Verhängung und Vollzug der Todesstrafe – 29. März 1933 (Memento vom 4. Juni 2011 im Internet Archive)
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