Rotorschiffe sind Schiffe unterschiedlicher Bauart, die mit Hilfe eines oder mehrerer Flettner-Rotoren oder Abwandlungen desselben anstatt eines Segels angetrieben werden. Sie sind regelmäßig zusätzlich mit einem Motorantrieb ausgestattet.

Geschichte

Ein Rotorschiff wurde erstmals 1924 von Anton Flettner mit der Buckau vorgestellt, und die Reichsmarine experimentierte daraufhin mit der Barbara. Damals konnten sich jedoch die Rotorantriebe gegenüber den aufkommenden Dieselmotoren nicht durchsetzen.

Auf Grund der steigenden Preise des Treibstoffs Öl wird neuerdings die Idee der Rotorschiffe wieder aufgegriffen. 1983 rüstete die US-Firma Windship Development eine kleine Motorjacht mit einem Flettner-Rotor aus. Im gleichen Jahr wurde in Schweden eine Studie durchgeführt, bei der auch ein Prototyp auf einem 6-m-Boot getestet wurde. 1984 rüstete die britische Firma Gifford Technology (Southampton) einen 11 m hohen Flettner-Rotor als Zusatzantrieb auf das 445-t-Segelschiff Clipper Patricia (Baujahr 1932).

In den Jahren 2020 und 2022 stattete die Reederei Scandlines ihre Fähren Copenhagen und Berlin jeweils mit einem 30 m hohen Rotorsegel zusätzlich zum bestehenden Maschinenantrieb aus. Die Bedingungen für Rotorsegel sind auf der von den beiden Fähren im Pendelverkehr auf der Ostsee zwischen Gedser und Rostock zurückgelegten Nord-Süd-Strecke wegen der meist vorherrschenden Windrichtung besonders günstig. Der Einsatz der Rotorsegel führt zu einer Treibstoffeinsparung von 4–5 Prozent.

Bekannte Rotorschiffe

  • Buckau – 1924
  • Barbara – 1926
  • Uni-Kat Flensburg (Katamaran) – 2006
  • E-Ship 1 – 2008
  • Viking Grace (Fähre, erstes Hybridschiff mit LNG/Wind-Antrieb) – 2013
  • Fehn Pollux – 2018
  • Maersk Pelican (Maersk-Tanker mit 2018 montierten zwei Rotoren) – 2021 an Timberwolf Maritime verkauft und in Timberwolf umbenannt.
  • Copenhagen – 2016 gebautes Fährschiff, wurde 2020 mit Flettner-Rotor als Zusatzantrieb ausgerüstet; das Schwesterschiff Berlin bekam 2022 ebenfalls einen Flettner-Rotor.
  • Sea Zhoushan – 2021, mit fünf Flettner-Rotoren ausgerüsteter Erzfrachter

Prinzip

Die Strömung um rotierende Zylinder lässt sich als Überlagerung einer homogenen Strömung und eines Wirbels um den Körper verstehen. Durch die ungleichmäßige Verteilung der Gesamtströmung ergibt sich eine unsymmetrische Druckverteilung am Zylinderumfang. Der Zylinder erzeugt somit durch Oberflächenreibung einen Strömungsstau gegen die Strömungsrichtung und auf der entgegenliegenden Seite eine Strömungsbeschleunigung mit der Drehrichtung. Die resultierende Querkraft (dynamischer Auftrieb) zeigt in die Richtung, in der Strömungs- und Drehrichtung des Körpers gleichsinnig sind.

Im rechten Winkel zum scheinbaren Wind (Halber-Wind-Kurs) entsteht am Rotor eine Kraft in Fahrtrichtung (Vortrieb). Aufgrund der Bootsrumpfgestaltung mit Kiel oder Schwert (Lateralplan) wird sogar auch bei Raumwindkursen und Am-Wind-Kursen Vortrieb erzeugt. Die durch die Rotation erzeugten, quer zum Wind wirkenden Antriebskräfte der Rotoren leisten, wie normale Segel auch, keinen Vortrieb bei Im-Wind-Kursen und, im Gegensatz zu normalen Segeln, auch kaum bei Kursen vor dem Wind – dazu ist die Fläche zu klein. Dafür ist die Rotorfläche im Vergleich zur Segelfläche in allen anderen Fällen sehr effizient, ein Quadratmeter Rotorfläche entspricht etwa 10 Quadratmetern Segelfläche. Dabei reicht bei den üblichen geometrischen Auslegungen bereits eine Drehzahl von einer Umdrehung pro Sekunde. Die Drehrichtung des Rotors muss bei einer Wende oder Halse umgekehrt werden. Die Winkelgeschwindigkeit des Rotors muss mit der Windgeschwindigkeit gesteigert werden, so dass gerade bei hoher Windenergie auch hohe Antriebsenergie für die Rotoren bereitzustellen ist.

Literatur

  • Ekkehard Büge: Untersuchungen an einem Flettner-Rotorenpaar. Universität Hamburg, 1986 (Diplomarbeit).
  • Croseck, Heinrich: Vom Segelschiff zum Rotorschiff. In: Institut für Meereskunde, Berlin (Hrsg.): Meereskunde. Band 16, Nr. 3. E. S. Mittler & Sohn, Berlin 1928.
  • Josef Esser: Das Flettner-Schiff. G. D. Baedeker, Essen 1925.
  • Anton Flettner: Mein Weg zum Rotor. Köhler & Amelang, Leipzig 1926.
  • Kurt Graffstädt: Die Flettner-Rotoren in allgemein-verständlicher Form. Polytechnische Verlagsgesellschaft Max Hittenkofer, Strelitz in M. 1925.
  • Uwe Greve: Buckau und Barbara. Das Experiment der Rotorschiffe (= Schiffe–Menschen–Schicksale, Nr. 20, Jahrgang 3). DBM-Media, Berlin 1995.
  • Frank Grotelüschen: Drehmoment: Anton Flettner gelingt 1924, wovon alle Segler träumen: Sein Rotorschiff segelt gegen den Wind. In: Mare – die Zeitschrift der Meere, 2004, 45, S. 38–41, Dreiviertel-Verlag, Hamburg, ISSN 1432-928X.
  • Das Flettner-Schiff. In: Marine-Rundschau. Zeitschrift für Seewesen, 1924, S. 361–371. Mönch, Bonn, ISSN 0025-3294.
  • Felix von König: Windkraft vom Flettnerrotor: Boote, Jachten, Schiffe und Windräder mit Rotoren. Pfriemer-Verlag, München 1980, ISBN 3-7906-0095-4.
  • Hans-Jürgen Reuß: Flettner-Rotorschiffe – Alte Technik für neue Schiffe. In: HANSA International Maritime Journal, Heft 12/2007, S. 16–22.
  • K.-H. Hochhaus: STG-Sprechtag »Innovative Schiffe« in Kiel. In: Hansa, Heft 4/2010, S. 44–47.
  • Claus D. Wagner: Die Segelmaschine. Kabel, Hamburg 1991, ISBN 3-8225-0158-1.
  • C. Wagner: Weiterentwicklung des Flettner-Rotors zum modernen Windzusatzantrieb. (BMFT-Bericht MTK 03084, 2 Bände) Blohm + Voss, Hamburg 1985.
  • Michael Vahs, Jann Strybny, Thomas Peetz, Moritz Götting, Marcel Müller, Sascha Strasser: Flettnerrotor senkt Brennstoffkosten. In: Schiff & Hafen, Heft 2/2019, S. 12–20.
Commons: Rotorschiff – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Wind im Rotorsegel reduziert CO2-Ausstoß | Scandlines. Abgerufen am 7. Oktober 2022.
  2. Scandlines setzt auf Windkraft. Scandlines, abgerufen am 7. Oktober 2022.
  3. Timo Jann: Innovationstanker verkauft · Maersk trennt sich von 2018 mit Flettner-Rotoren ausgerüsteter „Maersk Pelican“. In: Täglicher Hafenbericht vom 1. Februar 2021, S. 1
  4. M.V. Sea Zhoushan – Very Large Ore Carrier (VLOC)
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