Kleonymos (altgriechisch Κλεώνυμος Kleṓnymos; * um 340 v. Chr.; † nach 272 v. Chr.) war ein Angehöriger des spartanischen Königshauses der Agiaden. 309/308 v. Chr. bei der Thronfolge übergangen, machte er 303/302 v. Chr. einen wenig ruhmreichen Italienfeldzug und versuchte 272 v. Chr. mit Hilfe des Königs Pyrrhus von Epirus vergeblich, sich den spartanischen Thron zurückzuerobern.
Gescheiterter Thronfolgeversuch
Kleonymos war der zweite Sohn des spartanischen Königs Kleomenes II. und jüngerer Bruder des Akrotatos. Wegen seines angeblich gewalttätigen und tyrannischen Charakters konnte er nach dem Tod seines Vaters (309/308 v. Chr.) nicht dessen Nachfolge antreten, und an seiner Stelle bestieg sein Neffe Areus I., der Sohn des bereits verstorbenen Akrotatos, den Thron. Aufgrund dieser Zurücksetzung war Kleonymos auf seine Landsleute äußerst schlecht zu sprechen, und seinen Zorn vererbte er angeblich auf seinen Sohn, der als Leonidas II. die Regierung in Sparta übernehmen sollte.
Expedition nach Italien
Einige Jahre später segelte Kleonymos mit Zustimmung der spartanischen Führung als Söldnerführer nach Italien, um Tarent gegen die Lukaner zu unterstützen. So kam es 303/302 v. Chr. zu Kleonymos’ militärischem Engagement auf der Apenninhalbinsel. Darüber liegen zwei unterschiedliche Berichte beim sizilianischen Historiker Diodor und beim römischen Annalisten Titus Livius vor. Das Verhältnis der beiden Quellen zueinander ist unklar. Der Althistoriker Thomas Lenschau vermutet, dass sie zwei verschiedene Feldzüge des Kleonymos beschreiben, wobei der von Diodor wiedergegebene ein Jahr vor dem von Livius dargestellten erfolgt sei.
Laut dem Bericht Diodors segelte Kleonymos mit 5000 Söldnern, die er auf Tainaron angeworben hatte, nach Tarent, nahm dort eine gleiche Anzahl weiterer Söldner in seine Dienste und befehligte zusammen mit den Soldaten aus Tarent über 30.000 Infanteristen und 2000 Kavalleristen. Angesichts dieser großen Armee waren die Lukaner rasch zum Frieden bereit. Als Nächstes wandte sich Kleonymos gegen Metapont, das er eroberte. Die Bürger der Stadt mussten ihm die große Summe von 600 Talenten Silber übergeben. Außerdem nahm er 200 adelige Mädchen als Geiseln mit. Er soll sie nicht nur zur Sicherstellung der Treue Metaponts fortgeführt haben, sondern auch um seine Ausschweifungen zu befriedigen. Nun erwog Kleonymos zuerst, König Agathokles von Syrakus zu bekriegen, um die sizilianischen Griechen zu befreien, segelte dann aber zur griechischen Insel Korkyra, nahm sie rasch ein und errichtete hier seinen Militärstützpunkt. Die Diadochen Kassander und Demetrios I. Poliorketes schlugen ihm Allianzen vor, doch nahm er sie wohl deshalb nicht an, weil er nicht im Osten operieren, sondern wegen des Abfalls Tarents seine Aufmerksamkeit wieder Italien zuwenden wollte. Dort angekommen machte er nur kurzfristig siegreiche Eroberungen, musste aber bei einem nächtlichen Angriff eine Schlappe einstecken. Da zur selben Zeit auch 20 seiner Schiffe durch einen Sturm zerstört wurden, hielt Kleonymos es für geraten, den italienischen Kriegsschauplatz zu verlassen und seinen Stützpunkt wieder in Korkyra zu nehmen.
Nach der Ansicht von Thomas Lenschau erfolgte im darauffolgenden Jahr, 302 v. Chr., ein weiterer, nämlich der von Livius beschriebene Feldzug des Kleonymos nach Italien. Der römische Geschichtsschreiber berichtet zunächst, dass Kleonymos nach seiner Landung in Unteritalien einen nicht genau lokalisierbaren Ort namens Thuriae im Gebiet der Sallentiner eroberte. Dort kam es anschließend zu einer Auseinandersetzung mit den Römern, die aber von den verschiedenen von Livius zu Rate gezogenen Annalisten unterschiedlich berichtet wurde. Laut einer Version wurde Kleonymos vom Konsul Marcus Aemilius Paullus in einem Gefecht besiegt und musste sich auf seine Schiffe zurückziehen; gemäß einer anderen Version fand aber gar keine feindliche Begegnung zwischen dem spartanischen Königssohn und den Römern statt, da Kleonymos schon vor dem Erscheinen des gegen ihn gesandten Diktators Gaius Iunius Bubulcus Brutus abgesegelt sei. Der Althistoriker Friedrich Münzer gibt der zweiten Variante den Vorzug. Kleonymos wandte sich nun mit seiner Flotte nach Norden und durchsegelte die Adria bis zur Küste der Veneter. Von der Mündung des Meduacus (heute Brenta) fuhr er flussaufwärts ins Gebiet von Patavium (heute Padua) und plünderte die umliegenden Dörfer. Doch die einheimische Bevölkerung ging zum Gegenangriff über und brachte dem spartanischen Prinzen eine schwere Niederlage bei. Kleonymos’ Verluste werden von Livius wohl übertrieben dargestellt: demnach soll er vier Fünftel seiner Flotte eingebüßt haben. Die Bewohner von Patavium stellten die erbeuteten Stücke im Tempel der Juno zur Schau und feierten ihren Sieg an jedem Jahrestag der Schlacht, indem sie Scheingefechte von Schiffen veranstalteten. Kleonymos trat nach seiner Schlappe den Rückzug an, doch ist der weitere Verlauf seines Feldzuges unbekannt, da Livius hierzu keine Angaben macht.
Feldzüge in Griechenland
Kleonymos’ Schicksal während der nächsten zehn Jahre ist unbekannt. Erst 293 v. Chr. taucht er wieder in den Quellen auf. Damals lebte er offenbar wieder in seiner Heimatstadt Sparta im Einklang mit der Staatsspitze und erhielt das Kommando über ein Heer, das die Böotier gegen Demetrios Poliorketes unterstützen sollte; als dieser aber anrückte, zog Kleonymos ab und ließ seine Verbündeten im Stich. Die nächsten 15 Jahre wird Kleonymos nicht erwähnt. Etwa 279 v. Chr. eroberte er Troizen von dem makedonischen König Antigonos II. Gonatas. Außerdem beteiligte er sich an Operationen gegen Messene und Zarax.
Schon in höherem Alter stehend, heiratete Kleonymos in zweiter Ehe die schöne Chilonis, die als Tochter des Leotychidas dem zweiten spartanischen Königshaus der Eurypontiden angehörte. Chilonis verliebte sich aber in den jungen Großneffen ihres Gemahls, Akrotatos. Dieser war Sohn jenes Areus I., der Kleonymos einst erfolgreich den Thron streitig gemacht hatte. Zutiefst beleidigt verließ Kleonymos seine Heimatstadt und versuchte erfolgreich, den gerade vom italienischen Kriegsschauplatz zurückgekehrten Pyrrhus zu einem Feldzug gegen Sparta zu überreden. Vielleicht kämpfte er unter Pyrrhus zuerst in Makedonien und nahm dabei Edessa ein. Dann zogen beide 272 v. Chr. gegen Sparta. Der Molosserkönig wollte Kleonymos den Thron Spartas verschaffen. Die Einnahme der Stadt scheiterte aber schließlich und Pyrrhus wandte sich gegen Argos. Danach wird Kleonymos nicht mehr in den Quellen erwähnt, so dass sein späteres Schicksal unbekannt ist.
Literatur
- Thomas Lenschau: Kleonymos 3). In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band XI,1, Stuttgart 1921, Sp. 730–732.
Einzelnachweise
- ↑ Plutarch, Pyrrhos 26; vgl. Pausanias 3,6,2
- ↑ Pausanias 3,6,7
- ↑ Diodor 20,104–105 (datiert ins Jahr 303/302 v. Chr.); Livius 10,2 (datiert ins Jahr 302 v. Chr.)
- ↑ Thomas Lenschau: RE. XI 1, Sp. 732.
- ↑ Diodor 20,104 f.
- ↑ Friedrich Münzer: Iunius 62). in: RE. X 1, Sp. 1027–1030, hier: 1029f.
- ↑ Livius 10,2,1–14
- ↑ Plutarch, Demetrios 39
- ↑ Polyainos 2,29,1; Frontinus, Strategemata 3,6,7
- ↑ Pausanias 3,24,1f.; 4,28,3
- ↑ Plutarch, Pyrrhos 26,14ff.
- ↑ So Thomas Lenschau: RE. XI 1, Sp. 732 zu Polyainos 2,29,2