Ludwig Sütterlin (* 23. Juli 1865 in Lahr im Schwarzwald; † 20. November 1917 in Berlin) war Grafiker, Buchgestalter, Kunstgewerbler, Schriftgestalter und Pädagoge und der Entwickler der Sütterlinschrift.
Leben
Sütterlin zog mit 23 Jahren von seiner Heimatstadt Lahr im Schwarzwald nach Berlin. Am Berliner Kunstgewerbemuseum war er ein Schüler des Grafikers Emil Döpler, der den damals neuen deutschen Reichsadler entworfen hatte, und des Historienmalers Max Friedrich Koch. Sütterlin schuf viel beachtete Entwürfe für Plakate (unter anderem das „Hammerplakat“ der Berliner Gewerbeausstellung 1896), Gläser („Sütterlin-Vasen“) und Lederarbeiten. 1902 gestaltete er die Prachtbände Marksteine aus der Weltliteratur in Originalschriften, was ihm zusätzliche Aufmerksamkeit eintrug. Er lehrte an der Unterrichtsanstalt des Königlichen Kunstgewerbemuseums zu Berlin, den späteren Vereinigten Staatsschulen für freie und angewandte Kunst, an denen er auch Lehrgänge in künstlerischer Schrift abhielt, außerdem gab er Fachunterricht für Buchdrucker an der Handwerksschule in Berlin. Sütterlin starb am 20. November 1917 im Alter von 52 Jahren, möglicherweise an Unterernährung.
- Das erste Markenzeichen für die AEG, 1894
- Das sogenannte Hammer-Plakat, 1896
- Die Gründungsaktie von Siemens & Halske, 1897
- Glasgestaltung für die Glashütte Fritz Heckert, 1900–1910
- Titelblattgestaltung im Auftrag von J. Baensch-Drugulin, 1902
Sütterlins Ausgangsschriften für die Schule
1911 entwickelte Ludwig Sütterlin im Auftrag des preußischen Kultusministeriums aus der bis dahin gebräuchlichen Deutschen Kurrentschrift (auch „Eckenschrift“, in der Fassung von 1911) eine vereinfachte deutsche und eine lateinische Ausgangsschrift, die vom Jugendstil beeinflusst war, keine Schattierungen mehr enthielt (wie sie für das Zeitalter des Schreibens mit Gänsefedern typisch waren) und das Erlernen in den Schulen erheblich erleichterte. So entwarf Sütterlin zur besseren Handhabung Schnörkel, Bögen und Zacken. Der charakteristische „Schwellzug“ beim Schreiben mit Gänsekielen, mit eleganten, aber schwierigen Haar- und Schattenstrichen hatte eine unnatürliche Handhaltung, wechselnden Schreibdruck und damit viel Übung erfordert, woran Grundschüler oft scheiterten.
Sütterlin griff stattdessen Gedanken des von ihm geschätzten Schriftreformers Rudolf von Larisch (1856–1934) auf und entwickelte eine kindgerechtere Methode für Schreibanfänger: Als elementares Schreibwerkzeug diente eine Gleichzug- oder Redisfeder, die ohne Druckwechsel eine einheitliche Strichstärke erzeugte. Alle Buchstaben standen senkrecht und waren geometrisch aus Geraden und Kreisformen zusammengesetzt.
Die Schrift wurde 1914 dem preußischen Kultusminister und einem Sachverständigenausschuss vorgelegt, von diesen für tauglich befunden und mit einem Erlass vom 8. Juli 1915 in Preußen zunächst probeweise eingeführt, schließlich mit einem weiteren Erlass vom 13. Juni 1918 für ganz Preußen für verbindlich erklärt (Thüringen 1929, Hessen 1930, Baden und Danzig 1931). Sütterlin selbst sagte über seine Schrift: „Unsere neuen Buchstaben wollen weiter nichts sein als schlichte Vorbilder für den Anfangsunterricht, die an die kindliche Auffassungs- und Darstellungsfähigkeit nur geringe Anforderungen stellen. Sie wollen die Grundlage sein, auf der im Verlaufe der Unterrichtsjahre die weitere Entwicklung zu flüssigen, schönen und deutlichen Handschriften sich vollziehen kann.“ Ab 1935 stand die Schrift auf dem Lehrplan und wurde bis zum Verbot der gebrochenen Schriften durch den Schrifterlass 1941 in den Schulen verwendet. Als Ausgangsschrift wurde nach dem Verbot der deutschen Schrift ab 1942 in den Schulen die lateinische Schrift in einer Variante eingeführt, die Deutsche Normalschrift genannt wurde. Ab 1953 wurde diese in Westdeutschland durch die Lateinische Ausgangsschrift (LA) ersetzt, die vom Iserlohner Schreibkreis aus der Deutschen Normalschrift entwickelt worden war, welche wiederum auf Sütterlins Lateinische Ausgangsschrift zurückging.
Literatur
- Reinhold Zilch: Die Einführung der Fraktur-Schrift von Ludwig Sütterlin und das preußische Kultusministerium (1910–1924). In: Haas, Stefan/Hengerer, Mark (Hrsg.): Im Schatten der Macht. Kommunikationskulturen in Politik und Verwaltung 1600–1950. Campus, Frankfurt/M.; New York 2008, S. 203–219.
- Die Suchmaschine Google ehrte Ludwig Sütterlin im Juli 2018 mit einem in Sütterlinschrift geschriebenen Doodle.
Weblinks
- Literatur von und über Ludwig Sütterlin im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Paul Kersten, Ludwig Sütterlin: Der exakte Bucheinband. Verlag von Wilhelm Knapp, Halle a.d. Saale 1909. (Im digitalen Angebot der Universitätsbibliothek Weimar. )
- Beispiel für Glasgestaltung von Sütterlin: Kunstglas Industrie 1866–1923, S. 17–24
- Sütterlingläser auf der internationalen Ausstellung in Turin 1902: Die I. internationale Ausstellung für moderne dekorative Kunst in Turin 1902, S. 336
- Beispiel für die Wertpapiergestaltung von Sütterlin: Eine ständig aktualisierte Übersicht über kunstvoll gestaltete historische Wertpapiere und deren Urheber. S. 275
- Deutsche-Kurrentschrift-Freunde
- Ludwig Sütterlin (Memento vom 28. September 2007 im Internet Archive) in Die deutsche Schrift, Heft 3/1999
Einzelnachweise
- ↑ Michael Holger: Ludwig Sütterlin. In: Private Webseite über die Ortenau. Archiviert vom am 1. Dezember 2017; abgerufen am 23. Juli 2018.
- ↑ Neuer Leitfaden für den Schreibunterricht. Berlin 1926, (Seite 42)
- 1 2 Klaus-Dieter Stellmacher: Ludwig Sütterlin. In: Sütterlinstube. Abgerufen am 23. Juli 2018.
- ↑ Jens Minor: Ludwig Sütterlin: Ein ganz besonderes Google-Doodle zum 153. Geburtstag des Sütterlinschrift-Erfinders. In: GoogleWatchBlog. 22. Juli 2018 (googlewatchblog.de [abgerufen am 22. Juli 2018]).