Gerätedateien (englisch device file) sind spezielle Dateien, die unter fast allen Unix-Derivaten und vielen anderen Betriebssystemen genutzt werden. Sie ermöglichen eine einfache Kommunikation zwischen Userspace, zum Beispiel gewöhnlichen Anwenderprogrammen, und dem Kernel und damit letztlich der Hardware eines Computers. Diese Kommunikation ist transparent, da Gerätedateien wie normale Dateien verwendet werden.

Gerätedateien unter Unix

Typen von Gerätedateien

Die Dateisysteme von Unix- und ähnlichen Betriebssystemen unterscheiden zwischen „normalen“ Dateien (binär/ASCII), Verzeichnissen, Named Pipes (auch FIFOs genannt), Symbolische Verknüpfungen, Sockets und Datenblöcken. Während „normale“ Dateien und Verzeichnisse zum Standardfunktionsumfang gewöhnlicher Dateisysteme gehören, spielen bereits Named Pipes eine Sonderrolle, zählen aber nicht zu den Gerätedateien. Erst bei den letzten drei Typen handelt es sich um Gerätedateien. Somit wird zwischen drei Typen von Gerätedateien unterschieden:

Zur Ausgabe des Typs einer (Geräte-)Datei eignen sich Befehle wie ls oder file.

Da meist für jedes Gerät eine eigene Gerätedatei existiert, sammelte man bereits in frühen Versionen von Unix diese Dateien im Verzeichnis /dev. Mit dem Filesystem Hierarchy Standard ist dieses Vorgehen für Linux standardisiert worden (Solaris führt die Gerätedateien unter dem virtuellen Dateisystem in /devices und generiert automatisiert Symlinks die von /dev zu den eigentlichen Dateien in /devices zeigen), ferner ist vorgeschrieben, welche Gerätedateien in diesem Verzeichnis unter welchem Namen existieren müssen (siehe dazu die Listen weiter unten). Moderne Unix-Derivate benutzen oft spezielle (virtuelle) Dateisysteme, um dieses Verzeichnis aktuell zu halten. Unter Linux war dafür lange Zeit devfs populär, mittlerweile sorgt udev für die Verwaltung der Gerätedateien.

Gerätedateien werden als Schnittstelle zwischen Gerätetreibern oder Systemkomponenten und Anwendungsprogrammen, die im Userspace ablaufen, genutzt. So druckt man beispielsweise auf einem LPT-Drucker, der über die parallele Schnittstelle an den Computer angeschlossen ist, indem man Text direkt in die Gerätedatei /dev/lp0 schreibt. Durch das Konzept der Gerätedateien sind Programme prinzipiell von den Gerätetreibern, die im Kernel agieren, getrennt. Außerdem erscheint die Benutzung eines Gerätes völlig transparent – man muss nicht erst ein spezielles Programm nutzen, sondern kann in eine Datei schreiben, die quasi dem Drucker entspricht. Dies ermöglicht eine intuitive Benutzung der Hardware.

Das Konzept der Gerätedateien ist eine der Grundlagen für den Unix-Grundsatz Alles ist eine Datei und wurde beispielsweise mit Ansätzen wie dem Derivat Plan 9 ausgebaut.

Blockorientierte Geräte

Blockorientierte Geräte (auch Blockspeichergerät, Blockgerät oder engl. block device) übertragen Daten in Datenblöcken und werden daher oft für parallele Datenübertragungen genutzt. Alle diese Geräte nutzen den betriebssystemeigenen Puffer.

Beispiele von Dateinamen für blockorientierte Geräte
Beschreibung des GerätsLinuxFreeBSDNetBSD/OpenBSDmacOSSolaris
1. Diskettenlaufwerk fd0
IDE-Festplatte oder IDE-CD-ROM-Laufwerk am 1. Anschluss Master (in Linux) hda ad0 wd0
IDE-Festplatte oder IDE-CD-ROM-Laufwerk am 1. Anschluss Slave hdb ad1
1. primäre Partition der ersten IDE-Platte hda1
15. logische Partition der ersten IDE-Platte hda15
1. Slice der ersten IDE-Platte ad0s1
15. Slice der ersten IDE-Platte ad0s15
1. Partition im 1. Slice der ersten IDE-Platte ad0s1a
2. Partition im 1. Slice der ersten IDE-Platte ad0s1b
IDE-CD-ROM-Laufwerk am 1. Anschluss Master acd0
IDE-CD-ROM-Laufwerk am 1. Anschluss Slave acd1
1. SCSI-CD-ROM-Laufwerk scd0 cd0
SCSI-(Wechsel-)Platte, kleinste SCSI-ID sda disk0
SCSI-(Wechsel-)Platte, nächstgrößere SCSI-ID sdb disk1
1. primäre Partition der ersten SCSI-(Wechsel-)Platte sda1 disk0s0
11. logische Partition der ersten SCSI-(Wechsel-)Platte sda15
SCSI-(Wechsel-)Platte, kleinste SCSI-ID da0 disk0
5. Partition im 2. Slice der 2. SCSI-(Wechsel-)Platte da1s2e
am C-ten SCSI-Controller mit SCSI-ID=T die D-te Festplatte und auf ihr das S-te Slice cCtTdDsS
symbolische Verknüpfung auf CD-ROM-Laufwerk cdrom
Der erste Namespace des ersten registrierten NVMe-Geräts nvme0n1
Die erste Partition des ersten Namespaces des ersten registrierten NVMe-Geräts nvme0n1p1

Zeichenorientierte Geräte

Zeichenorientierte Geräte übertragen nur ein Zeichen (typischerweise ein Byte) zur selben Zeit, sind also der seriellen Datenübertragung zuzusprechen. Meist, aber nicht immer, werden Daten ungepuffert – also sofort – übertragen.

Beispiele von Dateinamen für zeichenorientierte Geräte
Beschreibung des GerätsLinuxDOS/WindowsmacOS
1. Serielle Schnittstelle ttyS0 COM
1. Parallele Schnittstelle lp0 LPT1
2. Parallele Schnittstelle lp1 LPT2
symbolische Verknüpfungen für Pseudoterminals ttyX
Gerätedateien für USB-Geräte sowie alle virtuellen Gerätedateien usbdev1.1
symbolische Verknüpfung auf Maus-Gerätedatei mouse
Datei eines Framebuffers (z. B. Monitor) fbX
Laufwerksdatei im Zeichenmodus (macOS). rdisk0, rdisk1, … entspricht hier der ersten, zweiten, … Festplatte als Gerät an sich, während rdisk0s1 beispielsweise die erste Partition auf der ersten Festplatte ist. rdisk#

rdisk#s#

Der Geräte-Controller des ersten registrierten NVMe-Geräts nvme0

Die Netzwerkkarten (zum Beispiel Ethernet, ISDN) werden unter Linux nicht über Gerätedateien, sondern über den TCP/IP-Stack angesprochen, gleichwohl existieren oft auch Gerätedateien für Spezialanwendungen wie etwa zur direkten Ansteuerung der Hardware (Netlink Device, D-Kanal etc.).

Socketorientierte Geräte

Bei socketorientierten Geräten handelt es sich nicht um Gerätedateien, sondern eine Form von Interprozesskommunikation. Wie FIFOs sind sie damit keine Gerätedateien, können aber auch zur Kommunikation mit dem Kernel eingesetzt werden und nehmen dabei eine ähnliche Aufgabe wahr wie zeichenorientierte Geräte.

Beispiele für socketorientierte Geräte
DateinameBedeutung
/dev/log Socket für den syslog-Daemon
/dev/gpmdata Socket für den GPM-Maus-Multiplexer
/dev/printer Socket für lpd

Unechte Geräte

Eine Gerätedatei muss nicht mit einem real existierenden Gerät korrespondieren, sondern kann auch für ein sogenanntes virtuelles Gerät (virtual device) bzw. Pseudogerät (pseudo-device) stehen. Das ist ein Arbeitsmittel, dessen Funktionsweise vom Betriebssystem (Kernel, Kernelerweiterung, Treiber) gehandhabt wird.

Anders als der Begriff virtuelles Gerät vermuten lässt, wird hier nicht unbedingt ein physisches Gerät nachgebildet (vgl. Virtualisierung).

Nachfolgend eine Liste der verbreitetsten Pseudogeräte (alle zeichenorientiert) in Unix- und ähnlichen Systemen:

/dev/nullverwirft jede Eingabe ohne eine Ausgabe zu produzieren
/dev/zeroproduziert einen Zeichenstrom, der nur aus Nullzeichen (in C-Notation: '\0') besteht
/dev/fullproduziert einen Zeichenstrom, der beim Lesezugriff nur aus Nullzeichen (in C-Notation: '\0') besteht. Bei Schreibzugriffen gibt es einen ENOSPC ("disk full") Fehler.
/dev/randomproduziert echte Zufallszahlen oder wenigstens kryptografisch starke Pseudozufallszahlen (meist anhand von Hardware-Eingaben)
/dev/urandomproduziert Pseudozufallszahlen (meist im Gegensatz zu /dev/random ohne zu blockieren, wenn keine Hardwaredaten anfallen)

Verwaltung der Gerätedateien am Beispiel Linux

Zum Erstellen von Gerätedateien dient das linuxspezifische Kommando mknod, welches zum Erstellen einer Gerätedatei die zugehörige Major- und Minor number benötigt.

Wenn ein Benutzer bei frühen Linux-Versionen einen neuen Treiber installiert hat, so mussten eine oder mehrere Gerätedateien mit diesem mknod-Kommando unter Zuhilfenahme der Treiberdokumentation und unter Angabe der notwendigen Major/Minor-Number angelegt werden, um die benötigte Schnittstelle zu schaffen. Viele Linux-Distributionen lieferten daher im /dev-Verzeichnisbaum bereits tausende von Gerätedateien mit, ungeachtet ob diese jemals benötigt werden würden. Dies war einerseits unübersichtlich, andererseits war es schwierig, automatisch neue Treiber für neue Hardware zu laden, da die Gerätedateien immer manuell gepflegt werden mussten.

Innerhalb mehrerer Jahre und Kernel-Releases wurden so zwei neue Konzepte entwickelt:

devfs

Im Linux-Kernelbaum 2.2 wurde das devfs eingeführt. Die zugrundeliegende Idee war, dass die Kernel-Module selbst Informationen zu den Namen der Gerätedateien, die sie erzeugen, neben den Minor und Major Numbers sowie dem Typ mit sich führen. Dadurch konnte der Kernel erstmals die Erzeugung der Gerätedateien selbst übernehmen.

Die benötigten bzw. vom Kernel und seinen Modulen gestellten Gerätedateien hat der Kernel anschließend automatisch in dem devfs-Dateisystem mit Hilfe des devfsd-Daemons erstellt. Das Dateisystem wurde dabei üblicherweise im Verzeichnis /dev gemountet.

udev

Nach reiflicher Überlegung schien das System mit devfs doch zu unflexibel. Gefordert wurde ein System, das beim Einstecken neuer Hardware reagiert (Hotplugging), die entsprechenden Kernelmodule lädt und die Gerätedateien anlegt und beim Ausstecken der Geräte diese wieder entfernt. Zusätzlich sollte es möglich sein, über ein Regelwerk selbst zu definieren, welches Namensschema man für seine Gerätedateien anwenden möchte, wie diese in Unterverzeichnissen strukturiert werden sollen etc.

Mit der Einführung von Kernel 2.6 wurde udev dieses neue Geräteverwaltungskonzept. Ähnlich wie bei devfs gibt es auch hier einen Daemon der im Userspace läuft und die eigentliche Arbeit erledigt. Bei udev kommt jedoch kein eigenes Dateisystem zum Einsatz, außerdem ist die notwendige Kernelkomponente deutlich schlanker, also kleiner und einfacher.

Gerätedateien unter Windows

Auch unter Windows gibt es Gerätedateien: Auf sie kann man als Programmierer mittels der Subroutine CreateFile() zugreifen. Der Name einer Gerätedatei hat das Format \\.\NAME. Gerätedateien sind nicht, wie unter Unix, unter gewöhnlichen Verzeichnissen anzutreffen, die Kommunikation erfolgt entsprechend auch nicht (für den Benutzer) transparent. Im Allgemeinen hat man als Benutzer mit der Windows-Shell keine Möglichkeit, mit den Gerätedateien in Berührung zu kommen.

Literatur

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