Gazelle
Schiffsdaten
Flagge Preußen Preußen
Norddeutscher Bund Norddeutscher Bund
Deutsches Reich Deutsches Reich
Schiffstyp Gedeckte Korvette
Klasse Arcona-Klasse
Bauwerft Königliche Werft, Danzig
Baukosten 588.900 Taler
Stapellauf 19. Dezember 1859
Indienststellung 15. Mai 1862
Verbleib 1906 abgewrackt
Schiffsmaße und Besatzung
Länge 71,95 m (Lüa)
63,55 m (KWL)
Breite 13,0 m
Tiefgang max. 6,35 m
Verdrängung Konstruktion: 1.928 t
Maximal: 2.391 t
 
Besatzung 390 Mann
Maschinenanlage
Maschine 4 × Kofferkessel
1 × 2-Zyl.-Dampfmaschine
Maschinen­leistung 1.320 PS (971 kW)
Höchst­geschwindigkeit 12,0 kn (22 km/h)
Propeller 1 × zweiflügelig ⌀ 4,8 m
Takelung und Rigg
Takelung Vollschiff
Anzahl Masten 3
Segelfläche 2200 m²
Geschwindigkeit
unter Segeln
max. 13,5 kn (25 km/h)
Bewaffnung
  • 6 × Geschütz 68-Pfünder
  • 20 × Geschütz 36-Pfünder

ab 1870:

  • 17 × Rk 15,0 cm L/22 (1.692 Schuss)

Die Gazelle war ein Kriegsschiff der Preußischen Marine, dann der Marine des Norddeutschen Bundes sowie später der Kaiserlichen Marine. Vom Schiffstyp her war sie eine Gedeckte Korvette der Arcona-Klasse und gehörte zusammen mit der Arcona, dem Typschiff dieser Klasse, zu deren erstem Baulos.

Die Gazelle wurde auf der Königlichen Werft in Danzig gebaut, wurde am 3. Dezember 1855 auf Kiel gelegt und lief am 19. Dezember 1859 vom Stapel. Die Übernahme erfolgte am 24. Juni 1861, doch wegen Maschinenschäden wurde sie erst am 15. Mai 1862 in Dienst gestellt. Sie war 73 Meter lang, knapp 13 Meter breit und hatte einen Tiefgang von gut 6,50 Metern. Sie erreichte eine maximale Geschwindigkeit von 13,5 Knoten. Die Bewaffnung der Gazelle bestand zunächst aus sechs 68-Pfünder-Geschützen und zwanzig 36-Pfündern, ab 1870 dann aus siebzehn Ringkanonen mit einem Kaliber von 15 cm. Um Raum für die Expeditionsmitglieder und die benötigte Ausrüstung zu schaffen wurde 1874 die Besatzung auf 338 Mann reduziert. Außerdem entfernte man etwa die Hälfte der Geschütze, so dass auf der Back nur noch eine Ringkanone mit einem Kaliber von 15 cm und in der Batterie acht 15-cm-Marine-Mantel-Kanonen verblieben.

Geschichte

Auslandseinsatz

Von 1862 bis 1864 unternahm die Gazelle unter dem Kommando des Korvettenkapitäns (später: Kapitän zur See) Arthur von Bothwell eine Fahrt nach Ostasien, um die dortige Marinestation zu besetzen und ihr Schwesterschiff Arcona abzulösen. In dieser Zeit diente der spätere Admiral Guido Karcher als Seekadett an Bord. Über diese Reise schrieb Adolf Mensing einen ausführlichen Erlebnisbericht. Während dieser Reise wurde Anfang 1864 der Preußisch-Japanische Staatsvertrag an Bord der Gazelle ratifiziert. Am 23. Februar 1864 wurde das Schiff wegen des Deutsch-Dänischen Krieges nach Europa zurückgerufen, allerdings waren die Kampfhandlungen bereits vor der Ankunft beendet. Die Gazelle hatte jedoch schon am 6. April 1864 in Schanghai den Befehl zum Kreuzerkrieg erhalten und in chinesischen Gewässern vier dänische Handelsschiffe (Caroline, Falk, Cathrine, Chin-Chin) aufgebracht. Im Herbst 1866 wurde die Gazelle dann in das östliche Mittelmeer entsendet und leistete bei einem Erdbeben auf der Insel Lesbos humanitäre Hilfe. 1872 war die Gazelle zusammen mit der Vineta in Westindien stationiert und nahm dort u. a. in Haiti deutsche Wirtschaftsinteressen wahr.

1872 wurde die Gazelle unter dem Flaggschiff, der Panzerfregatte Friedrich Carl, zum Reichsgeschwader kommandiert, das von 1872 bis 1874 eine zur Stärkung des Ansehens des 1871 gegründeten Deutschen Kaiserreichs geplante Weltumseglung durchführen sollte. Die Reise war über Westindien und um Südamerika herum nach Ostasien geplant. Diese Pläne wurden dann aber am 10. März 1873 in Havanna wegen des Ausbruchs des Dritten Carlistenkriegs durch die Gründung der Ersten Spanischen Republik verworfen. Die Gazelle kehrte mit den anderen Schiffen mit Ausnahme des neuen Westindien-Stationärs Albatross nach Europa zurück und traf am 3. Mai 1873 wieder in Kiel ein. Die Kaiserliche Werft Danzig führte in der Folge eine Grundreparatur am Schiff durch. Anschließend diente das Schiff vor der spanischen Küste als Flaggschiff des dortigen deutschen Geschwaders.

Forschungsfahrt

Vom 21. Juni 1874 bis zum 28. April 1876 unternahm die Gazelle unter dem Kommando des späteren Vizeadmirals Georg Freiherr von Schleinitz eine nahezu zweijährige und 48.797 Seemeilen umfassende Expedition, die sie von Kiel aus entlang der afrikanischen Westküste, zum Kap der Guten Hoffnung, zu den Kerguelen, nach Mauritius, in die Südsee, nach Australien, durch die Magellanstraße und über die Azoren zurück nach Kiel führte. Für diese Expedition wurde die Bewaffnung halbiert und auf dem Batteriedeck Wohn- und Arbeitsräume für die wissenschaftlichen Arbeiten geschaffen. Die Expedition diente in erster Linie der Erforschung der Bodenprofile des Südatlantik und der großen Meeresströmungen am Äquator und bei Neuguinea. Darüber hinaus unternahmen der Zoologe Theophil Studer, der Schiffsarzt Friedrich Carl Naumann und der Assistenzarzt Carl Hüesker umfangreiche zoologische, botanische und anthropologische Forschungen. Zudem brachte die Gazelle eine astronomische Expedition unter der Leitung von Karl Börgen zur Beobachtung des Venustransits am 9. Dezember 1874 auf die Kerguelen und anschließend nach Mauritius. Weitere Expeditionsmitglieder waren der Direktor der Prager Sternwarte, Ladislaus Weinek, stellvertretender Leiter der astronomischen Expedition, der Astronom Arthur Wittstein, der Kapitänleutnant und spätere Konteradmiral Franz Strauch, der Kapitänleutnant und spätere Admiral Felix von Bendemann, der spätere Konteradmiral Conrad Dietert, der Kammer-Photograph H. Bobzin und der Mechaniker Carl Krille.

Bei ihrem Aufenthalt im pazifischen Bismarck-Archipel vermaß die Gazelle im August 1875 den Naturhafen Blanchebucht im Nordosten der Insel Neubritannien. Bei dieser Gelegenheit wurde erkannt, dass der östliche Teil Neubritanniens eine Halbinsel ist, entsprechend wurde sie nach dem Schiff als „Gazelle-Halbinsel“ benannt. Dieser Name hat sich bis heute erhalten (englisch Gazelle Peninsula). Weiterhin wurden der Durchgang zwischen Neuirland und der Insel Dyaul „Gazelle-Kanal“ (heute englisch Gazelle Channel) und ein natürlicher Hafen an der Westküste Bougainvilles „Gazellehafen“ (heute englisch Gazelle Harbour) genannt.

Der ganze Bismarck-Archipel war von 1885 bis 1899 deutsches Schutzgebiet und gehörte von 1899 bis 1919 zur Kolonie Deutsch-Neuguinea.

Bei der Fahrt starben sechzehn Besatzungsmitglieder durch Krankheit oder Unfall. Damit wies das Unternehmen eine relativ hohe Mortalität auf. Wegen des hohen Krankenstandes an Typhus infizierter Mannschaften, der auf häufigen Klimawechsel, Arbeitsbelastung und unzureichende Verpflegung zurückzuführen war, hatte die Gazelle außerdem einen unplanmäßigen Quarantäneaufenthalt in Australien einlegen müssen.

Verbleib

Nach ihrer Rückkehr 1876 diente die Gazelle als Schulschiff für Maschinisten und Heizer sowie als Fischereischutzschiff. Eine Fahrt führte die Gazelle 1877 ins Mittelmeer. Der Auftrag war unter anderem die Unterstützung von deutschen Auswanderern aus Württemberg, die unter Repressalien durch die syrischen Behörden litten. Während man in der Souda-Bucht auf Kreta vor Anker lag, kam es zu Unruhen und so setzte man die Reise nach Jaffa fort und erreichte an Ostern 1877 die Stadt. Das Schiff wurde 1884 aus der Liste der Kriegsschiffe gestrichen und diente danach bis zu ihrer Abwrackung 1906 als Wohnhulk in Wilhelmshaven.

Literatur

  • Mirko Graetz: Prinz Adalberts vergessene Flotte. Die Norddeutsche Bundesmarine 1867–1871. Lulu Enterprises Inc. Morrisville, NC (USA) 2008, ISBN 978-1-4092-2509-6, S. 63.
  • Volker Hartmann: Medizinische Besonderheiten während der Forschungsreise der Gedeckten Korvette S. M. S. Gazelle um die Welt in den Jahren 1874–1876. In: Würzburger medizinhistorische Mitteilungen. Band 13, 1995, S. 371–390.
  • Hans H. Hildebrand, Albert Röhr, Hans-Otto Steinmetz: Die deutschen Kriegsschiffe. Biographien – ein Spiegel der Marinegeschichte von 1815 bis zur Gegenwart. Band 3: Schiffsbiographien von Elbe bis Graudenz. Mundus Verlag, Ratingen 1980, S. 175–182.
  • Adolf Mensing: An Bord der GAZELLE nach Yokohama. Ein preußischer Marineoffizier erinnert sich. Herausgegeben und bearbeitet von Horst Auerbach. Hinstorff Verlag, Rostock 2000, ISBN 3-356-00883-8.
Commons: Gazelle – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Fußnoten

  1. Hydrographisches Amt des Reichs-Marine-Amts: Die Forschungsreise S. M. S. „Gazelle“ in den Jahren 1874 bis 1876 unter Kommando des Kapitän See Freiherrn von Schleinitz, Teil 1, Berlin 1889, S. 10f (online).
  2. 1 2 F. L. Herbig (Hrsg.): Die Grenzboten (Zeitschrift für Politik und Literatur), 26. Jahrgang, Teil 3, 1867, Seite 242.
  3. Adolf Mensing: An Bord der GAZELLE nach Yokohama. Ein preußischer Marineoffizier erinnert sich. Hrsg. v. u. bearb. v. Horst Auerbach. Hinstorff, Rostock 2000. ISBN 3-356-00883-8.
  4. Willi A. Boelcke: So kam das Meer zu uns. Die preussisch-deutsche Kriegsmarine in Übersee 1822 bis 1914. Ullstein Verlag, 1981, S. 299.
  5. Abtheilung für Kriegsgeschichte des Großen Generalstabs (Hg.): Der Deutsch-Dänische Krieg 1864. 2 Bände und Landkartenband, 1886/1887. Reprintauflage 2014 durch Verlag Rockstuhl: Band 1 ISBN 3-86777-656-3, Band 2, Seite 56. ISBN 3-86777-657-1, Landkartenband ISBN 3-86777-703-9.
  6. Kay Larsen: Den danske Kinafart. Gad, Kopenhagen 1932 (Nachdruck Saga Egmont, Kopenhagen 2018), S. 155f (Google-Books; eingeschränkte Vorschau).
  7. Volker Hartmann: Medizinische Besonderheiten während der Forschungsreise der Gedeckten Korvette S. M. S. Gazelle um die Welt in den Jahren 1874–1876. In: Würzburger medizinhistorische Mitteilungen. Band 13, 1995, S. 371–390; hier: S. 371.
  8. Hydrographisches Amt des Reichs-Marine-Amts (Hrsg.):Die Forschungsreise S. M. S. „Gazelle“ in den Jahren 1874 bis 1876: unter Kommando des Kapitän See Freiherrn von Schleinitz. Band 1: Erster Theil: Der Reisebericht. Mittler, Berlin, 1889, S. 11.
  9. Axel Wiese: Die deutsche Kerguelen-Venus-Expedition 1874. In Friesische Heimat, Nummer 11, 29. Juni 2012 (Beilage zum Anzeiger für Harlingerland).
  10. Hydrographisches Amt des Reichs-Marine-Amts (Hrsg.):Die Forschungsreise S. M. S. „Gazelle“ in den Jahren 1874 bis 1876: unter Kommando des Kapitän See Freiherrn von Schleinitz. Band 1: Erster Theil: Der Reisebericht. Mittler, Berlin, 1889, S. 240.
  11. Stichwort Djaul. In: Heinrich Schnee (Hrsg.): Deutsches Kolonial-Lexikon. Quelle & Meyer, Leipzig 1920, Band I, S. 469 (online).
  12. Stichwort: Gazellehafen. Online in: Deutsches Kolonial-Lexikon, Band I, Leipzig 1920, S. 680.
  13. Volker Hartmann: Medizinische Besonderheiten während der Forschungsreise der Gedeckten Korvette S. M. S. Gazelle um die Welt in den Jahren 1874–1876. In: Würzburger medizinhistorische Mitteilungen. Band 13, 1995, S. 371–390; hier: S. 387.
  14. Bruno Buchwald: Die Forschungsreise S.M.S. „Gazelle“ 1874 bis 1876. Tagebuchnotizen des Oberbotteliers Rudolph Buchwald. Hamburg, Berlin 1999, S. 11.
  15. Christian Benkard: An Joppe’s Strand In Max Plüddemann: Illustrierter Deutscher Flotten=Kalender, 2. Jahrgang, Leipzig 1902, S. 106–112.
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