Johann Friedrich von Salm-Grumbach (* 5. November 1743; † 11. September 1819) war ein Mitglied des Adelsgeschlechts der Wild- und Rheingrafen aus der Linie Salm-Grumbach. Als Oberst einer Legion stand er Mitte der 1780er Jahre im Dienste der Staaten von Holland und Westfriesland. Er agierte bis 1787 in einem Konflikt zwischen Patriotten und Orangisten, ehe der preußische Einmarsch in die Niederlande die Stellung des niederländischen Statthalters Wilhelm V. von Oranien 1787 wieder festigte.

Leben

Johann Friedrich war ein Sohn des Rheingrafen Karl Walrad Wilhelm zu Salm-Grumbach (1701–1763) und dessen Ehefrau Juliane Franziska, einer geborenen Gräfin von Prösing und Limpurg (1709–1775). Mit seinen zahlreichen Geschwistern wurde er Miterbe der Herrschaft Limpurg-Sontheim, die 1781 an Württemberg verkauft wurde.

Johann Friedrich trat als Maréchal de camp in die französische Armee ein. In niederländischem Sold war er 1772 Kommandeur der 2. Kompanie des 1. Bataillons des Infanterie-Regiments „Sachsen-Gotha“ und wechselte als Obrist einer von ihm 1784 aufgestellten Legion von rund 1000 Soldaten und 450 Reitern 1785 in die Dienste der Staaten von Holland und Westfriesland, einer Entität der Generalstaaten. Sie waren dominiert von der oppositionellen Bewegung der Patriotten, die die quasi-monarchische Stellung des Statthalters in der Republik der Vereinigten Niederlande bekämpfte. In diesem Kampf verbündete sich die Gruppierung mit dem französischen König Ludwig XVI. Hingegen auf der Seite des Statthalters Wilhelm V. stand das von Friedrich Wilhelm II. regierte Preußen. Dessen Schwester Wilhelmine war die Gemahlin des Statthalters der Niederlande.

Als Preußen am 13. September 1787 in die Niederlande einmarschierte, war Johann Friedrich Militärgouverneur zu Utrecht. Er entschloss sich bald darauf, die Stadt zu evakuieren und sie den anrückenden Preußen zu überlassen. Ohne die Generalstaaten zu befragen, entzogen die Staaten von Holland und Westfriesland, wo die Patriotten das Sagen hatten, am 22. September 1787 dem Statthalter den Oberbefehl über die niederländischen Truppen und übertrugen das Oberkommando auf Johann Friedrich. Dieser war nach Aufgabe Utrechts mit seinen Truppen nach Amsterdam gezogen. Dort verschloss ihm die Stadt jedoch ihre Tore. Am 10. Oktober 1787 nahmen die Preußen Amsterdam ein. Die Patriotten hatten bis zuletzt gehofft, dass Ludwig XVI. zu ihren Gunsten in den Konflikt eingreifen werde. Sie flüchteten, die meisten nach Frankreich, wo sich einige später in der Französischen Revolution engagierten. In den Niederlanden folgte die Restauration Wilhelms V.

Johann Wilhelm selbst entzog sich dem Kriegsschauplatz ebenfalls durch Flucht. Hierzu soll er sich eines Boots bedient haben, das er einem Fischer in Katwijk abkaufte. Von dort soll er über Hamburg nach Grumbach gelangt sein und anschließend ein Landgut bei Bar-le-Duc erworben haben, dem er laut Christian Gottlob Hempel den Namen „Hollands Thorheit“ gab.

Johann Friedrichs militärisches Verhalten und seine Flucht wurden von Kritikern als skandalöser Fall von Überforderung und Feigheit gesehen und waren Gegenstand einer lebhaften öffentlichen Auseinandersetzung. 1788 erschien eine Memoire pour de rhingrave de Salm, in der ein anonymer Autor (offensichtlich Johann Friedrich selbst) das Verhalten verteidigend darstellte und den Rückzug aus Utrecht damit zu erklären suchte, dass die Stadt dauerhaft nicht zu halten gewesen sei. Darauf erwiderte ein anderer Autor durch die 1789 publizierte Schrift Réflexions sur le mémoire prétendu justificatif du rhingrave de Salm. Auch eine dritte Schrift, veröffentlicht 1789 in Lüttich, setzte sich mit den aufgeworfenen Fragen auseinander.

Johann Friedrich war Ritter des Ordens des Weißen Adlers. Nach dem Tod seines älteren Bruders Wilhelm Christian von Salm-Grumbach (1741–1810) war er Senior des Hauses Salm-Grumbach. Sein damals minderjähriger Neffe Friedrich, Sohn seines ältesten Bruders Karl Ludwig von Salm-Grumbach (1729–1799), war 1803–1806 durch den Reichsdeputationshauptschluss einer der Landesherren der Grafschaft Salm-Horstmar und wurde 1816 als Standesherr in Preußen Fürst zu Salm-Horstmar. Seinem Bruder Wilhelm Christian, der 1803 ebenfalls Graf zu Salm-Horstmar geworden war und 1810 ohne Kinder starb, sukzedierte Johann Friedrich in dessen Besitzungen. An seinen minderjährigen Neffen Friedrich trat er seine Rechte gegen eine Jahresrente ab.

In verschiedenen Schriften wurde Rheingraf Johann Friedrich von Salm-Grumbach mit Fürst Friedrich III. zu Salm-Kyrburg, der ebenfalls ein Spross der Wild- und Rheingrafen war, verwechselt.

Einzelnachweise

  1. Bernhard Peter: Ein Erbstreit und die heraldischen Folgen: Das Schicksal des Limpurger Territoriums, Webseite im Portal welt-der-wappen.de, abgerufen am 8. Oktober 2023
  2. Frédéric Schoell: Cours d’histoire des états européens. Band 40: Histoire du XVIII siècle. Duncker et Humblot, Berlin 1833, S. 308 (Google Books)
  3. Jan Willem van Sypesteijn: Geschiedenis van het regiment Hollandsche hussaren. Gebroeders van Cleef, Amsterdam und Den Haag 1849, S. 2, Fußnote 1 (Google Books)
  4. Arie Rens: Boreel. Het verhaal van een Regiment Huzaren. S. 12
  5. Guillaume Groen van Prinsterer: Handboek der geschiedenis van het vaderland. Band 3, J. A. Wormser, Amsterdam 1895, Nr. 752 (PDF)
  6. Friedrich Christoph Schlosser: Geschiedenis der achttiende eeuw en der negentiende tot den ondergang van het Fransche keizerrijk. Band 3, van Druten & Bleeker, Sneek 1859, S. 304, 309 (Google Books)
  7. Arend Stubbe: Uniformen van het Legioen van de Rijngraaf van Salm. Utrecht 1785, Serie von Drucken, Rijksmuseum Amsterdam (Digitalisat)
  8. M. P. J. Ondaatje: Mr. Ph. Jurriaan Quint Ondaatje. In: Vaderlandsche letteroefeningen. Jahrgang 1869, S. 55
  9. Marcel Hulspas: Waarom de Revolutie in Parijs begon, Webseite im Portal sargasso.nl, 11. April 2018, abgerufen am 12. Oktober 2023
  10. Heinrich Elsner: Umfassende Geschichte des Kaisers Napoleon. Band 5, J. Scheible’s Buchhandlung, Stuttgart 1836, S. 316 (Google Books)
  11. Friedrich Wilhelm von Kleist: Tagebuch von dem Preußischen Feldzug in Holland. Herausgegeben von Sigurd von Kleist, Hamm 2016, S. 12 (PDF)
  12. Johann Sporschil: Geschichte der Deutschen von den ältesten Zeiten bis auf unsere Tage. 2. Auflage, 17. Heft, Verlag von Georg Joseph Manz, Regensburg 1859, S. 35 f. (Google Books)
  13. Theodor Philipp von Pfau: Histoire de la campagne des Prussiens en Hollande en MDCCLXXVII. Berlin 1790, S. 82 (Google Books)
  14. Nederlandsch placaat- en rechtskundig woerdenbooek. Band 2, Johannes Allart, Amsterdam 1792, S. 243 (Google Books)
  15. Christian Gottlob Hempel: Kurzer Abriß der neuesten europäischen Denkwürdigkeiten. Band 1, Friedrich Maurer, Berlin 1788, S. 116 (Google Books)
  16. Johann Gottlieb Backhaus [Rabbi Jossel]: Kronik der Kinder von Preußen und der Kinder von Holland. Altona [Utrecht] 1788, S. 267 (Google Books)
  17. Art. XI. In: The Monthly Review. Januar–Juni 1789, S. 624 f. (Google Books)
  18. Memoire pour le rhingrave de Salm. Avec une introduction de l’editeur. 1788 (Google Books)
  19. Réflexions sur le mémoire prétendu justificatif du rhingrave de Salm. 1789 (Google Books)
  20. Monsieur le rhingrave Frédéric de Salm, innocent ou coupable. Lüttich 1789 (Google Books)
  21. Gottlob Friedrich Krebel: Europäisches Genealogisches Handbuch. Johann Friedrich Gleditsche Handlung, Leipzig 1790, S. 32 (Google Books)
  22. Gothaisches genealogisches Taschenbuch auf das Jahr 1819. Justus Perthes, Gotha 1819, S. 103 (Google Books)
  23. Genealogisches und Staats-Handbuch. 65. Jahrgang, Verlag von Johann Friedrich Wenner, Frankfurt am Main 1827, S. 557 (Google Books)
  24. Joachim Emig: Friedrich III. von Salm-Kyrburg (1745–1794). Ein deutscher Reichsfürst im Spannungsfeld zwischen Ancien régime und Revolution (= Europäische Hochschulschriften. Reihe 3: Geschichte und ihre Hilfswissenschaften. 750). Lang, Frankfurt am Main u. a. 1997, ISBN 3-631-31352-7 (zugleich: Universität Mainz, Dissertation, 1990), S. 20 f.
  25. Hermann Wendel: Quel Salm? Une erreur judiciaire de l’histoire. In: Le Temps, Paris, 29. Juli 1934
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. Additional terms may apply for the media files.