Die Orgellandschaft Moskau umfasst in ihrem Bestand mehr als 40 Orgeln in Moskau und dessen Umgebung.

Geschichte

Da in orthodoxen Kirchen keine Orgeln genutzt werden, beschränkte sich Orgelmusik in Moskau zunächst auf den Hof der Großfürsten und Zaren und später auch auf Adlige, Bürgerliche, Kirchen ausländischer Konfessionen, Konzerthäuser und Musikausbildungsstätten.

Die älteste erhaltene Nachricht über eine Orgel in Moskau ist der italienische Organist Giovanni Salvatore (Ioann Spasitel), der 1490 durch die Frau des Großfürsten Iwan III. nach Moskau geholt wurde. 1578 wurde ein dänischer Orgelbauer Daniel Gottlieb Eilhof erwähnt, 1586 der Kauf von einer Orgel aus England. Im 17. Jahrhundert befanden sich polnische und niederländische Orgelbauer in Moskau, Namen von russischen Organisten sind bekannt. Unter Zar Peter I. wurden seit dem späten 17. Jahrhundert mehr Orgeln errichtet, auch in Kirchen von Ausländern, so 1697 durch den Hamburger Arp Schnitger, 1715 ebenfalls. Zar Peter war 1715 bei seinem Besuch in Görlitz von der dortigen Casparini-Orgel so beeindruckt, dass er sich vom Organisten Christian Ludwig Boxberg Pläne für eine Monster-Orgel mit 94 und 114 Registern für die Kathedrale entwerfen ließ, die jedoch nie gebaut wurde.

Im 18. Jahrhundert wurden am Slawisch-griechisch-lateinischen Institut und im Erziehungshaus Unterricht im Orgelspiel angeboten. Einen großen Einfluss auf das Moskauer Musikleben hatte der Erfurter Organist Johann Wilhelm Häßler, der sich 1794 in Moskau niederließ. Er hatte bei seinem Onkel Johann Christian Kittel gelernt, der selbst ein Schüler Johann Sebastian Bachs gewesen war. Hässler begeisterte die Moskauer mit seinem Orgelspiel und machte sie mit der Musik Bachs vertraut.

Im 19. Jahrhundert wurden für einige Konzerthäuser Orgeln gebaut. Konzerte fanden auch in den ausländischen Kirchen statt, so 1843 durch Franz Liszt in der deutschen St. Peter und Pauls Kathedrale. Es entstanden neue Orgeln vor allem deutscher Orgelbauer, die älteste erhaltene ist ein Instrument von Friedrich Ladegast von 1868, das heute im Glinka-Museum steht. Der Komponist Michail Glinka schätzte das Orgelspiel sehr und improvisierte gerne.

Ende des 19. Jahrhunderts wurde eine Ausbildung für Organisten am Konservatorium geschaffen. 1899 baute Aristide Cavaillé-Coll eine neue Orgel für das Konservatorium, die im folgenden Jahr auf der Weltausstellung in Paris im russischen Pavillon gezeigt wurde und 1901 nach Moskau kam.

Nach der Revolution wurden die ausländischen Kirchen um 1920 geschlossen, die Orgeln in den Konzertsälen blieben jedoch bestehen und wurden weiter gespielt. In den 1950er und 1970er Jahren wurden drei Orgeln der Firma Schuke aus Potsdam und von Rieger-Kloss aus der ČSSR bestellt.

Nach den politischen Umwälzungen wurden zahlreiche neue Instrumente vor allem westeuropäischer Firmen in Moskau gebaut, nur drei einer russischen Orgelbaufirma. Die Instrumente im Konzertsaal Sarjadje und im Internationalen Haus der Musik sind mit 82 bzw. 84 Registern nach der Orgel im Königsberger Dom die größten Russlands.

Orgeln (Auswahl)

Bestehende Orgeln in Moskau

Die größten Orgeln sind

OrtOrgelbauerJahrBildManualeRegisterBemerkungen
Internationales Haus der Musik Glatter-Götz Orgelbau, Owingen; Johannes Klais Orgelbau 2004 IV/P 84 mit 5582 Pfeifen drittgrößte Orgel Russlands
Konzertsaal «Sarjadje» Muhleisen, Frankreich 2018 IV/P 82 mit etwa 7800 Pfeifen zweitgrößte Orgel Russlands
Tschaikowski-Konzertsaal Rieger-Kloss, ČSSR 1959 IV/P 82 Opus 3255
Kathedrale der Unbefleckten Empfängnis, katholisch Kuhn Orgelbau, Männedorf, Schweiz 1955; 2005 aufgestellt IV/P 73 1955 im Basler Münster gebaut mit IV/P, 74, 2005 durch Orgelbau Schmid, Kaufbeuren, nach Moskau versetzt
Konservatorium, Großer Saal Aristide Cavaillé-Coll, Paris 1899 III/P 50 1900 auf der Weltausstellung in Paris gezeigt, 1901 in Moskau aufgebaut, Arbeiten 1958 durch Hermann Lahmann, Leipzig, 1968 durch Wilhelm Sauer, Frankfurt/Oder, 1980 durch Michel, Merklin & Kuhn, Lyon und 2016 Rieger, Schwarzach durchgeführt
Reformierte Kirche, heute Baptistenkirche Ernst Röver, Hausneindorf 1898 III/P 38 Opus 73
Kathedrale St. Peter und Paul, evangelisch-lutherisch Wilhelm Sauer, Frankfurt/Oder 1898 III/P 33 Opus 755; 2006 durch Reinhard Hüfgen restauriert
Bolschoi-Theater Glatter-Götz, Owingen 2013 II/P 31
Musikmuseum Moskau (vorher Glinka-Museum) Schuke Orgelbau, Potsdam 1976 II/P 28 Opus 467
Konservatorium, Kleiner Saal Hans-Joachim Schuke, Potsdam 1959 II/P 26 Opus 302; vorher Ladegast-Orgel von 1868, diese in das Glinka-Museum
Zentralklinik, Trauersaal Mönch & Prachtel, Überlingen 1987 II/P 25 2014 durch Dmitrij Below repariert

Literatur

  • Douglas E. Bush, Richard Kassel (Hrsg.): The organ. An encyclopedia. Routledge, New York 2006, ISBN 0-415-94174-1, S. 479 f.
Commons: Orgeln in Moskau – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Moscow, International House of Music Klais (deutsch)
  2. Die Orgel (Memento des Originals vom 25. Dezember 2018 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. Internationales Haus der Musik (russisch)
  3. Travaux en cours en 2018 Manufacture d'orgues Muhleisen
  4. Errichtung einer der größten Orgeln Russlands abgeschlossen Orgelbau Schmid Kaufbeuren e.K.
  5. Kuhn Orgel (russisch)
  6. Moscow Bolshoi Theatre (Memento des Originals vom 24. Dezember 2018 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. Orgelbau Glatter-Götz (englisch)
  7. Schuke Schuke Orgelbau, S. 33, Nr. 467 (pdf)
  8. Moskau, Trauerhalle der Zentralklinik Mönch Orgelbau Überlingen
  9. Ремонт органа Ритуального зала Центральной клинической больницы УДП. Москва, 2014 г. [Reparaturen an der Orgel] Werkstatt Dmitrij Below (russisch)
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