Übersicht
Typ Großes Torpedoboot 1898
Bauwerft

Schichau-Werke, Elbing, BauNr. 644

Kiellegung 1898
Stapellauf 26. Juli 1899:S. 100
Auslieferung 24. Oktober 1899
Dienstzeit

1899–1914

Indienststellung 24. Oktober 1899
Heimathafen ab 1900 Tsingtau
Verbleib am 17. Oktober 1914 bei Tsingtau selbstversenkt;
Besatzung in China interniert
Technische Daten
Verdrängung

Konstruktion: 310 t
Maximal: 394 t

Länge

63 m

Breite

7,0 m

Tiefgang

bis 2,83 m

Besatzung

57 Mann

Antrieb

Schichau-Thornycroft Wasserrohrkessel
2 Dreifach-Dampfmaschinen
5900 PS
2 Schrauben

Geschwindigkeit

27 kn

Reichweite

830 sm bei 17 kn

Bewaffnung

3 × 5,0-cm Torpedobootskanone L/40
3 Torpedorohre 45 cm

Bunkermenge

93 t Kohle

Aktionsradius

1180 sm bei 17 Knoten

bzw.

  690 sm bei 20 Knoten

Das Torpedoboot S 90 war das erste bei den Schichau-Werken in Danzig gebaute Große Torpedoboot der Kaiserlichen Marine. Es wurde im Rahmen des Etatjahres 1898 seitens des Reichsmarineamts zusammen mit elf Schwesterbooten bei der Schichau-Werft im westpreußischen Elbing bestellt. S 90 wurde als Teil des Ostasiatischen Kreuzergeschwaders von 1900 bis 1914 im Rahmen deutscher Kanonenbootpolitik an der chinesischen Küste und auf den innerchinesischen Flüssen eingesetzt und ging 1914 durch Selbstversenkung verloren. Es gehörte zum Typ Großes Torpedoboot 1898.

Einsatz

Im Zuge der Verstärkung der deutschen und internationalen Kräfte vor der chinesischen Küste auf Grund des Boxeraufstandes entsandte die Kaiserliche Marine drei der neuesten und modernsten Torpedoboote nach Ostasien. Am 26. Juli 1900 liefen die als Lazarettschiff des Ostasiatischen Expeditionskorps vorgesehene Gera des Norddeutschen Lloyd und die Torpedoboote S 90, S 91 und S 92 nach Ostasien aus. Am 6. Oktober 1900 erreichte der kleine Verband Shanghai. Die Torpedoboote unterstützten die Linienschiffsdivision und das Ostasiatische Kreuzergeschwader bei der Überwachung der chinesischen Küste und der Flussmündungen. Nach Beruhigung der Lage in China wurden S 91 und S 92 wieder aus Ostasien abgezogen und traten am 6. März 1902 mit dem Großen Kreuzer SMS Kaiserin Augusta die Heimreise an.

Das Torpedoboot S 90 wurde neben dem ebenfalls bei Schichau gebauten, ehemals chinesischen Zerstörer SMS Taku als Sicherungsschiff des Stützpunktes Tsingtau (heute Qingdao) und auch im Stationsdienst eingesetzt. Die Schiffe kamen dabei vor allem in den chinesischen Küstengewässern, aber auch auf dem Jangtsekiang zum Einsatz. 1913 fiel die Taku schwer beschädigt durch eine Grundberührung in der Kiautschou-Bucht endgültig aus und auch S 90 war weitgehend aufgebraucht. Die beiden alten Boote sollten daher 1914 durch drei neue Torpedoboote ersetzt werden.

Endschicksal

S 90 blieb bei Kriegsausbruch in Tsingtau für den Sicherungsdienst des Stützpunktes in Dienst, den sie zusammen mit dem Kanonenboot SMS Iltis versah. Sie sicherte das Auslaufen der Schiffe, die Tsingtau zum Kreuzergeschwader als Versorgungsschiffe oder Verstärkungen (der Kleine Kreuzer SMS Emden, die Hilfskreuzer Prinz Eitel Friedrich und Cormoran) verließen. Ab Mitte August überwachten Schiffe der britischen China Station die Ausgänge von Tsingtau enger und brachten etliche Schiffe auf. Am Abend des 22. August 1914 entdeckte der britische Zerstörer HMS Kennet die patrouillierende und den Minenleger Lauting sichernde S 90 und versuchte, sie abzufangen.:S. 193 S 90 erwiderte das Feuer und lockte die Kennet in den Feuerbereich einer 105 mm-Landbatterie, die sofort Treffer erzielte. Als auch noch SMS Jaguar auslief, drehte die Kennet ab, die 3 Tote und 7 Verwundete an Bord hatte und deren Steuerbord-Zwölfpfünder zerstört war.

Als sich das Ende der Verteidigungsmöglichkeiten der Kolonie abzeichnete, versuchte das Torpedoboot aus einer nächtlichen Überwachungsfahrt heraus, den Überwachungsring der alliierten Schiffe am 17. Oktober 1914 zu durchbrechen. Dabei gelang die Versenkung des alten japanischen Kreuzers Takachiho durch einen Torpedo.:S. 194 Der Kreuzer sank mit 271 Toten – Japans größter Verlust durch Feindeinwirkung im Ersten Weltkrieg.

Da eine erfolgreiche Flucht wegen Brennstoffmangels nicht wahrscheinlich erschien, versenkte der Kommandant, Kapitänleutnant Paul Brunner, das Boot noch in der Nähe Tsingtaus selbst und begab sich mit seiner Besatzung in chinesische Internierung.

Literatur

  • Hans H. Hildebrand, Albert Röhr, Hans-Otto Steinmetz: Die deutschen Kriegsschiffe. Biographien – ein Spiegel der Marinegeschichte von 1815 bis zur Gegenwart. Ratingen o. J. (Einbändiger Nachdruck der siebenbändigen Originalausgabe, Herford 1979ff.)
  • Cord Eberspächer: Die deutsche Yangtse-Patrouille. Deutsche Kanonenbootpolitik in China im Zeitalter des Imperialismus 1900–1914. Bochum 2004.
  • Hans Karr: Deutsche Kriegsschiffe. Das kaiserliche Ostasien-Geschwader 1859–1914. Motorbuch Verlag, Stuttgart 2021, ISBN 978-3-613-04421-0, S. 95 f.
Commons: S 90 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. 1 2 3 Albert Röhr: Deutsche Marinechronik. Stalling, Oldenburg/Hamburg 1974, ISBN 3-7979-1845-3.
  2. 1 2 3 Hans Karr: Deutsche Kriegsschiffe. Motorbuch, Stuttgart 2021, S. 95 f.
  3. Naval review 1915 S. 151f.
  4. Bericht in der NYTimes
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