Sister Rosetta Tharpe (* 20. März 1915 als Rosetta Nubin in Cotton Plant, Woodruff County (Arkansas); † 9. Oktober 1973 in Philadelphia) war eine US-amerikanische Gospel-, Jazz- und Blues-Sängerin und Gitarristin.

Leben und Wirken

Sie war erst sechs Jahre alt, als sie mit ihrer Mutter Katie Bell Nubin nach Chicago zog, um dort zu singen. Sonntags war sie in Kirchen zu hören; nebenbei lernte sie Gitarre spielen. Bald wurde sie „Little Sister“ genannt.

1934 heiratete sie Reverend Thomas A. Thorpe, von dem sie sich 1938 wieder trennte und mit ihrer Mutter nach New York zog. Sie nutzte ihren Ehenamen in leicht veränderter Form aber weiterhin als Künstlernamen. Am 31. Oktober 1938 unterzeichnete sie einen Vertrag mit Decca Records, die im folgenden Jahr unter dem Titel The Lonesome Road ein aus fünf Schellackplatten bestehendes Album mit ihr herausbrachten. Im selben Jahr wurde sie für Cab Calloways berühmte Cotton-Club-Revue in Harlem engagiert. Sie machte Aufnahmen mit Calloway und mit Lucky Millinders Big Band. Sie trat auch in Nachtclubs auf, entschied sich aber für den Gospel-Markt, tourte mit The Detroiters und nahm Duette mit Marie Knight wie auch mit ihrer Mutter, Katie Bell Nubin, auf. 1938 trat sie am 23. Dezember in John Hammonds berühmtem Konzert From Spirituals to Swing in der Carnegie Hall auf. Ihre Popularität war so groß, dass sie als einer von nur zwei Gospelacts während des Zweiten Weltkriegs V-Discs für die amerikanischen Überseetruppen aufnahm. 1944 legte sie sich den Namen „Sister Rosetta Tharpe“ zu und wurde fortan zu einer der herausragendsten Stimmen der Gospel-Musik. Nach dem Zweiten Weltkrieg ließ ihr Erfolg in den USA deutlich nach, doch sie hörte nicht auf, Platten aufzunehmen oder Konzerte zu geben.

Im November 1957 ging sie als America's Sensational Gospel Singing Favourite mit Chris Barber auf eine dreiwöchige Tour nach Großbritannien. Hier wurde für sie für ihre Auftritte gefeiert, sowie – wegen ihres religiösen Hintergrunds und ihres Stils mit ‚superbem‘ Gitarrenspiel – „Holy Roller“ genannt. Tharpe trat am 7. Mai 1964 neben Muddy Waters, Sonny Terry & Brownie McGhee und anderen bei dem immer wieder „legendär“ genannten Gig Blues and Gospel Train in der seit 1958 aufgelassenen Wilbraham Road Railway Station von Manchester auf, die für die Fernsehaufzeichnung durch Granada Television als Chorltonville im Stile einer Bahnstation in den US-Südstaaten gestaltet worden war. Die Veranstaltung, zu der Musiker wie Eric Clapton, Jeff Beck, Keith Richards und Brian Jones eigens von London angereist waren, hatte in Tharpes Auftritt einen Höhepunkt. Ihr Beitrag „Didn't it Rain, children?“ verdeutlicht, weshalb sie inzwischen als Godmother, vielen auch als Mother of Rock ’n’ Roll gilt. Die britische Musikjournalistin Maureen Cleave (1934–2021) notierte bereits 1964, man könne Tharpe, ohne zu übertreiben, den „ersten Rock 'n' Roll-Gitarristen“ nennen, ein Vorschlag, von dem diese amüsiert gewesen sei. Nach einem Schlaganfall 1970 musste sie zwar kürzertreten, sie betätigte sich aber weiterhin als Musikerin bis zu ihrem Tod am 9. Oktober 1973 in Philadelphia, wo sie auf dem Northwood Cemetery beigesetzt wurde.

In Tharpes Gospelstil stecken Jazz, Blues und Rock ’n’ Roll. Einzigartig war ihre Selbstbegleitung auf der Gitarre, teilweise im Slide-Guitar-Stil. 2007 wurde Sister Rosetta Tharpe in die Blues Hall of Fame aufgenommen. Tharpes Aufnahme des Songs This Train wurde 2015 in die Grammy Hall of Fame aufgenommen. Im Dezember 2017 wurde Tharpe mit der Aufnahme in die Rock and Roll Hall of Fame in der Kategorie Frühe Einflüsse geehrt. Die Veranstaltung hat am 14. April 2018 stattgefunden.

Vermächtnis

Rosetta Tharpes Hitsingle This Train verwendete Willie Dixon als Vorlage für den Song My Babe, der ein großer Hit für Little Walter wurde. Elvis Presley nahm Songs von ihr auf, und auch Johnny Cash und Tina Turner nannten sie als musikalischen Einfluss. 1998 gab die US-Post eine Briefmarke mit ihrem Bild heraus. 2003 wurde das Album Shout, Sister Shout: A Tribute to Sister Rosetta Tharpe veröffentlicht, auf dem unter anderem Maria Muldaur, Odetta und Marcia Ball Songs der Künstlerin interpretierten. Der 11. Januar 2008 wurde vom Gouverneur von Pennsylvania zum Sister-Rosetta-Tharpe-Day erklärt, um die Gospelsängerin zu ehren. Des Weiteren widmete ihr der britische Singer- und Songwriter Frank Turner den Song Sister Rosetta, welcher auf dem am 16. August 2019 veröffentlichten Album No Man’s Land erschien.

Sonstiges

Diskografie

  • 1939: The Lonesome Road bei Discogs
  • 1956: Gospel Train – Universal Distribution
  • 1958: Sister Rosetta Tharpe/The Sam Price Trio – Decca
  • 1960: Gospel Train, Vol. 2 – Lection Records
  • 1960: Live in 1960 – Southland
  • 1962: Sister on Tour (live) – Verve
  • 1966: Live at the Hot Club de France – Milan
  • 1990: ‚Queen of Sex‘ Sings Sultry Songs – Rosetta Records
  • 1995: In Concert (live) – Nesak International

Zwischen 1996 und 1998 erschienen auf Document Records drei Alben mit sämtlichen Aufnahmen von 1938 bis 1947.

Tributealbum

  • 2003: A Tribute to Sister Rosetta Tharpe: Shout, Sister, Shout! – M.C. Records

Literatur

  • Brian Priestley: Sister Rosetta Tharpe. In: Ian Carr, Digby Fairweather, Brian Priestley: Rough Guide Jazz. Der ultimative Führer zum Jazz. 1800 Bands und Künstler von den Anfängen bis heute. 2., erweiterte und aktualisierte Auflage. Metzler, Stuttgart / Weimar 2004, ISBN 3-476-01892-X (englische Ausgabe: Rough Guides 2007, ISBN 1-84353-256-5).
  • Gayle F. Wald: Shout, Sister, Shout!: The Untold Story of Rock-and-Roll Trailblazer Sister Rosetta Tharpe. Beacon Press, Boston 2007.
  • Sister Rosetta Tharpe: Remembering Rosetta. In: Living Blues 34. November/Dezember 2003, S. 106–113.

Anmerkungen

  1. Sister Rosetta Tharpe The Lonesome Road bei Discogs, abgerufen am 28. März 2023.
  2. Katie Bell Nubin sollte später mit dem Quintett von Dizzy Gillespie ein Album aufnehmen; vgl. Brian Priestley, S. 636.
  3. http://encyclopediaofarkansas.net/encyclopedia/-Rosetta Tharpe
  4. Doug Jackson: Jazz Notes: Sister Rosetta Sets 4,000 Fett Tapping. In: Alderley & Wilmslow Advertiser vom 13. Dezember 1957, S. 4.
  5. The ‚Holy Roller‘ Sings with Artistry. In: Birmingham Daily Post vom 23. November 1957, S. 7.
  6. Blues and Gospel Train. Internet Movie Database, abgerufen am 20. März 2023 (englisch).
  7. Chris Long: Muddy Waters and Sister Rosetta Tharpe's 'mind-blowing' station show. In: BBC News. 14. Mai 2014, abgerufen am 20. März 2023 (englisch).
  8. Sister Rosetta Tharpe – "Didn't It Rain?" Live 1964 (Reelin' In The Years Archive) auf YouTube, 28. Dezember 2017, abgerufen am 20. März 2023.
  9. Maureen Cleave: Sister Rosetta knows how to get them rolling. In: Belfast Telegraph. Ireland's Saturday Night vom 16. Mai 1964, S. 7: „In fact, without stretching the point, you might call Sister Rosetta the first rock 'n' roll guitarist. She is amused by the suggestion.“
  10. Rosetta Tharpe in der Datenbank Find a Grave, abgerufen am 20. März 2023 (englisch).
  11. Grammy Hall of Fame Inducts 26 New Titles Jazz recordings include titles from Miles, Coltrane, Louis & Ella (2015) in (Memento des Originals vom 26. Dezember 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. JazzTimes
  12. Your official Rock Hall class of 2018 roster. Website der Hall of Fame, abgerufen am 14. Dezember 2017 (englisch)
  13. Mark Bego: Tina Turner: Break Every Rule, 2003, S. 18
  14. http://encyclopediaofarkansas.net/encyclopedia/-Rosetta Tharpe
  15. Rosetta Tharpe Day
  16. All Music Guide
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