Griechischer Salbei

Griechischer Salbei (Salvia fruticosa)

Systematik
Euasteriden I
Ordnung: Lippenblütlerartige (Lamiales)
Familie: Lippenblütler (Lamiaceae)
Unterfamilie: Nepetoideae
Gattung: Salbei (Salvia)
Art: Griechischer Salbei
Wissenschaftlicher Name
Salvia fruticosa
Mill.

Der Griechische Salbei (Salvia fruticosa), auch Dreilappiger Salbei genannt, ist eine Pflanzenart aus der Gattung Salbei (Salvia) in der Familie der Lippenblütler (Lamiaceae). Der aromatisch duftende Strauch oder Halbstrauch wird als Heil- und Gewürzpflanze und selten auch als Zierpflanze verwendet. Er ist im mittleren und östlichen Mittelmeerraum beheimatet. In Mitteleuropa ist er nur bedingt winterhart.

Beschreibung

Vegetative Merkmale

Der Griechische Salbei ist ein aromatisch nach Lavendel duftender, stark verzweigter, immergrüner Strauch oder Halbstrauch, der am Naturstandort Wuchshöhen von 0,3 bis 1,5 Metern erreicht. Die kräftigen, aufrechten Stängel sind anfangs graufilzig behaart, später zum oberen Ende hin drüsig behaart und klebrig.

Die kreuzgegenständig angeordneten Laubblätter sind in Blattstiel und Blattspreite gegliedert. Die Blattspreite einfach oder geteilt mit drei oder fünf Blattabschnitten. Die Blättchen sind bei einer Länge von bis zu 5 Zentimetern schmal-eiförmig. Die seitlichen Blättchen sind meist wesentlich kürzer. Die Blättchen sind oberseits grün und runzelig, unterseits graufilzig und haben meist einen gewellten, fein gekerbten Blattrand.

Generative Merkmale

Die Blütezeit am Naturstandort reicht von März bis Juni. Der end- oder seitenständige, aufrechte, bis 30 Zentimeter lange traubige Blütenstand enthält isolierte Scheinquirle mit jeweils zwei bis sechs Blüten.

Die zwittrige Blüte ist zygomorph und fünfzählig mit doppelter Blütenhülle. Der 5 bis 8 Millimeter lange, braunrote, oft purpurfarben überlaufene, glockige Blütenkelch ist drüsig oder einfach behaart mit 1 bis 2 Millimeter langen Kelchzähnen. Die blauviolette bis rosafarbige, selten weiße Blütenkrone ist 16 bis 25 Millimetern lang mit gerader oberer Kronlippe und nach unten gewölbter unterer Kronlippe.

Anders als beim Apfeltragenden Salbei vergrößern sich die Kelchblätter bis zur Fruchtreife nicht. Es werden kleine, schwarze Klausenfrüchte gebildet.

Phänotypische Variation

Vom Griechische Salbei existieren in den verschiedenen geographischen Regionen phänotypische Varianten in Bezug auf die Behaarung, Höhe, Blattform und Länge des Blütenstands. So haben beispielsweise Pflanzen im feuchteren, westlichen Teil Kretas einfache, ganzrandige Blätter mit flacher Blattspreite und dunkelgrüner Oberseite, während die Pflanzen auf der östlichen Seite der Insel, wo es im Durchschnitt trockener, sonniger und heißer ist, viel kleinere, dreizählig gefiederte Blätter mit gelblich-grüner Blattspreite und gewelltem Blattrand besitzen. Diese und weitere Übergangsvarianten existieren auch in anderen Regionen bei vergleichbaren klimatischen Unterschieden.

Chromosomensatz

Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 14.

Ökologie

Blütenökologisch besitzt Salvia fruticans vormännliche „eigentliche Lippenblumen“, die Nektar und Pollen anbieten. Als Bestäuber dienen vor allem Bienen.

An Naturstandorten im Nahen Osten entwickelt der Griechische Salbei häufig Galläpfel von etwa 2,5 Zentimeter Durchmesser. Nach griechischer und arabischer Tradition werden diese „Äpfel“ (Habb el mariamiya) geschält und gegessen, wenn sie noch grün sind, und gelten als schmackhaft. In der Wissenschaft dachte man lange, dass die Bildung von Pflanzengalle auf den Apfeltragenden Salbei beschränkt sei, was zur falschen Artbestimmung vieler gallentragender Salbeipflanzen führte. Im Jahr 2001 wurde entdeckt, dass die Galläpfel an Salvia fruticosa durch eine zuvor unentdeckte Gallwespenart verursacht werden.

Vorkommen

Salvia fruticosa ist im mittleren und östlichen Mittelmeerraum weit verbreitet und teilweise bestandsbildend. Das natürliche Verbreitungsgebiet erstreckt sich von Italien einschließlich Sizilien nach Osten über Albanien, Griechenland einschließlich Kreta und der anderen Ägäischen Inseln, Zypern, Türkei, Syrien, Libanon, Israel und Palästina bis nach Jordanien. Auch im nordöstlichen Libyen gibt es natürliche Vorkommen. Darüber hinaus wurde der Griechische Salbei schon in der Antike durch den Menschen verbreitet und kommt in Marokko, Algerien, Portugal und Spanien sowie auf den Kanarischen Inseln und auf Madeira vor.

Der Griechische Salbei besiedelt sonnige, eher magere, steinige Standorte der mediterranen Strauchlandschaften (Macchien, Garigues, Phrygana), Felstriften und Halbsteppengebüsche auf kalkreichen Böden. Der Griechische Salbei ist häufig mit der Dornigen Bibernelle, der Kretischen Zistrose, der Salbeiblättrigen Zistrose und anderen Sträuchern der Phrygana vergesellschaftet.

Verwendung

Die medizinische und kulinarische Nutzung des Griechischen Salbeis hat in Griechenland seit über 3.000 Jahren Tradition. Eine Pflanzendarstellung auf einem minoischen Fresko in Knossos, das auf etwa 1400 v. Chr. datiert wird, zeigt vermutlich den Griechischen Salbei. Die Phönizier und Griechen der Antike führten den Griechischen Salbei wahrscheinlich schon im 6. Jahrhundert v. Chr. zum Anbau auf der Iberischen Halbinsel ein, wo der Griechische Salbei bis heute in einigen Küstengebieten verbreitet ist. Theophrast, Dioskurides und andere antike Autoren verwendeten den allgemeinen Pflanzennamen elelisphakos, der häufig mit Gartensalbei übersetzt wird, aber vermutlich auch den Griechischen Salbei und den Apfeltragenden Salbei meint.

Der Griechische Salbei ist eine Heil- und Gewürzpflanze, die häufig anstelle des Echten Salbeis verwendet wird. Frische und getrocknete Blätter können bei der Zubereitung von Speisen mitgegart und ausgebacken werden. Das Aroma gilt allerdings für die Speisezubereitung (ähnlich wie das Aroma des Spanischen Salbeis) als weniger hochwertig wie das des Echten Salbeis. Weit verbreitet ist die Nutzung der Blätter für Kräutertees, beispielsweise als chanomilia in Zypern und zusammen mit Blättern des Apfeltragenden Salbeis als faskómelo in Griechenland. Angeblich stammen in vielen Ländern 50 bis 95 % der handelsüblichen getrockneten Salbeiblätter vom Griechischen Salbei.

Der Tee aus den Blättern des Griechischen Salbeis wird ähnlich dem des Echten Salbeis zum Spülen des Mund- und Rachenraumes und innerlich bei Grippe, Husten, rheumatischen Beschwerden und Magen-Darm-Beschwerden genutzt. Die traditionelle medizinische Nutzung umfasst die Behandlung von Krankheiten wie Erkältung, Grippe und Husten (Türkei), rheumatische Beschwerden (Nordafrika, Palästina), Magen-Darm-Geschwüre, Herzbeschwerden, Kreislaufprobleme und Unruhezustände (Palästina, Jordanien, Spanien), Nieren- und Gallensteine, Appetitlosigkeit (Türkei), Wunden, Schwellungen und Ödeme (Palästina, Jordanien, Spanien).

Der Griechische Salbei wird kommerziell vor allem zur Gewinnung des Griechischen Salbeiöls angebaut. Dieses ätherische Öl enthält 40–60 % Cineol (Eucalyptol), 5–6 % Thujon, 1,5–24 % Campher, verschiedene Flavonoide (darunter das artspezifische Salvigenin) und salbeitypische Gerbstoffe wie Rosmarinsäure und Diterpen-Bitterstoffe wie Carnosol. Im Griechischen Salbeiöl dominiert also Cineol, das schleimlösend, antiseptisch und herzstimulierend wirkt, während nur wenig vom giftigen Thujon enthalten ist. Dagegen enthält das ätherische Öl aus Blättern des Echten Salbeis u. a. nur 5–15 % Cineol, aber 20–60 % Thujon und 20–35 % Campher. Neben der medizinischen Nutzung wird das nach Lavendel duftende Griechische Salbeiöl auch zur Verfälschung des Lavendelöls von Lavandula latifolia verwendet.

Trotz seines aromatischen Duftes und seiner Toleranz gegenüber Trockenheit wird der Griechische Salbei bisher nur selten als Zierpflanze genutzt. Er kann beispielsweise in Kräutergärten sowie in Steinanlagen und Felssteppen mit trockenem Boden gepflanzt werden und passt gut zu Rosmarin, graublättrigem Strauch-Wermut und blaugrün belaubter Walzen-Wolfsmilch. Der Griechische Salbei gilt als bedingt winterhart. Angaben zur Winterhärte variieren zwischen −7 °C (Zone 9a) und −12 °C (Zone 8a). Da der Griechische Salbei in kalten Wintern zurückfriert, erreicht er in Mitteleuropa meist nur eine Höhe von 60–75 cm.

Systematik

Die Erstveröffentlichung von Salvia fruticosa erfolgte 1768 durch Philip Miller in The Gardeners Dictionary. Sie wurde 1782 auch von Carl von Linné dem Jüngeren in Supplementum Plantarum beschrieben und heißt dort Salvia triloba. Später wurde klar, dass sie mit Salvia fruticosa identisch ist. Der artspezifische Namensteil fruticosa bedeutet „buschig, strauchig“. Das Synonym triloba bedeutet „dreilappig“ und spielt hier auf die geteilten Laubblätter an, die meist aus drei Blättchen bestehen. Der von Miller vergebene Name ist nach den formalen Regeln der Erstbeschreibung bindend.

Aufgrund des Formenreichtums von Salvia fruticosa sind viele Arten beschrieben worden, deren Namen nur als Synonyme gelten. Synonyme für Salvia fruticosa Mill. sind: Salvia baccifera Etl., Salvia clusii Jacq., Salvia cypria Unger & Kotschy, Salvia incarnata Etl., Salvia triloba L. f., Salvia libanotica Boiss. & Gaill., Salvia lobryana Azn., Salvia sipylea Lam., Salvia clusii Jacq., Salvia marrubioides Vahl, Salvia ovata F.Dietr., Salvia sypilea Lam., Salvia subtriloba Schrank, Salvia thomasii Lacaita, Sclarea triloba (L. f.) Raf., Salvia triloba var. calpeana Dautez & Debeaux in J.O.Debeaux, Salvia triloba var. subhastata H.Lindb., Salvia fruticosa subsp. cypria (Unger & Kotschy) Holmboe, Salvia triloba subsp. libanotica (Boiss. & Gaill.) Holmboe, Salvia triloba subsp. calpeana (Dautez & Debeaux) P.Silva, Salvia fruticosa subsp. cypria (Unger & Kotschy) Holmboe, Salvia fruticosa subsp. thomasii (Lacaita) Brullo et al.).

Der Griechische Salbei (Salvia fruticosa) ist eng mit dem Echten Salbei (Salvia officinalis) und dem Spanischen Salbei verwandt. So bildet Salvia fruticosa in Südeuropa mit Salvia officinalis eine natürliche Hybride, die 1768 als Salvia ×auriculata Mill. beschrieben wurde. Ebenfalls aus Salvia officinalis × Salvia fruticosa wurde in Israel eine Hybride für den kommerziellen Anbau gezüchtet. Diese heißt dort Salvia Newe Ya'ar' und Silver leaf sage, soll ein gutes Aroma besitzen und wird als Gewürz verwendet. Sie wird vegetativ vermehrt und eignet sich im Gegensatz zu den Ursprungsarten auch für feuchtwarme Standorte.

Literatur

  • Betsy Clebsch: The New Book of Salvias. Timber Press (Portland) 2003, ISBN 0-88192-560-8, S. 125–127.
  • John Sutton: The Gardener's Guide to Growing Salvias. Timber Press, 1999, ISBN 0-88192-474-1, S. 111–112.
  • David Burnie: Mediterrane Wildpflanzen., Dorling Kindersley, London 2000. ISBN 978-3-8310-1014-1, S. 202.

Einzelnachweise

  1. 1 2 3 4 5 David Burnie: Mediterrane Wildpflanzen, Dorling Kindersley, London 2000. ISBN 978-3-8310-1014-1, S. 202.
  2. 1 2 3 4 5 6 Peter und Ingrid Schönfelder: Die neue Kosmos-Mittelmeerflora, Franckh-Kosmos, Stuttgart 2008. ISBN 978-3-440-10742-3, S. 258.
  3. 1 2 3 4 5 6 7 8 Betsy Clebsch: The New Book of Salvias. Timber Press (Portland, Cambridge) 2003, ISBN 0-88192-560-8, S. 111–112.
  4. 1 2 R. Karousou, E. Hanlidou, S. Kokkini: The Sage Plants of Greece: Distribution and Infraspecific Variation. In: Spiridon E. Kintzios (Hrsg.): Sage, The Genius Salvia. Overseas Publishers Association 2000. S. 31–49. (books.google.de)
  5. Eintrag in der Chromosome Counts Database: (ccdb.tau.ac.il)
  6. E. Hanlidou, R. Karousou, S. Kokkini: The Sage Plants in Greece: Morphological Variation and its Taxonomic Implications. In: Ioannes Tsekos, Michael Moustakas (Hrsg:): Progress in Botanical Research, Springer 1998. S. 66 (books.google.com)
  7. Marina Dmitrievna Zerova, Ludmila Yakovlevna Seryogina, George Melika, Tomáš Pavlicek, Eviatar Nevo: New genus and new species of cynipid gall inducing wasp (Hymenoptera: Cynipidae) and new species of chalcid wasps (Hymenoptera: Chalcidoidea) from Israel. In: Journal of the Entomological Research Society. Volume 5, Issue 1, 2003. S. 35–49.
  8. 1 2 3 Salvia. In: Plants of the World Online. Bereitgestellt durch die Royal Botanic Gardens, Kew, abgerufen am 3. Oktober 2020.
  9. 1 2 3 Diego Rivera, Conchita Obón, Francisco Cano: The botany, history and traditional uses of three-lobed sage (Salvia fruticosa Miller)(Labiatae). In: Economic Botany, Volume 48, Issue 2. Springer 1994. S. 190–195. (PDF)
  10. 1 2 The Royal Horticultural Society: Kräuter, Die große Enzyklopedie. Dorling Kindersley Verlag, München 2015, ISBN 978-3-8310-2753-8, S. 355.
  11. Peter und Ingrid Schönfelder: Der Kosmos-Heilpflanzenführer, Franckh-Kosmos, Stuttgart 2010. ISBN 978-3-440-12159-7, S. 286.
  12. R. Länger, Ch. Mechtler, J. Jurenitsch: Composition of the essential oils of commercial samples of Salvia officinalis L. and S. fruticosa Miller: A comparison of oils obtained by extraction and steam distillation. In: Phytochemical Analysis, Volume 7, Number 6, Wiley Online Library 1996. S. 289–293. (PDF)
  13. Salvia fruticosa bei Plants For A Future, abgerufen am 20. Januar 2021.
  14. Leo Jelitto, Wilhelm Schacht, Hans Simon: Die Freiland-Schmuckstauden, Handbuch und Lexikon der Gartenstauden. Band 2: I bis Z, 5., völlig neu bearbeitete Auflage, Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart Hohenheim 2002, ISBN 3-8001-3265-6, S. 808.
  15. Philip Miller: The Gardeners Dictionary. 8. Auflage, 1768 (ohne Seitenzahlen) eingescannt bei botanicus.org.
  16. Carl von Linnaeus: Supplementum Plantarum. 1782, S. 88 eingescannt bei botanicus.org.
  17. Salvia fruticosa im Germplasm Resources Information Network (GRIN), USDA, ARS, National Genetic Resources Program. National Germplasm Resources Laboratory, Beltsville, Maryland. Abgerufen am 20. Januar 2021.
  18. Datenblatt Salvia fruticosa bei POWO = Plants of the World online.
  19. Antonio Reales, Diego Rivera, Jose Antonio Palazón, Concepción Obón: Numerical taxonomy study of Salvia sect. Salvia (Labiatae). In: Botanical Journal of the Linnean Society, Volume 145, Issue 3, 2004, S. 353–371. (PDF)
  20. The Herb Society of America (2008): Salvia officinalis x Salvia fruticosa. (PDF)
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