Luise Kraushaar, geboren als Luise Olga Charlotte Szepansky, (* 13. Februar 1905 in Berlin-Wedding; † 10. Januar 1989 in Ost-Berlin) war eine deutsche Widerstandskämpferin gegen den Nationalsozialismus (u. a. in der Résistance) und SED-Funktionärin.

Leben

Luise Kraushaar war die Tochter des Malermeisters Emil Szepansky und seiner Ehefrau Margarete geb. Schmidt. Die Familie lebte ursprünglich im Wedding und zog noch vor dem Ersten Weltkrieg in den Vorort Mariendorf. 1919 wurde sie Mitglied in der Freien Sozialistischen Jugend, aus der 1920 der Kommunistische Jugendverband wurde und später Vorsitzende des Ortsverbandes Mariendorf. 1924 trat sie auch in die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) ein. Sie besuchte ein Lyzeum und absolvierte eine kaufmännische Ausbildung, während der sie sich ab 1923 auch gewerkschaftlich im Zentralverband der Angestellten organisierte.

Luise Kraushaar war um 1930 im Antimilitärischen Apparat (M-Apparat) der KPD Sekretärin mit besonderen Aufgaben: Sie dechiffrierte Spionagebotschaften, tippte Namenslisten und Berichte. Ihr Büro hatte sie bei der Sekretärin von Albert Einstein – die KPD hatte ein Zimmer bei Helene Dukas gemietet. Mieterin der Wohnung war aber nicht Einsteins Sekretärin, sondern deren Schwester Rosa Dukas. Auch Leo Roth, im Informationsdienst der KPD zuständig für „spezielle Verbindungen“ und Lebensgefährte der Generalstochter Helga von Hammerstein-Equord, hatte einen Schlüssel zu dieser Wohnung in Friedenau.

Bis zu ihrer Emigration war sie im BB-Apparat für Betriebsberichterstattung der KPD tätig für Wilhelm Bahnik, nach ihrer Emigration wurde diese Funktion von Erna Eifler übernommen. Sie emigrierte 1934 über die CSR in die Sowjetunion und war dort im nachrichtendienstlichen Apparat der Komintern (KI) tätig, ab Juni 1934 war sie in der OMS-Chiffrierabteilung unter der Leitung von Abramow.

Im Dezember 1935 wurde sie nach Paris entsandt und arbeitete dort unter anderem zusammen mit Paula Nuding wieder für die Chiffrierabteilung des KI-Nachrichtendienstes und ab 1937 auch für die von Bruno Frei geleitete Nachrichtenagentur „Deutsche Informationen“. Ab April 1939 arbeitete sie als Sekretärin von Hans Renner für das Pariser Emigranten-Komitee. Im Mai 1940 wurde sie verhaftet und von französischen Behörden in das Internierungslager Gurs gebracht, aus dem sie aber kurze Zeit später zusammen mit Irene Wosikowski und Thea Saefkow flüchten konnte. Ab Juni 1940 lebte sie in Toulouse, ab Dezember 1940 als Sekretärin von Otto Niebergall und sie wurde Mitglied der KPD-Leitung für Südfrankreich. 1941 begegnete sie Maria Leitner in Marseille. Im November 1943 zog sie selber in diese Stadt und unterstützte die Résistance und die „Bewegung Freies Deutschland für den Westen“ (CALPO) unter anderem durch die Redaktion der Zeitung Unser Vaterland. 1944/45 war sie Beauftragte der CALPO für Arbeit unter deutschen Kriegsgefangenen in Frankreich.

Nach der Kapitulation Deutschlands 1945 ging sie zunächst nach Hamburg. 1947 wurde sie in Berlin Instrukteurin für Kaderpolitik im Apparat des Zentralkomitees der SED. Anschließend war sie eine Zeit lang Referentin im Ministerium für Kultur der DDR, später Abteilungsleiterin in der Hauptverwaltung Verlage und ab 1958 als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Zentralen Parteiarchiv (ZPA) und dem Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED (IML), dort mit Forschungsarbeiten und Publikationen der SED zur deutschen antifaschistischen Widerstandsbewegung.

Durch ihren Aufenthalt in Frankreich hatte sie perfekte Französischkenntnisse und wurde deshalb beauftragt, zusammen mit dem für die Geschichte der Roten Kapelle im IML zuständigen Karl-Heinz Biernat eine zwischen der MfS-Hauptabteilung IX/11 und dem IML abgestimmte Publikation zu betreuen.

1980 wurde sie mit der Ehrenspange zum Vaterländischen Verdienstorden in Gold ausgezeichnet.

Ihr jüngerer Bruder ist der Antifaschist und Maler Wolfgang Szepansky.

Schriften (Auswahl)

  • Während des zweiten Weltkrieges in Paris, Nimes u. Marseille. In: Heinz Voßke (Hrsg.): Im Kampf bewährt. Erinnerungen. Berlin 1969
  • Deutsche Widerstandskämpfer 1933 bis 1945. Berlin 1970.
  • Die Schulze-Boysen/Harnack-Organisation im antifaschistischen Kampf. (Mit Karl Heinz Biernat) Berlin 1970.
  • Berliner Kommunisten im Kampf gegen den Faschismus 1936–1942. Robert Uhrig und Genossen. Berlin 1981.

Literatur

  • Heinz Voßke: Im Kampf bewährt. Erinnerungen deutscher Genossen an den antifaschistischen Widerstand von 1933 - 1945. Dietz Verlag: Berlin 1969, 1977, 1987 (mit einem Erinnerungsbericht von Luise Kraushaar)
  • Dora Schaul u. a.: Résistance. Erinnerungen deutscher Angehöriger der französischen Resistance und der Bewegung »Freies Deutschland«. Hrsg.: Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED. Dietz Verlag, Berlin 1973 (Westausgabe: Röderberg-Verlag, Frankfurt/M. 1975)
  • Karlheinz Pech: An der Seite der Résistance. Zum Kampf der Bewegung Freies Deutschland für den Westen in Frankreich (1943 - 1945). Militärverlag der DDR, Berlin 1987
  • Simone Barck, Martina Langermann, Siegfried Lokatis: Jedes Buch ein Abenteuer.“ Zensur-System und literarische Öffentlichkeit(en) in der DDR bis Anfang der 60er Jahre. Akademie-Verlag, Berlin 1997
  • Bernd-Rainer Barth: Kraushaar, Luise. In: Wer war wer in der DDR? 5. Ausgabe. Band 1. Ch. Links, Berlin 2010, ISBN 978-3-86153-561-4.

Einzelnachweise

  1. 1 2 Geburtsregister StA Berlin XIIIb Nr. 319/1905.
  2. Meike Hemschemeier: Bufile 61-7099: Die Akte Einstein Wie das FBI den berühmtesten Wissenschaftler der Welt jagte. In: freitag. 22. April 2005, abgerufen am 20. Juni 2023.
  3. Siegfried Grundmann: Einsteins Akte, S. 612.
  4. Hans-Rainer Sandvoß: Die „andere“ Reichshauptstadt: Widerstand aus der Arbeiterbewegung in Berlin von 1933 bis 1945. Lukas-Verlag, Berlin 2007, ISBN 978-3-936872-94-1, S. 401 f.
  5. Kurt Hälker: „La Femme Allemande“. (pdf; 837 kB) In: DRAFD-Mitteilungen. Mai 2001, S. 8, archiviert vom Original am 2. Februar 2014; abgerufen am 20. Juni 2023.
  6. Hannelore Sánchez Penzo, Julia Killet: Maria Leitner: Flucht aus Paris. In: uni-duesseldorf.de. Abgerufen am 20. Juni 2023.
  7. Johannes Tuchel: Der vergessene Widerstand, 256ff.
  8. Neues Deutschland, 7. März 1980, S. 2
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