Film
Deutscher Titel Lohn der Angst
Originaltitel Le salaire de la peur
Produktionsland Frankreich,
Italien
Originalsprache Französisch,
Englisch,
Deutsch,
Spanisch,
Italienisch
Erscheinungsjahr 1953
Länge 148 Minuten
Altersfreigabe
Stab
Regie Henri-Georges Clouzot
Drehbuch Henri-Georges Clouzot
Jérôme Géronimi
Produktion Henri-Georges Clouzot
Musik Georges Auric
Kamera Armand Thirard
Schnitt Madeleine Gug
Etiennette Muse
Henri Rust
Besetzung
Synchronisation

Lohn der Angst (Originaltitel: Le salaire de la peur) ist ein in schwarz-weiß gedrehter Spielfilm von Henri-Georges Clouzot aus dem Jahr 1953 mit Yves Montand, Charles Vanel, Folco Lulli und Peter van Eyck in den Hauptrollen. Die französisch-italienische Koproduktion basiert auf dem gleichnamigen Roman von Georges Arnaud. Dramaturgisch zählt der Film zu den Genres des (Psycho-)Dramas und Thrillers mit Verbindungen zum Roadmovie.

Handlung

In Las Piedras, einem südamerikanischen Dorf, ist die US-Ölgesellschaft Southern Oil Company (SOC) der einzig verbliebene größere Arbeitgeber. Hier sammeln sich gestrandete Abenteurer und Gelegenheitsarbeiter aus den USA und aus Europa.

Als an einer 500 km entfernten Erdölquelle der SOC ein verheerender Brand ausbricht, der nur durch die Druckwelle einer gezielten Explosion gelöscht werden kann, bietet die Gesellschaft eine hohe Prämie für den Transport von Nitroglyzerin vom Betriebshof zur Ölquelle. Ein waghalsiges Unternehmen, denn die Wagen sind nicht für einen solchen Transport ausgerüstet, die Strecke ist gebirgig und die Straßen in schlechtem Zustand. Dennoch bewerben sich zahlreiche Männer, weil sie darin ihre letzte Chance auf ein besseres Leben sehen.

Zwei Zweierteams werden ausgewählt und machen sich getrennt voneinander auf den Weg: einerseits der junge Korse Mario und der alternde Franzose Jo, andererseits der Deutsche Bimba und der italienische Bauarbeiter Luigi. Jedes Fahrzeug ist mit der benötigten Sprengstoffmenge beladen, der Verlust eines Wagens ist einkalkuliert.

Unterwegs ist mit der hochexplosiven Ladung ein Stück Wellblechpiste zu bewältigen, eine enge Kurve eines Gebirgspasses erfordert ein Zurückstoßen auf einer provisorischen Holzrampe, und ein großer Fels blockiert die Straße und muss weggesprengt werden. Das Abenteuer lässt den verwegenen Mario geradezu aufblühen, während sich der ältere Jo als Maulheld und Feigling erweist, was zwischen den beiden zu heftigen Auseinandersetzungen führt.

Aus der Ferne sehen Jo und Mario schließlich die Explosion des vorausfahrenden Wagens mit Bimba und Luigi. Beim Durchqueren des dabei entstandenen, sich aus einer beschädigten Pipeline mit Rohöl füllenden Kraters wird Jo von Mario überfahren und stirbt kurz vor dem Ziel an den Folgen seiner Beinverletzung. Mario erreicht als einziger mit seiner Fracht den Bestimmungsort und bricht erschöpft zusammen.

Am nächsten Tag erhält Mario einen Scheck über das doppelte Honorar, sein eigenes und das des verstorbenen Jo. Für die Rückfahrt nach Las Piedras wird ihm ein Fahrer angeboten, er besteht jedoch darauf, selbst zu fahren. Während das Dorf nach telefonischer Nachricht zu Walzerklängen tanzt, wird Mario von Euphorie ergriffen und fährt Schlangenlinien auf der engen Gebirgspiste, bis er die Kontrolle über den Wagen verliert, einen Steilhang hinabstürzt und dabei ums Leben kommt.

Hintergrund

Produktion

Die Rolle des Jo war zunächst Jean Gabin angeboten worden, der die Darstellung eines „Feiglings“ jedoch ablehnte.

Die Dreharbeiten begannen am 27. August 1951; vorgesehen waren neun Wochen, aber zahlreiche Probleme verzögerten die Produktion. Im Süden Frankreichs fiel in jenem Jahr ungewöhnlich viel Regen, so dass Fahrzeuge im Morast versanken, Kräne umkippten und das Filmset zum Teil unbrauchbar wurde. Regisseur Clouzot brach sich ein Sprunggelenk, seine Frau Véra erkrankte. Zwei Soldaten des französischen Heeres, vom 7e régiment du génie (Pionierregiment) in Avignon, die eine Behelfsbrücke über den Fluss Gardon bauten, ertranken während der Arbeiten. Schnell überstieg die Produktion die veranschlagten Kosten. Ende November war erst die Hälfte des Films fertiggestellt, aber die Dreharbeiten wurden aufgrund der kurzen Wintertage für sechs Monate eingestellt. Die zweite Hälfte wurde dann im Sommer 1952 fertiggestellt.

Drehorte

Der Film wurde zur Gänze in Südfrankreich gedreht. Ursprünglich sollte in Spanien gedreht werden, doch Yves Montand und seine damalige Ehefrau Simone Signoret lehnten es ab, dort zu arbeiten, solange Francos Regime an der Macht war.

Das Dorf Las Piedras wurde bei Arles (Saliers) auf dem Gelände und unter Einbeziehung der Baracken des ehemaligen Konzentrationslagers „Camp de Saliers“ gebaut. Teilweise kann man im Film noch die runden Wachtürme sehen. Die Szenen im Bambuswald wurden in der Bambouseraie de Prafrance bei Anduze gedreht.

In der Schlucht des Gardon nördlich der Ortschaft Poulx (Position), unweit von Nîmes, stand die Holzrampe, deren Fundamente und Seilbefestigungen noch zu sehen sind. Die Vegetation der Kalkschlucht wird von Garigues genannten Sträuchern dominiert; die Palmen und großen Kakteen im Film wurden entweder in Töpfen zum Filmset gebracht oder waren einfach Blechsilhouetten. Die Schlussszene, in der Mario übermütig Slalom fährt, kombiniert Ansichten der D979 (Nîmes–Uzès), einer befestigten Straße, mit der Schotterstraße, die nördlich von Poulx in die Schlucht zur Holzrampe hinabführt. Dort lagen Reste des für die Dreharbeiten tatsächlich in die Schlucht gestürzten LKW, namentlich die Kabine, noch bis Anfang 2021.

Weitere Teile, darunter der Bohrturmbrand, wurden in der Camargue gedreht. Die Bohrtürme der Taschentuchszene waren Brunnen östlich von Courbessac, nördlich des Flugplatzes Aérodrome de Nîmes-Courbessac im Osten von Nîmes, auf der „Piste Allemande“. Jos Ankunft dagegen wurde auf dem heutigen Flughafen Nîmes-Alès-Camargue-Cévennes gedreht.

Die Szene mit der Sprengung des Felsbrockens wurde in den Calanques südlich von Marseille gedreht. Der mit Öl gefüllte Krater befand sich linksufrig oberhalb von „La Beaume“ auf dem Gemeindegebiet von Sanilhac-Sagriès, die Einstellung der Explosion selbst hingegen am heutigen Ende der zu befahrenden D127 bei Poulx.

Fahrzeuge

Bei den verwendeten Lkw handelt es sich, im Gegensatz zu den im Roman explizit genannten „International KB-7“, um einen 1943er Dodge T110 (Luigi und Bimba) und einen White 666 (Mario und Jo). Der 666 (= 6 Tonnen Nutzlast, Sechsrad-Allradantrieb / das Filmfahrzeug hat allerdings wegen Zwillingsbereifung an den Hinterachsen insgesamt 10 Räder; außerdem fehlt beim Filmfahrzeug die Kardanwelle zur Vorderachse) wurde für das amerikanische Militär in großer Stückzahl gebaut. Zur Filmpremiere wurden mehrere Lkw dieser Typen ähnlich ausgestattet (Frontgrill, Bemalung, Beschriftung) und zu Werbezwecken herumgefahren.

Filmstart

Henri-Georges Clouzot sagte anlässlich der Vorpremiere seines Films:

„Nein, ich bin wirklich nicht in der Lage, ‚Lohn der Angst‘ als Zuschauer oder gar als Kritiker anzusehen. Das Publikum befindet sich auf der einen Seite der Leinwand, wir auf der anderen und es ist uns nicht möglich, die Plätze zu tauschen. Die sechzehn Filmrollen, die gleich projiziert werden, liegen dort in einer Ecke des Vorführraumes. Sie haben zwei Jahre Arbeit gekostet und manchmal – warum soll ich es verschweigen? – ungeheure Kraft. Mehr als hundert Kollegen haben dafür ihr Bestes gegeben. Soviel ich weiß, gibt und gab es in der Geschichte des französischen Kinos kein Team, das verschworener, begeisterter und verbissener gearbeitet hat als das, welches mich während dieser langen Monate unterstützt und manchmal auch angetrieben hat. Trotz Regen, Kälte, Überschwemmungen, Krankheiten und der permanenten Unfallgefahr haben diese Menschen Stück für Stück, Meter um Meter den Film festgehalten, den Sie gleich sehen werden.“

Der Film feierte im Rahmen der Internationalen Filmfestspiele von Cannes am 22. April 1953 Premiere. Die Erstaufführung in der Bundesrepublik Deutschland erfolgte am 11. September 1953, in der DDR am 27. September 1957. Im bundesdeutschen Fernsehen war Lohn der Angst erstmals am 13. Januar 1973 in der ARD zu sehen.

Abweichende Fassungen

Die deutsche Kinofassung war um rund 20 Minuten kürzer als die Originalfassung. Gekürzt wurden diverse Dialog- und Handlungsszenen, darunter der Suizid eines abgelehnten Anwärters auf den Fahrerjob. Gestrafft wurde auch die erste Fahrt durch gefährliches Terrain, im Film als „Wellblech“ bezeichnet. Erst 2003 wurden für eine Fernsehausstrahlung des ZDF die fehlenden Szenen integriert und nachsynchronisiert.

Ebenfalls stark gekürzt wurde der Film bei der Erstaufführung in den USA, wo man an angeblich „antiamerikanischen“ Szenen Anstoß nahm. 1991 wurde der Film dort erstmals in voller Länge gezeigt.

Deutsche Synchronisation

Die deutsche Synchronfassung entstand 1953 in den Ateliers der ‚Internationalen Film Union‘ in Remagen (Dialogbuch und Regie: Georg Rothkegel). 2003 wurden die bis dahin fehlenden Szenen durch die Bavaria Film nachsynchronisiert (Buch und Regie: Michael Nowka).

Rolle Darsteller Synchronsprecher 1953 Synchronsprecher 2003
Mario Yves Montand Howard Vernon Udo Schenk
Jo Charles Vanel Walther Suessenguth Wolfgang Völz
Bimba Peter van Eyck Peter van Eyck Peer Augustinski
Luigi Folco Lulli Werner Lieven Engelbert von Nordhausen
Linda Véra Clouzot Lola Luigi Monica Bielenstein
O’Brien William Tubbs Wolf Martini Charles Rettinghaus
Smerloff Jo Dest Kurt Meister
Hernandez  Dario Moreno Hans Walter Clasen Thomas Nero Wolff

Nachwirkung

1977 verfilmte US-Regisseur William Friedkin das Buch unter dem Titel Atemlos vor Angst.

Kritiken

„Das hier existentialistisch interpretierte Thema Todesfurcht ist mit außerordentlicher künstlerischer Fähigkeit gestaltet worden. Für Erwachsene sehenswert.“

Evangelischer Film-Beobachter

„Dieser Film ist ohne einen Lichtblick auf das Menschliche. Er ist, so brilliant er konzipiert und dann geführt sein mag – er ist im Grunde inhuman.“

„Ein Klassiker des anspruchsvollen Spannungskinos, zugleich ein schockierendes Drama menschlicher Angst und Erniedrigung, dessen Helden – sentimentale Zyniker und weichherzige Rüpel – mit einer seltenen Intensität dargestellt werden.“

„Präzision und Knappheit sind die markanten Merkmale dieses Meisterwerks des Spannungskinos. […] Mittels weniger präziser Details versteht es Clouzot, nicht nur die Personen überzeugend zu charakterisieren, sondern auch die Handlung voranzutreiben und sie vom Zuschauer intensiv miterleben zu lassen.“

Meinolf Zurhorst: 111 Meisterwerke des Films

Auszeichnungen

Internationale Filmfestspiele von Cannes 1953
  • Großer Preis des Festivals (Vorläufer der Goldenen Palme) für Henri-Georges Clouzot
  • „Lobende Erwähnung“ der Jury für Charles Vanel für seine darstellerische Leistung
Internationale Filmfestspiele Berlin 1953
Association Française de la Critique de Cinéma
British Film Academy Award
Blue Ribbon Award, Tokio (ブルーリボン, Burū Ribon Shō)
  • Bester fremdsprachiger Film 1955.

DVD und Blu-ray

Lohn der Angst ist auf DVD weltweit erhältlich und erschien 2009 in den USA als Blu-ray.

Literatur

  • Georges Arnaud: Le Salaire de la peur. Julliard, 1950.
    • Deutsche Erstausgabe: Ladung Nitroglyzerin. Aus dem Französischen übersetzt von Hubertus Foerster. Biederstein, München 1951.
    • Deutsche Wiederauflage: Lohn der Angst. Goldmann, München 1991, ISBN 3-442-11589-2.
  • Joshua Klein: Lohn der Angst. In: Steven Jay Schneider (Hrsg.): 1001 Filme. Edition Olms, Zürich 2004, ISBN 3-283-00497-8, S. 287.

Einzelnachweise

  1. Danny Peary: The Wages of Fear. Essay auf der Webseite der Criterion Collection, abgerufen am 25. Oktober 2012.
  2. Geschichte des 666 in David Doyle: Standard Catalog of U.S. Military Vehicles. 2. Auflage. Krause Publications, 2011, ISBN 978-1-4402-2799-8, S. 208 ff.
  3. Lohn der Angst in der Internet Movie Database.
  4. 1 2 Lohn der Angst. In: Lexikon des internationalen Films. Filmdienst, abgerufen am 3. November 2018..
  5. Vergleich der Schnittfassungen VHS/Kino – DVD von Lohn der Angst bei Schnittberichte.com.
  6. Dennis Lehane: The Wages of Fear: No Exit. Essay auf der Webseite der Criterion Collection, abgerufen am 24. Oktober 2012.
  7. Lohn der Angst. In: synchronkartei.de. Deutsche Synchronkartei, abgerufen am 11. Mai 2020.
  8. Evangelischer Film-Beobachter. Kritik Nr. 464/1953.
  9. Rezension in Die Neue Zeitung. 1953, zitiert im Eintrag zu den 3. Internationalen Filmfestspielen Berlin auf Berlinale.de
  10. Günter Engelhard, Walter Schobert, Horst Schäfer: 111 Meisterwerke des Films. Das Video-Privatmuseum, Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt 1989, ISBN 3-596-24497-8.
  11. Kurzkritik zu Arnauds Roman in Der Spiegel. Nr. 2/1952 vom 9. Januar 1952, abgerufen am 11. Mai 2012.
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