Kestrich
Gemeinde Feldatal
Koordinaten: 50° 39′ N,  11′ O
Höhe: 324 (320–374) m
Fläche: 4,87 km²
Einwohner: 271 (31. Dez. 2017)
Bevölkerungsdichte: 56 Einwohner/km²
Eingemeindung: 31. Dezember 1971
Postleitzahl: 36325
Vorwahl: 06637

Kestrich ist ein Ortsteil von Feldatal im mittelhessischen Vogelsbergkreis.

Geographie

Kestrich liegt am Vogelsberg im Naturpark „Hoher Vogelsberg“. Durch den Ort führt die Landesstraße 3071. Die Bebauungen von Kestrich und dem nordwestlich gelegenen Groß-Felda gehen ineinander über.

Geschichte

Bekanntermaßen erstmals schriftlich erwähnt wurde das Dorf in der Zeit zwischen 813 und 817, und zwar mit dem Ortsnamen chisteriche. Weitere Schreibweisen des Ortsnamens waren Keistriche und Kesterich.

Das Dorf entstand um ein Hofgut der Herren von Windhausen das später den Herren von Weiters gehörte. Ab 1717 gehörten Ort und Gericht den Schenck zu Schweinsberg.

Die Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen berichtet 1830 über Kestrich:

„Kestrich (L. Bez. Alsfeld) evangel. Filialdorf; liegt im Vogelsberg in einem engen Thale an der Felda, so wie 314 St. von Alsfeld, und gehört dem Freiherrn von Schenk. Der Ort hat 77 Häuser, 413 Einwohner, die außer 73 Juden evangelisch sind, sodann 1 Kapelle, 1 Synagoge und 1 Mühle. Die Einwohner beschäftigen sich stark mit der Spinnerei und Leineweberei.“

Neben der Fachwerkkirche liegt die ehemalige Synagoge von Feldatal. Sie wurde im 18. Jahrhundert erbaut und 2005 aufwändig renoviert.

Gebietsreform

Am 31. Dezember 1971 wurden im Zuge der Gebietsreform in Hessen die bis dahin selbstständigen Gemeinden Ermenrod, Groß-Felda, Kestrich, Köddingen, Stumpertenrod, Windhausen und Zeilbach zur neuen Großgemeinde Feldatal zusammengeschlossen.

Territorialgeschichte und Verwaltung

Die folgende Liste zeigt im Überblick die Territorien, in denen Kestrich lag, bzw. die Verwaltungseinheiten, denen es unterstand:

Gerichtszugehörigkeit seit 1803

In der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt wurde mit Ausführungsverordnung vom 9. Dezember 1803 das Gerichtswesen neu organisiert. Für die Provinz Oberhessen wurde das „Hofgericht Gießen“ als Gericht der zweiten Instanz eingerichtet. Die Rechtsprechung der ersten Instanz wurde durch die Ämter bzw. Standesherren vorgenommen und somit war für Kestrich das Patrimonialgericht der Freiherrn Schenck zu Schweinsberg zuständig. Das Hofgericht war für normale bürgerliche Streitsachen Gericht der zweiten Instanz, für standesherrliche Familienrechtssachen und Kriminalfälle die erste Instanz. Die zweite Instanz für die Patrimonialgerichte waren die standesherrlichen Justizkanzleien. Übergeordnet war das Oberappellationsgericht Darmstadt.

Mit der Gründung des Großherzogtums Hessen 1806 wurde diese Funktion beibehalten, während die Aufgaben der ersten Instanz 1821–1822 im Rahmen der Trennung von Rechtsprechung und Verwaltung auf die neu geschaffenen Land- bzw. Stadtgerichte übergingen. Kestrich fiel in den Gerichtsbezirk des Landgerichts Alsfeld. Im Jahr 1823 gaben Freiherrn Schenck zu Schweinsberg ihre Rechte am Gericht Kestrich an das Großherzogtum Hessen ab. Erst infolge der Märzrevolution 1848 wurden mit dem „Gesetz über die Verhältnisse der Standesherren und adeligen Gerichtsherren“ vom 15. April 1848 die standesherrlichen Sonderrechte endgültig aufgehoben. Durch Verfügung des Großherzoglich Hessischen Ministerium des Innern und der Justiz wurde am 1. Dezember 1838 Kestrich an den Bezirk des neu errichteten Landgerichts Ulrichstein abgetreten.

Anlässlich der Einführung des Gerichtsverfassungsgesetzes mit Wirkung vom 1. Oktober 1879, infolge derer die bisherigen großherzoglich hessischen Landgerichte durch Amtsgerichte an gleicher Stelle ersetzt wurden, während die neu geschaffenen Landgerichte nun als Obergerichte fungierten, kam es zur Umbenennung in „Amtsgericht Ulrichstein“ und Zuteilung zum Bezirk des Landgerichts Gießen.

1943 verlor das Amtsgericht Ulrichstein seine Selbständigkeit und wurde zur Zweigstelle des Amtsgerichts Schotten. Mit Wirkung zum 1. Juli 1968 erfolgte die Auflösung des Amtsgerichts Schotten und Kestrich kam zum Gerichtsbezirk des Amtsgerichts Alsfeld. Die übergeordneten Instanzen sind jetzt, das Landgericht Gießen, das Oberlandesgericht Frankfurt am Main sowie der Bundesgerichtshof als letzte Instanz.

Einwohnerentwicklung

 1806:412 Einwohner, 69 Häuser
 1829:413 Einwohner, 77 Häuser
 1867:319 Einwohner, 71 bewohnte Gebäude
 1875:363 Einwohner, 69 bewohnte Gebäude
Kestrich: Einwohnerzahlen von 1806 bis 2017
Jahr  Einwohner
1806
 
412
1829
 
413
1834
 
458
1840
 
421
1846
 
442
1852
 
406
1858
 
373
1864
 
382
1871
 
366
1875
 
363
1885
 
339
1895
 
304
1905
 
284
1910
 
298
1925
 
275
1939
 
273
1946
 
381
1950
 
372
1956
 
284
1961
 
280
1967
 
309
1970
 
299
1980
 
?
1990
 
?
2000
 
?
2011
 
282
2017
 
271
Datenquelle: Histo­risches Ge­mein­de­ver­zeich­nis für Hessen: Die Be­völ­ke­rung der Ge­mei­nden 1834 bis 1967. Wies­baden: Hes­sisches Statis­tisches Lan­des­amt, 1968.
Weitere Quellen: ; Zensus 2011

Religionszugehörigkeit

 1829:341 evangelische (= 82,32 %), 73 jüdische (= 17,68 %) Einwohner
 1961:250 evangelische (= 89,29 %), 20 katholische (= 7,14 %) Einwohner

Sehenswürdigkeiten

Verkehr

Den öffentlichen Personennahverkehr stellt eine Buslinie der Verkehrsgesellschaft Oberhessen her.

Literatur

Commons: Kestrich – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. 1 2 3 4 5 Kestrich, Vogelsbergkreis. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 16. Oktober 2018). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  2. 1 2 Einwohnerzahlen von der Gemeinde Feldatal. In: Internetauftritt. Gemeinde Feldatal, archiviert vom Original; abgerufen am 21. Juni 2018.
  3. 1 2 3 Georg Wilhelm Justin Wagner: Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen: Provinz Oberhessen. Band 3. Carl Wilhelm Leske, Darmstadt August 1830, OCLC 312528126, S. 141 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  4. Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart / Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 347.
  5. Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  6. Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band 13. G. Jonghause’s Hofbuchhandlung, Darmstadt 1872, OCLC 162730471, S. 12 ff. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  7. Die Zugehörigkeit des Amtes Ulrichstein anhand von Karten aus dem Geschichtlicher Atlas von Hessen: Hessen-Marburg 1567–1604, Hessen-Kassel und Hessen-Darmstadt 1604–1638 und Hessen-Darmstadt 1567–1866
  8. Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band 13. G. Jonghause’s Hofbuchhandlung, Darmstadt 1872, OCLC 162730471, S. 13 ff., § 24 Punkt d) VIII. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  9. Hessen-Darmstädter Staats- und Adresskalender 1791. Im Verlag der Invaliden-Anstalt, Darmstadt 1791, S. 211 ff. (Online in der HathiTrust digital library).
  10. Wilhelm von der Nahmer: Handbuch des Rheinischen Particular-Rechts: Entwickelung der Territorial- und Verfassungsverhältnisse der deutschen Staaten an beiden Ufern des Rheins : vom ersten Beginnen der französischen Revolution bis in die neueste Zeit. Band 3. Sauerländer, Frankfurt am Main 1832, OCLC 165696316, S. 9 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  11. 1 2 Hessen-Darmstädter Staats- und Adresskalender 1806. Im Verlag der Invaliden-Anstalt, Darmstadt 1806, S. 280 ff. (Online in der HathiTrust digital library).
  12. Neuste Länder und Völkerkunde. Ein geographisches Lesebuch für alle Stände. Kur-Hessen, Hessen-Darmstadt und die freien Städte. Band 22. Weimar 1821, S. 423 (online bei Google Books).
  13. Georg W. Wagner: Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen: Provinz Oberhessen. Band 3. Carl Wilhelm Leske, Darmstadt 1830, S. 6 ff. (online bei Google Books).
  14. Gesetz über die Verhältnisse der Standesherren und adeligen Gerichtsherren vom 7. August 1848. In: Großherzog von Hessen (Hrsg.): Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt. 1848 Nr. 40, S. 237–241 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 42,9 MB]).
  15. Bekanntmachung, die Errichtung eines Landgerichts zu Ulrichstein betr. vom 31. Oktober 1938. In: Großherzogliches Ministeriums des Inneren und der Justiz (Hrsg.): Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt. 1838 Nr. 36, S. 385 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 40,9 MB]).
  16. Verordnung zur Ausführung des Deutschen Gerichtsverfassungsgesetzes und des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetze vom 14. Mai 1879. In: Großherzog von Hessen und bei Rhein (Hrsg.): Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt. 1879 Nr. 15, S. 197–211 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 17,8 MB]).
  17. Verfügung des Landgerichtspräsidenten in Gießen vom 16. Juni 1943 — 3200 — Betrifft: Errichtung der Zweigstelle Ulrichstein des Amtsgerichts Schotten
  18. Zweites Gesetz zur Änderung des Gerichtsorganisationsgesetzes (Ändert GVBl. II 210–16) vom 12. Februar 1968. In: Der Hessische Minister der Justiz (Hrsg.): Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen. 1968 Nr. 4, S. 41–44, Artikel 1, Abs. 2 f) und Artikel 2, Abs. 4 a) (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 298 kB]).
  19. Wohnplätze 1867. In: Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band 13. G. Jonghause’s Hofbuchhandlung, Darmstadt 1877, OCLC 162730484, S. 117 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  20. Wohnplätze 1875. In: Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band 15. G. Jonghause’s Hofbuchhandlung, Darmstadt 1877, OCLC 162730484, S. 12 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  21. Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1 MB) (Nicht mehr online verfügbar.) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt, archiviert vom Original am 27. Oktober 2020.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
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