Die Schriften der Welt lassen sich nach der Art der jeweils verwendeten Schrift­systeme in unterschiedliche Schriftregionen einteilen. Die Einteilung stimmt gemäß der These „Das Alphabet folgt der Religion“ (David Diringer) weitestgehend mit den Einflussgebieten der Weltreligionen überein. So lässt sich in etwa sagen, dass katholisch und evangelisch beeinflusste Regionen in lateinischer Schrift schreiben, christlich orthodoxe Regionen in kyrillischer oder griechischer Schrift und islamische Regionen in arabischer Schrift. Das indische Schriftsystem wanderte mit dem Buddhismus nach Südostasien, die chinesische Schrift über die Vermittlung durch chinesische Mönche nach Korea und Japan. Jedoch ist die Geschichte der Schrift viel älter als die großen Religionen der Gegenwart. Nicht nur Religionen waren Wegbereiter der Schriften, sondern auch andere Strömungen der Geistesgeschichte und die sich ausbreitende Bildung.

Ostasien

Dieser Bereich umfasst im Wesentlichen die chinesische Schriftzeichen (Hanzi), die japanische Schrift (Kana und Kanji) sowie die koreanische Schrift (koreanisches Alphabet und Hanja). Die chinesische Schrift verbreitete sich nach Korea und von dort aus nach Japan, beides Länder mit völlig anders gearteten Sprachen. Außerdem führte in beiden Ländern die Übernahme der fremden Schrift dazu, dass für die meisten Zeichen die originale Aussprache der koreanischen bzw. japanischen Wörter beibehalten wurden, aber mit den chinesischen Schriftzeichen auch die chinesische Aussprache übernommen wurde.

Chinesische Schrift

Ein chinesisches Schriftzeichen repräsentiert grundsätzlich ein einsilbiges Morphem der Sprache. Es handelt sich also um keine Silbenschrift, denn das Zeichen codiert die Bedeutung der Silbe, nicht ihre Aussprache. Gleichlautende Silben unterschiedlicher Bedeutung werden unterschiedlich geschrieben.

Schriftzeichen werden in China in sechs Kategorien eingeteilt:

  1. Piktogramme, z. B. für Berg.
  2. Ideogramme, z. B. „eins“, „zwei“ und „drei“.
  3. Zusammengesetzte Symbole, z. B. „Frau“ + „Kind“ = = „gut“.
  4. Phonogramme, die aus einem laut- und einem bedeutungsandeutenden Zeichen zusammengesetzt sind, z. B.  /  (, „Mutter“). Die rechte Komponente  /  (, „Pferd“) gibt die Aussprache an, während die linke Komponente (, „Frau“) den Hinweis auf die Bedeutung gibt.
  5. Entlehnungen, die wegen gleichen Lauts mit geringer Modifikation für eine andere Bedeutung verwendet werden.
  6. Synonyme.

Die Mehrzahl der chinesischen Schriftzeichen gehört der Kategorie Phonogramme an und setzt sich aus einem begrifflichen, sinnbestimmenden Element und einem lautlichen Element (Deuter-Lauter) zusammen, das einen Hinweis auf die Aussprache gibt. Solche Zeichen werden typischerweise zur Codierung neuer Worte verwendet. Dennoch ist es normalerweise nicht möglich, ohne Kenntnis des Wortes und seiner Codierung auf Bedeutung oder Aussprache des Zeichens zu schließen.

Die Schreibrichtung war historisch von oben nach unten. Diese Spalten wurden dann von rechts nach links geschrieben, motiviert durch Verwendung des Pinsels als Schreibwerkzeug für Rechtshänder. Durch Kontakt mit der Lateinischen Schrift und Verwendung anderer Schreibwerkzeuge wird heute auf dem Festland im Alltag normalerweise von links nach rechts geschrieben und die Zeilen von oben nach unten angeordnet. Für Kalligraphie oder besondere Hervorhebungen im Schriftsatz wird aber immer noch die klassische Schreibrichtung verwendet.

1956 wurden in der Volksrepublik China aus verschiedenen Handschriften entwickelte einfachere Varianten chinesischer Schriftzeichen standardisiert und zur Norm in der Alltagsschrift erklärt, die so genannten Kurzzeichen, die später auch in Singapur angenommen wurden. Die ursprünglichen, komplexeren Langzeichen mit in der Regel mehr Strichen werden im Alltag nur noch auf Taiwan, in Hongkong, Macau und von Überseechinesen im Ausland verwendet, für Kalligraphie oder besondere Hervorhebungen auch in der VR China.

Japanische Schrift

Die japanische Schrift besteht im Wesentlichen aus drei Schriftsystemen, den chinesischen Kanji-Zeichen, der Hiragana- und der Katakana-Silbenschrift. Während es sich bei Chinesisch um eine isolierende Sprache handelt, bei der jedes Wort in jedem Zusammenhang unverändert bleibt, sind Koreanisch und Japanisch agglutinierende Sprachen, bei denen Endungen und Partikeln eine große Bedeutung haben. Dies führte dazu, dass sich in Japan zwei Silbenalphabete (Kana) herausbildeten, Katakana für Fremdwörter (ursprünglich in buddhistischen Texten) und Hiragana für japanische Partikeln und grammatikalische Endungen.

Kanji

Es existieren in der chinesischen wie auch in der japanischen Lesart etwa 3600 verschiedene Schriftzeichen des Kanji (漢字). Seit 1981 gibt es ministerielle Richtlinien, so dass heute 2136 Kanji in der Schule gelehrt und in Veröffentlichungen benutzt werden. Kanji werden für Verben, Adjektive und Substantive verwendet.

Was das Lesen von japanischen Texten mit Kanji so enorm schwierig macht, sind die verschiedenen Lesungen für das gleiche Schriftzeichen. Man unterscheidet hier im Japanischen zwischen der Kun-Lesung (japanische Lesung) und der On-Lesung (sino-japanische Lesung; On = Laut). In der Regel besitzt jedes Zeichen mindestens eine On- und Kun-Lesung, wobei sehr viele Zeichen mehrere Kun-Lesungen besitzen (mehrere On-Lesungen sind vergleichsweise selten).

Hiragana

Hiragana (ひらがな), die runde japanische Silbenschrift, wird vorwiegend für Partikeln und Endungen verwendet.

Katakana

Katakana (カタカナ), die eckige japanische Silbenschrift, wird vorwiegend für Fremdwörter (heute meistens aus dem Englischen) verwendet.

Rōmaji

Rōmaji ist die Bezeichnung für die Übertragung japanischer Schriftzeichen in das lateinische Alphabet. Der Begriff setzt sich aus den Kana ローマ für römisch und dem Kanji für Zeichen zusammen. Rōmaji (ローマ字) wird vorwiegend in den Naturwissenschaften (z. B. in der Chemie) verwendet.

Koreanische Schrift

Die koreanische Schrift ist eine Buchstabenschrift der besonderen Art. Sie ahmt die quadratische Form der chinesischen Schriftzeichen nach, gibt aber sämtliche Laute der koreanischen Sprache wieder. Korea führte unter König Sejong eine Alphabetschrift ein, die in Nordkorea die chinesischen Schriftzeichen (漢字, Hanja) ganz und in Südkorea zum größten Teil verdrängt hat. Zur Erinnerung an diese Erfindung wurde der 9. Oktober zum Hangeul-Tag. 1446 stellte König Sejong das neuerfundene koreanische Alphabet vor. Damals wurde das koreanische Alphabet Hunmin Jeongeum (訓民正音) oder »die richtigen Laute zur Unterweisung des Volkes« genannt. Das koreanische Alphabet ist unter den Schriftsystemen der Welt einzigartig, da es zu einem bestimmbaren Zeitpunkt von konkreten Personen und ohne Einfluss von außen erfunden wurde. Weiterhin ist es durch ein erklärendes Werk verbreitet worden. Das Alphabet hatte ursprünglich über 28 Buchstaben. Nachdem später einige von ihnen nicht mehr verwendet wurden, besteht es heute aus 14 Konsonanten und 10 Vokalen. Das Hunmin Jeongeum wurde zum Nationalgut Nr. 70 erklärt und 1997 in die Liste der UNESCO-Weltdenkmäler aufgenommen.

Südasien und Südostasien

Ausgehend von den altindischen Schriften Brahmi und Gupta bildeten sich in der gesamten Region Silbenschriften heraus. Die bekannteste dieser Schriften ist die Devanagari-Schrift („Schrift der göttlichen Stadt“), in der Sanskrit geschrieben wurde. Gemeinsamkeit aller dieser Schriften ist, dass sie alle Silbenschriften sind und bei nahezu allen der Vokal »a« fast in jeder Silbe vorkommt. Soll ein anderer Vokal folgen, wird dies durch diakritische Zeichen über, unter oder neben der Silbe angezeigt. Die Form der Zeichen ändert sich mit dem verwendeten Schreibmaterial: Lassen die Birkenrinden in Nordindien gerade Linien zu, würden diese die in Südindien verwendeten Palmblätter spalten. Die Eckpunkte dieser Entwicklung sind die Devanagari-Schrift, bei der alle Silben an einer Linie wie an einer Wäscheleine aufgehängt sind, und die birmanische Schrift, die im Wesentlichen aus Kreisen besteht.

Nordindische Schriften

werden in folgenden Sprachen verwendet:

Südindische Schriften

werden in folgenden Sprachen verwendet:

Südostasiatische Schriften

werden in folgenden Sprachen verwendet:

  • Birmanisch (Amtssprache in Myanmar): Die birmanische Schrift ähnelt den südindischen Schriften von ihren abgerundeten Formen her, hat aber im Gegensatz zu den südindischen Schriften sieben Vokale und unterscheidet drei Tonhöhen, was das Vokalsystem erheblich komplizierter macht.
  • Laotisch (Laos)
  • Kambodschanisch (Khmer, Kambodscha, Kampuchea): Die Khmer-Schrift liegt zwischen der indischen Schrift und der Thaischrift und hat keine eigenen Zeichen für Vokale. Alle eigenständigen Zeichen sind Konsonanten.
  • Thai (Thailand): Die Thaischrift ähnelt der Khmer-Schrift und hat wie diese keine eigenen Zeichen für Vokale. Alle eigenständigen Zeichen sind Konsonanten, die alle den Vokal »o« mit sich führen.
  • Es existieren auf den Philippinen vier verschiedene native Schriftsysteme. Das aus Luzón stammende Baybayin wurde von zentralphilippinischen ethnischen Minderheiten zu Buhid, Hanunó'o und Tagbanwa weiterentwickelt. All diese Systeme sind Abugidas mit dem inhärenten Vokal [a]. Zudem besitzen sie allesamt drei Vokale, unterscheiden keine Tonhöhen und sind, außer der kolonialen Version des Baybayin, nicht in der Lage, alleinstehende Konsonanten darzustellen. Baybayin selbst leitet sich von der Kawi-Schrift ab.

Naher Osten

Im Bereich des Fruchtbaren Halbmondes sind ab ca. 4000 v. Chr. die frühesten Schriftsysteme der Welt in Stadtstaaten zu finden. Die Schrift entwickelte sich dort ca. 2700 v. Chr. zur Keilschrift (Wortschrift und Silbenschrift). Erheblich jünger sind die verschiedenen ägyptischen Schriften (Hieroglyphen, Hieratisch, Demotisch), die hebräische Schrift (Konsonantenschrift) und die arabische Schrift (Konsonantenschrift). Abgeleitet von einer älteren Stufe der arabischen Schrift ist die äthiopische Schrift (Silbenschrift). Auch wenn die ägyptische Hieroglyphenschrift auf den ersten Blick wie eine Bilderschrift aussieht, war sie doch nicht weit davon entfernt, eine Buchstaben- oder zumindest Konsonantenschrift zu werden. Konsonantenschriften sind auch die hebräische und die arabische Schrift. Wer in diesen Schriften liest, muss sich die Vokale selbst hinzudenken. Die Punktuationen, die in beiden Sprachen verwendet werden, finden nur bei Kinderbüchern und religiösen Schriften Verwendung.

Keilschrift

Im Mesopotamien des 4. vorchristlichen Jahrtausends, in einem Gebiet zwischen Euphrat und Tigris, begann im Nahen Osten die Geschichte der Schrift in Stadtstaaten. Das Land gliederte sich in das Reich der Akkader im Norden und dem der Sumerer im Süden. Im sumerischen Uruk werden die ersten Tontafeln mit Keilschrift hergestellt. Diese ersten schriftlichen Aufzeichnungen stellen keine Mythen oder Versdichtungen dar, sondern sind in erster Linie landwirtschaftliche Listen und Tabellen, die als Gedächtnisstütze für die Buchführung und als Informationen über die soziale Verwaltung des Reiches verstanden werden können. Durch die Aufzeichnungen wird deutlich, dass die Sumerer sowohl Eigentumsurkunden einführten, wie auch ein Rechensystem und Zahlungsmittel und darüber hinaus mit Zinsen und Darlehen umgehen konnten.

Siehe auch: Assyrisch, Babylonisch, Hethitisch, Ugarit, Rawlinson

Hieroglyphen

Die frühesten Hieroglyphenfunde stammen aus dem Zeitraum um 3000 v. Chr., es ist aber nicht gesichert, ob die Schrift nicht schon früher entstand. Bis ca. 390 n. Chr. bleibt die Schrift im Wesentlichen erhalten, die Anzahl der verwendeten Zeichen erhöht sich aber von etwa 700 auf erstaunliche 5000. Erst durch den Ägyptologen Jean-François Champollion wird die Hieroglyphenschrift 1822 entziffert und damit die Geschichte des Alten Ägypten bekannt.

Die Hieroglyphenschrift besteht, wie die Piktogramme der Keilschrift aus der gleichen Zeit, aus stilisierten Zeichnungen. Sie unterscheidet sich aber von ihr insofern, als die einzelnen Zeichen die Lautung der gesprochenen Sprache wiedergeben. Dadurch können mit ihrer Hilfe sowohl konkrete als auch abstrakte Realitäten dargestellt werden. Landwirtschaftliche und medizinische Texte werden ebenso niedergeschrieben wie Texte zu Erziehungsfragen, Gebete, Legenden, Rechtstexte und verschiedenartige Literatur. Die Hieroglyphenschrift erlaubt eine enorme Vielfalt und Originalität, weil sie drei Arten von Zeichen enthält:

  • Piktogramme, die stilisierte Bildzeichen für Objekte und Lebewesen darstellen, die in spezieller Zeichenkombination aber auch Gedanken ausdrücken können,
  • Phonogramme, oft dieselben Zeichen, die aber Laute kennzeichnen, und
  • Determinative, Zeichen, die eine Unterscheidung zwischen Piktogrammen und Phonogrammen deutlich machen.

Siehe auch: koptische Schrift

Phönizisches Alphabet

Der Ursprung phönizischer Schriftzeichen ist bis heute ungeklärt. Nach einer Theorie entwickelte sich diese neuartige Schrift aus einer schrittweise umgewandelten Keilschrift; eine andere These besagt, dass sich die phönizischen Zeichen aus dem Demotischen abgeleitet hätten. Andere sehen in den protosinaitischen Schriftzeichen deren Ursprung.

Das phönizische Alphabet enthält nur Konsonanten, und auch heute noch enthalten die Schriften semitischer Sprachen, z. B. Hebräisch und Arabisch, nur sehr wenige Vokale. Es wird aus guten Gründen davon ausgegangen, dass das phönizische Alphabet als Quelle für die aramäische, die hebräische und die arabische Schrift diente.

Aramäische und hebräische Schrift

Im 8. Jahrhundert v. Chr. wurde im Land Aram, im heutigen Syrien, das aramäische Alphabet verwendet, das in nur wenigen Details vom ehemaligen phönizischen Alphabet abweicht. In dieser Schrift werden einige Bücher des Alten Testamentes verfasst. Die ältesten Schriftfunde des alten Hebräisch, auch als eckiges Hebräisch bezeichnet, gehen bis in das 10. Jahrhundert v. Chr. zurück. Die größten Teile des Alten Testamentes wurden in Hebräisch niedergeschrieben. Schrift und Sprache unterscheidet sich nicht wesentlich von der heutigen offiziellen Schriftsprache Israels. Neben einer Druckschrift werden für das alltägliche Schreiben Kursivbuchstaben verwendet. Die bekanntesten Schriftfragmente sind die Lederrollen aus Qumran am Toten Meer, die in Hebräisch und Aramäisch verfasst wurden.

Arabische Schrift

Die ersten arabischen Inschriften werden auf 512/513 n. Chr. datiert, die Verbreitung der Schrift beginnt aber erst, als die Nachfolger des Religionsstifters Mohammed den Koran niederschreiben.

Siehe auch: Geschichte der arabischen Schrift, arabische Schrift, arabisches Alphabet, kufi, nastaliq, naschi, pehlevi, thuluth, alefba

Europa

Ausgangspunkt der europäischen Schriften ist die griechische Schrift (Alphabetschrift), von der sich die lateinische Schrift, die kyrillische Schrift und letzten Endes auch die Runenschrift ableiten lassen.

Griechische Schrift

Aufgrund der unterschiedlichen Struktur semitischer und indoeuropäischer Sprachen hinsichtlich der Rolle der Vokale haben die Griechen bei Übernahme der phönizischen Schrift um 800 v. Chr. dann einige von ihnen nicht benötigten Konsonanten verwendet, um stattdessen mit diesen Zeichen Vokale zu schreiben. Sie übernahmen aber noch die semitischen Buchstabennamen (Alpha, Beta, Gamma …), deren Verwendung die Etrusker und in ihrer Folge die Römer aufgaben (a, be, ce …).

Siehe auch: Bustrophedon, Alphabet, Linear A, koptische Schrift

Lateinische Schrift

Besonderheiten, die sich in der lateinischen Schrift herausbildeten, wurden nach und nach von anderen Schriftsystemen übernommen. Die Unterscheidung zwischen Groß- und Kleinbuchstaben (Majuskeln und Minuskeln) kam erst mit der Renaissance auf, als die Humanisten die lateinischen Texte in karolingischen Minuskeln lasen und die Inschriften auf den altrömischen Monumenten vor Augen hatten. Die Abstände zwischen den einzelnen Wörtern gibt es zum Beispiel im Chinesischen nicht.

Siehe auch: Capitalis, Unziale, Textura, Fraktur, Kursive, Antiqua

Armenische Schrift

Das armenische Alphabet umfasst heute 39 Buchstaben. Es entstand im 5. Jahrhundert aus dem griechischen Alphabet, weist aber auch Einflüsse der syrischen, der aramäischen und der äthiopischen Schrift auf. Der Schreibstil gleicht dem anderer in Europa verwendeten Schriften: Rechtsläufigkeit, Markierung der Wortgrenze durch Leerzeichen, sowie Groß- und Kleinbuchstaben.

Georgische Schrift

Das georgische Alphabet umfasst 33 Buchstaben und jeder Buchstabe entspricht einem Phonem. Es hat als Schrift- und Literatursprache eine lange Tradition. Die Anordnung der Buchstaben im Alphabet entspricht der Reihenfolge des griechischen Alphabets, obwohl die Buchstaben keine Abwandlungen der griechischen Schrift sind. Am Ende des georgischen Alphabets befinden sich alle Laute, die im Altgriechischen keine Entsprechung haben. Die Schreibrichtung der georgischen Schrift ist von links nach rechts.

Kyrillische Schrift

Im Jahre 862/3 sollten von zwei Gelehrten, den Brüdern Konstantinos (827–869) und Methodios (815?–885), im Auftrag des Kaisers Michael III. zur Vorbereitung der moravisch-pannonischen Slawenmission Kirchenbücher ins Slawische übersetzt werden. Zu diesem Zweck entwickelte Konstantinos eine neue Schrift, die (später) sogenannten Glagoliza. Als um 893 in Bulgarien auf der Basis der griechischen Majuskeln unter Heranziehung spezifisch slawischer Elemente der Glagoliza eine neue slawische Schrift geschaffen wurde, erhielt diese in Erinnerung an den Klosternamen des Konstantinos »Kyrill« fälschlich den Namen Kyrilliza (Kyrill-Schrift).

Siehe auch: Kirchenslawisch, slawische Sprachen, russische Sprache, belarussische Sprache, ukrainische Sprache, serbische Sprache

Runen

Runen sind die Schriftzeichen der Germanen. Sie wurden in Holz, Knochen und Metall geritzt sowie in Stein eingemeißelt. Die älteste Runenreihe, deren Zeichen mit dem Kamm von Vimose seit 150 n. Chr. erstmals sicher nachweisbar sind, hat 24 verschiedene Zeichen. Diese Runenreihe, deren älteste erhaltene vollständige Übersicht von etwa 400 n. Chr. stammt (Kylverstein), wird gemäß der Aneinanderreihung der sechs Anfangsbuchstaben Futhark genannt. In den späteren Jahrhunderten wurden auf Grundlage des 24er Futharks regional weitere Runenreihen mit jeweils einer anderen Zeichenanzahl und teilweise anderen Zeichen entwickelt.

Ogham

Die Ogham- oder (altirisch) Ogam-Schrift (irisch ['oɣam]) wurde in Irland und einigen westlichen Teilen Britanniens bzw. Schottlands (schottisch-gälisch Oghum) vorwiegend vom 5. bis 7. Jahrhundert dazu benutzt, an den Kanten von Steinen oder auf anderem Trägermaterial kurze Texte, in den meisten Fällen Personennamen, anzubringen.

Lokale Schriftarten

In zwei Regionen Europas besinnt man sich auf alte, eigentlich ausgestorbene Schriftsysteme und verwendet diese wieder. Zu nennen wäre hier die Altungarische Schrift und die Glagolica. Diese werden nicht wirklich zur Kommunikation verwendet, jedoch werden Inschriften und Wegweiser manchmal zusätzlich in dieser regionalen Schrift beschriftet.

Amerika

In Nord-, Mittel- und Südamerika haben sich unterschiedliche Schriftsysteme herausgebildet, die meisten davon vor der Kolonialzeit.

Cherokee

Neueren Datums ist die Silbenschrift der Cherokees. Der Analphabet Sequoyah (ihm zu Ehren haben die Mammutbäume ihren wissenschaftlichen Namen Sequoiadendron giganteum) schuf für den Stamm der Cherokee eine Silbenschrift, die sich rasch durchsetzte und sogar heute noch verwendet wird.

Cree

Die als Cree-Schrift bekannte Schrift der Cree-Indianer wurde von dem Missionar James Evans entwickelt und ist ebenfalls eine Silbenschrift, die allerdings keine lateinischen Buchstaben verwendet, sondern bei der durch eine Drehung der einzelnen Elemente die Darstellung verschiedener Silben möglich ist. Diese Schrift wird heute auch von den kanadischen Inuit für ihre Sprache Inuktitut verwendet.

Maya und Azteken

Ein Beispiel einer unabhängigen Schrifterfindung ist die mittelamerikanische Schrift der Maya, mit der sich alles, was gesprochen wurde, auch schriftlich wiedergeben ließ. Bei dem Schriftsystem der Azteken handelt es sich dagegen nicht um eine Vollschrift.

Siehe auch: Maya-Schrift, Maya-Kalender, Maya-Ziffern, Vigesimalsystem, Diego de Landa, Olmeken#Schrift

Inka

Die Quipus (khipu) der peruanischen Inkas sind nicht als Vollschrift anzusehen, denn bei der Knotenschrift handelt es sich lediglich um eine Zahlenschrift für die Buchhaltung.

Ozeanien

Auf der zu Chile gehörenden Osterinsel wurde eine einzigartige kultische Schrift entwickelt, die Rongorongo genannt wird. Sie konnte bis heute nicht entziffert werden.

Afrika südlich der Sahara

Eine afrikanische Schrift mit längerer Tradition ist die äthiopische Schrift, eine Abugida-Silbenschrift, die sich aus dem Altsüdarabischen entwickelte und für verschiedene Sprachen Äthiopiens verwendet wird.

Weitere afrikanische Schriften wie Vai, Mende, Bassa Vah, Kpelle, Bété, N’Ko (in Westafrika), Osmaniya (für Somali) oder Mandombe (Demokratische Republik Kongo, Angola) bzw. Mwangwego (Malawi) wurden im 19. und 20. Jahrhundert entwickelt, um die Verschriftung bis dahin nur mündlich überlieferter Sprachen zu ermöglichen und zu fördern. Das Afrika-Alphabet ist eine Erweiterung des lateinischen Alphabets mit Sonderzeichen, die die Eigenheiten afrikanischer Sprachen besser erfassen sollen.

Nsibidi ist eine Schrift bestehend aus Logogrammen und Piktogrammen aber auch ganz eigenen Zeichen des Igbovolkes im Südosten Nigerias. Erstmals erfunden wurde die Schrift von den Frauen der Crossriver Frauen weiter im Süden.

Literatur

  • David V. Barrett: Kleine Orakelkunde – Runen, und was sie bedeuten. 6 Bde. Flechsig, Würzburg 1998. ISBN 3-88189-170-6
  • Johannes Bergerhausen, Siri Poarangan: decodeunicode: Die Schriftzeichen der Welt, Verlag Hermann Schmidt Mainz, 2011, ISBN 978-3874398138. Alle 109.242 Schriftzeichen nach dem Unicode-Standard
  • Maria C. Betro: Heilige Zeichen. Fourier, Wiesbaden 2003. ISBN 3-932412-12-5
  • Ernst Doblhofer: Die Entzifferung alter Schriften und Sprachen. Paul Neff, Wien 1957. Philipp Reclam jun., Stuttgart 1993, Leipzig 2000. ISBN 3-379-01702-7
  • Cao Rong Fang und Klaus-Dieter Hartig: Chinesische Kalligraphie. ISBN 3-426-66829-7
  • Berthold Forssman: Studien zu einer runenschwedischen Grammatik. Die Nominalflexion in den Runeninschriften Västergötlands. Kovač, Hamburg 2002. ISBN 3-8300-0512-1
  • Edoardo Fazzioli: Gemalte Wörter. 214 chinesische Schriftzeichen – Vom Bild zum Begriff. ISBN 3-937715-34-7
  • Andreas Foerster, Naoko Tamura: Kanji ABC. Charles E. Tuttle, Rutland Vt 1994. ISBN 0-8048-1957-2
  • Elvira Friedrich: Einführung in die indischen Schriften. Tl.1. Devanagari. Helmut Buske, Hamburg 1999. ISBN 3-87548-176-3
  • Elvira Friedrich: Einführung in die indischen Schriften. Tl.2. Gujarati, Gurmukhi, Bengali, Oriya. Helmut Buske, Hamburg 2002. ISBN 3-87548-219-0
  • Johannes Friedrich: Entzifferung verschollener Schriften und Sprachen. Springer, Berlin-Heidelberg-New York 1954, 1966
  • Harald Haarmann: Lexikon der untergegangenen Sprachen. C.H.Beck, München 2002. ISBN 3-406-47596-5
  • Harald Haarmann: Die Geschichte der Schrift C.H.Beck, München 2004, ISBN 3-406-47998-7
  • Wolfgang Hadamitzky: Kanji und Kana. Langenscheidts Handbuch und Lexikon der japanischen Schrift. Handbuch Bd. 1. Langenscheidt, Berlin 1995. ISBN 3-468-49388-6
  • Christian Jacq: Sag's mit Hieroglyphen. Rowohlt-Taschenbuch-Verl., Reinbek bei Hamburg 2003. ISBN 3-499-21240-4
  • Bernhard Karlgren: Schrift und Sprache der Chinesen. ISBN 3-540-42138-6
  • Johannes Kramer, Sabine Kowallik: Einführung in die hebräische Schrift. H. Buske, Hamburg 1994. ISBN 3-87118-986-3
  • Edith W. Lewald: Nicht überall schreibt man mit ABC. Die Bedeutung chinesischer und japanischer Schriftzeichen. Für Asienfreunde. Für China-/Japan-Reisende. Mit Schriftzeichenvorlagen für Designs & Tattoos. Lewald, München 2002. ISBN 3-9805637-8-2
  • Rawiwan Bunnak Kaldrack: Thai als Fremdsprache. Teil 1. Das thailändische Schriftsystem. Metta-Verl., Königswinter 1999. ISBN 3-00-004334-9
  • Mohammad-Reza Majidi: Einführung in die arabisch-persische Schrift. Buske, Hamburg 1986. ISBN 3-87118-728-3
  • Mohammad-Reza Majidi: Geschichte und Entwicklung der arabisch-persischen Schrift. H. Buske, Hamburg 1986. ISBN 3-87118-727-5
  • Wolfgang-Ekkehard Scharlipp, Dieter Back: Einführung in die tibetische Schrift. Helmut Buske, Hamburg 1995. ISBN 3-87548-114-3
  • Andrew Robinson: Die Geschichte der Schrift. Albatros, Düsseldorf 2004. ISBN 3-491-96129-7
  • Wolfgang G. A. Schmidt: Einführung in die chinesische Schriftkunde und Zeichenkunde. ISBN 3-87548-108-9
  • Berthold Schmidt, Sven Günzel: Einführung in die Schrift und Aussprache des Japanischen. H. Buske, Hamburg 1995. ISBN 3-87548-062-7
  • Jan Tschichold: Geschichte der Schrift in Bildern, Holbein-Verlag, Basel 1941 u. 1946. – Auch: Hauswedell, Hamburg 1951 u. 1961. – Engl.: An Illustrated History of Lettering and Writing, o. V., London 1947
  • Bruno Lewin, Tschong Dae Kim: Einführung in die koreanische Sprache. Helmut Buske, Hamburg 1997. ISBN 3-87548-153-4
  • Karl-Theodor Zauzich: Hieroglyphen ohne Geheimnis. Eine Einführung in die altägyptische Schrift für Museumsbesucher und Ägyptentouristen (= Kulturgeschichte der Antiken Welt. Band 6). Herausgegeben vom Verein zur Förderung des Ägyptischen Museums in Berlin-Charlottenburg e.V. Philipp von Zabern, Mainz 1980, ISBN 3-8053-0470-6

Einzelnachweise

  1. Ludwig D. Morenz : Die Genese der Alphabetschrift: Ein Markstein ägyptisch-kanaanäischer Kulturkontakte (Wahrnehmungen Und Spuren Altagyptens). Ergon (Nomos Verlagsgesellschaft), Würzburg 2011, ISBN 3-89913-839-2.
  2. Sabine Ziegler: Die Sprache der altirischen Ogam-Inschriften (= Historische Sprachforschung. Ergänzungsheft. 36). Vandenhoeck und Ruprecht, Göttingen 1994, S. 1.
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